Personalexpertin Karin Schambach
So hart trifft der Fachkräftemangel die Finanzbranche
Karin Schambach ist Gründerin und Geschäftsführerin der Personalberatung Indigo Headhunters. Foto: Indigo Headhunters
In der Finanzbranche ist Personalmangel längst Realität. Oft können qualifizierte Kandidaten unter verschiedenen Angeboten wählen. Wie Unternehmen sich in dieser Situation am Arbeitsmarkt positionieren sollten, erklärt Karin Schambach, Gründerin der Personalberatung Indigo Headhunters.
Human-Resources-Leiterinnen in der Finanzbranche können ein Lied davon singen: Auf viele Stellenausschreibungen trudeln die Bewerbungen nur zögerlich ein. Ein unternehmerischer Alptraum – der Markt bietet Raum für Wachstum, aber mit der bestehenden oder sogar mit einer schrumpfenden Belegschaft lassen sich die Möglichkeiten nicht nutzen.
Besonders deutlich ist diese Entwicklung im Asset Management zu spüren, wo das Wachstum der letzten Jahre den Personalbedarf erhöht. In Umfragen unter Vermögenverwaltern belegt der Personalmangel bereits heute einen der vorderen Plätze unter den größten Gefahren für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Die Gründe sind vielfältig:
Demografie:...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Human-Resources-Leiterinnen in der Finanzbranche können ein Lied davon singen: Auf viele Stellenausschreibungen trudeln die Bewerbungen nur zögerlich ein. Ein unternehmerischer Alptraum – der Markt bietet Raum für Wachstum, aber mit der bestehenden oder sogar mit einer schrumpfenden Belegschaft lassen sich die Möglichkeiten nicht nutzen.
Besonders deutlich ist diese Entwicklung im Asset Management zu spüren, wo das Wachstum der letzten Jahre den Personalbedarf erhöht. In Umfragen unter Vermögenverwaltern belegt der Personalmangel bereits heute einen der vorderen Plätze unter den größten Gefahren für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Die Gründe sind vielfältig:
- Demografie: Die Altersstruktur der Belegschaft stellt viele Häuser vor Probleme. Wenn sich in den nächsten Jahren viele Kollegen in den Ruhestand verabschieden, wächst der Personalbedarf dementsprechend, selbst ganz ohne Wachstumspläne.
- Vielfalt: Viele Häuser haben sich außerdem zum Ziel gesetzt, die Diversität in den Teams voranzutreiben. Dafür sind Frauen gefragt, Menschen mit Migrationshintergrund, Farbige, Schwule und Lesben – praktisch alle anderen als deutsche, weiße Männer, die allerdings für viele Positionen weiterhin die größte Bewerbergruppe stellen.
- Profile: Viele offene Positionen setzen hochaktuelles Fachwissen voraus, über das längst nicht alle Bewerber verfügen. ESG, Digitalisierung und datengetriebene Prozesse sind nur ein paar Stichworte, die den Zwang zur Fortbildung und zum „Learning by Doing“ verdeutlichen. Gerade in jungen und dynamischen Feldern ist Erfahrungswissen ein wichtiges Asset, doch nicht jeder Mitarbeiter in der Finanzbranche konnte sich in den letzten paar Jahren vorrangig mit ESG-Projekten beschäftigen.
- Reputation: In der Finanzkrise hat die Investmentbranche heftige Schrammen davongetragen. Eine zunehmend kritische Öffentlichkeit sieht sich heute durch neue Skandale wie Wirecard in ihrer Ablehnung bestätigt, und das spiegelt sich auch in der Bewerbersituation wider. Der eine Absolvent zieht die Finanzbranche vielleicht gar nicht erst in Betracht, die andere erfahrene Praktikerin erwägt einen Quereinstieg in einer anderen Branche.
- Konkurrenz: Nicht nur andere Branchen können Bewerber anlocken, auch innerhalb der Finanzbranche ist mit dem Fintech-Segment ein teilweise radikaler Gegenentwurf zum etablierten Institut entstanden: Flache Hierarchien, schnelle Entscheidungen und die Offenheit für neue Ideen sind für viele Experten und Einsteiger attraktiv. Junge Unternehmen setzen nicht auf einem überlieferten Regelwerk auf, sondern erfinden vieles neu, von der IT-Landschaft bis zur Mitarbeiterführung. Kreative, neugierige Menschen haben Gestaltungswillen, viele von ihnen fühlen sich in solch einem Umfeld wohl. Deshalb sind solche Wechsel für die etablierten Häuser oft besonders schmerzhaft, verabschieden sich hier doch in der Regel solche Kollegen, die für die Transformation des Unternehmens dringen nötig wären.
Die Folge all dessen? Unternehmen reagieren in zwei Richtungen: Zum einen werden die Suchen nach neuen Mitarbeitenden zunehmend offener gestaltet, Kriterien werden verhandelbar, das Gesamtpaket entscheidet. Zum anderen wird mehr investiert, um das bestehende Team zu motivieren und zu halten. In unserem Beratungsalltag erleben wir immer häufiger, dass eine Kandidatin, die über einen Wechsel nachdenkt, intern ein substantielles Angebot erhält. Von Geld über Beförderungen und zusätzliche Verantwortung bis hin zu flexibleren Arbeitszeiten oder attraktiven Projekten gibt es da viele Optionen.
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