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Neue Beratungs-Norm So können Berater die Din-Norm 77223 anwenden

Ein Beratungsgespräch
Ein Beratungsgespräch: Die neue Din-Norm soll Anlageberatern dabei helfen, die Risikoeinstellung ihrer Kunden zu bestimmen. | Foto: Imago Images / Photothek

Wer sein Vermögen anlegt oder mit seinem Aufbau beginnt, wünscht sich in aller Regel Sicherheit, eine gute Rendite und eine schnelle Liquidierbarkeit im Bedarfsfall. Leider schließen sich diese Anforderungen in den meisten Fällen gegenseitig aus. Eine zumindest die Substanz erhaltende Rendite setzt eine gewisse Risikobereitschaft voraus, die gerade in Deutschland nicht selbstverständlich ist. Wie sonst wäre es zu erklären, dass selbst bei der höchsten Inflationsrate seit 40 Jahren die überwiegende Mehrheit der Deutschen in Festgeldern anlegt?

Jede Form von Risikobereitschaft kann bei einer unerwarteten Wertminderung zu überzogenen Reaktionen beim Privatanleger mit den daraus folgenden Verlustmöglichkeiten führen, wenn sie nicht zum Anleger passt. Anlageberater sollten deshalb ihre Kunden im Hinblick auf deren Risikoeinstellung kennen. Sind die Anleger in der Lage, Risiken richtig einzuschätzen und sie mental und auch wirtschaftlich zu tragen? Nur unter dieser Voraussetzung ist die Auswahl einer geeigneten Anlage möglich, ohne dass sie zu einer Überforderung für den Anleger führt.

Die Din-Norm 77223

Genau an dieser Stelle setzt die aktuell veröffentlichte neue Din-Norm 77223 zur Risikoprofilierung von Privathaushalten an. Sie beschreibt einen Prozess, mit dem Berater das Risikoprofil ihrer Anleger ermitteln und mit der Risikostruktur von deren Vermögen abgleichen können. Auf dieser Grundlage lässt sich die grundsätzliche Frage prüfen, ob Anleger das Risiko tragen können und auch wollen.

Risikoprofilierungen sind vielen Beratern und Anlegern nicht neu. Allerdings fallen die Ergebnisse der Risikoprofilierung je nach Produktanbieter wegen fehlender Vorgaben des Gesetzgebers sehr unterschiedlich aus. Oft werden auch nur Teilbereiche des Vermögens in die Analyse einbezogen – Gestaltungsmöglichkeiten sind Tür und Tor geöffnet.

 

 

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Der Norm-Ansatz bietet mit einer größtmöglichen Transparenz Schutz vor solcher Interessensteuerung. Der Norm-Prozess beschreibt die systematische Erfassung von Kenntnissen und Erfahrungen des Anlegers, seiner Risikotragfähigkeit sowie seiner generellen und seiner – mithilfe einer sogenannten Wertentwicklungsmatrix ermittelten – zweckbezogenen Risikobereitschaft.

Mit diesen Daten deckt der Prozess etwaige Diskrepanzen zwischen der persönlichen Risikoeinstellung einerseits und der Risikoklassifizierung des Vermögens andererseits auf. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Norm auch die Risikoklassifizierung von Immobilien enthält. Obwohl mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens in Deutschland aus Immobilien besteht, gab es dafür in Deutschland bislang noch kein Regelwerk.

Wie geht die Norm nun vor?

Anlageberater ermitteln mit Anwendung der Norm zunächst einmal das individuelle „Risikoprofil“ des Anlegers. Dieses besteht aus den Teilbereichen Risikotragfähigkeit, Kenntnisse und Erfahrungen sowie einer generellen finanziellen Risikobereitschaft. Im Dokument kommt es zu einer Unterscheidung zwischen der generellen finanziellen und der zweckbezogenen finanziellen Risikobereitschaft. Menschen haben in verschiedenen Lebensbereichen verschiedene Risikoneigungen, die jeweils in sich jedoch stabil sind. Man kann Menschen daher nicht bereichsübergreifend einem Risikotyp zuordnen. Es gibt aber einen stabilen Bereich der finanziellen Risikobereitschaft, den man als generelle Orientierung eines Anlegers bei Investitionsentscheidungen voraussetzen kann. Diese generelle Risikobereitschaft ist ein wichtiger Indikator für eine grundsätzliche Vorgabe des Gesamtrisikos eines Portfolios.   

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