Volkswirt Henning Vöpel
So funktionieren Währungen
Aktualisiert am 21.12.2021 - 16:26 Uhr
Ökonom Henning Vöpel. Foto: HWWI
Wenn es um wirtschaftliche Stabilität und Systemvertrauen geht, geraten Währungen rasch in den Blickpunkt. Welche Rolle spielen Euro, Dollar & Co. in modernen Ökonomien? Mit dieser Frage haben sich die Volkswirte Henning Vöpel und Carsten Mumm beschäftigt.
Menschen sind nur dann bereit, ein bedrucktes Stück Papier gegen reale Güter und Dienstleistungen zu tauschen, wenn die Erwartung existiert, dass dieses Stück Papier von jedem anderen Wirtschaftssubjekt im Tausch gegen reale Güter und Dienstleistungen akzeptiert wird. Es bleibt ein Stück Papier, aber es erhält durch diese Eigenschaft die Funktion eines Tauschmittels.
Die Tauschmittelfunktion hängt unmittelbar an der Geldwertstabilität des Geldes. In Zeiten der Hyperinflation in Deutschland Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts betrug die tägliche Inflationsrate mehrere Tausend Prozent. Geld verlor also innerhalb von Stunden dramatisch an realem Wert – mit der Folge, dass Geld unmittelbar...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Menschen sind nur dann bereit, ein bedrucktes Stück Papier gegen reale Güter und Dienstleistungen zu tauschen, wenn die Erwartung existiert, dass dieses Stück Papier von jedem anderen Wirtschaftssubjekt im Tausch gegen reale Güter und Dienstleistungen akzeptiert wird. Es bleibt ein Stück Papier, aber es erhält durch diese Eigenschaft die Funktion eines Tauschmittels.
Die Tauschmittelfunktion hängt unmittelbar an der Geldwertstabilität des Geldes. In Zeiten der Hyperinflation in Deutschland Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts betrug die tägliche Inflationsrate mehrere Tausend Prozent. Geld verlor also innerhalb von Stunden dramatisch an realem Wert – mit der Folge, dass Geld unmittelbar wieder ausgegeben wird, was wiederum zu höherer Inflation und letztlich zum Zusammenbruch der Währung führt, weil Geld gar nicht mehr akzeptiert und beispielsweise durch Zigaretten ersetzt wird.
Die dritte Funktion des Geldes ist jene der Recheneinheit. In der Wirtschaftstheorie bezeichnet man jenes Gut, in dem die Tauschrelationen aller anderen Güter ausgedrückt werden, als „numeraire“. Der Wirtschaftstheoretiker Leon Walras und später Arrow und Debreu haben gezeigt, dass in einer Marktwirtschaft ein Preisvektor existiert, so dass gleichzeitig alle Märkte geräumt“ also im Gleichgewicht sind. Interessant ist, dass bei schon bei Walras der Zins explizit als „Wert in Einheiten des „numeraire“ bezeichnet wird. Der Zins wird also in Geldeinheiten ausgedrückt und ausbezahlt – ein Umstand, der von einiger Bedeutung ist, wie im Folgenden noch zu zeigen ist.
Für John Maynard Keynes hatte Geld jedoch noch eine darüberhinausgehende Funktion. Die fundamentale Unsicherheit des Lebens und der Zukunft hält Menschen dazu an, liquide Barreserven zu bilden, also Geld aus dem Vorsichtsmotiv zu horten. Keynes begründet damit theoretisch das Phänomen von Unterbeschäftigungsgleichgewichten in monetären Ökonomien. In einem solchen System besteht zugleich die Gefahr, zu viel Geld zu erzeugen und es damit gegenüber realen Gütern und Dienstleistungen zu entwerten. Auch dazu später mehr.
In einem System, in dem Geld einfach nur Papiergeld ist, der reale Tauschwert also in der allgemeinen transaktionalen Akzeptanz von Geld als Tauschmittel liegt, ist Vertrauen in die reale, also in GüterÄquivalenten gemessene (Tausch-) Wertstabilität von Geld essenziell. Diese wird in modernen Geldökonomien durch ein staatliches Geldmonopol hergestellt und durch die Verpflichtung aller inländischen Wirtschaftssubjekte, dieses Geld als Tauschmittel zu akzeptieren („legal tender“). Bedrucktes Papier erhält seine Geldfunktionen dadurch, dass es vom Staat ausgegeben wird und die Akzeptanz gesetzlich verpflichtend ist. Es gibt eine lange dogmengeschichtliche Kontroverse über die Frage, ob Geld nicht auch privat bereitgestellt werden könnte (vergleiche hierzu unter anderem Hayek).
Da bei einem Papiergeld im Prinzip unendlich viel Geld zu vernachlässigbaren Kosten gedruckt werden kann, muss die Geldmenge von einer Institution gesteuert werden, damit der nominale Nennwert des Geldes einen stabilen realen Tauschwert behält. Diese Institution ist die Zentral- oder Notenbank eines Landes. Ursprünglich die Hausbank des Staates, sind Zentralbanken heute politisch unabhängig, das heißt, der Staat hat keinen direkten Zugriff mehr bzw. der Zentralbank ist direkte Staatsfinanzierung untersagt. Sie sind außerdem zumeist ausschließlich oder vorrangig der Preisniveau- und damit der Geldwertstabilität verpflichtet.
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