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Schwaches Jahr 2021 So kommen Chinas Wirtschaft und Aktienmarkt wieder in die Spur

Virtual-Reality-Messe in China
Virtual-Reality-Messe in China: Die Konsumgewohnheiten im Reich der Mitte ändern sich – auch in den Bereichen Healthcare und Unterhaltung werden die Ansprüche höher. | Foto: Imago Images / VCG
Zhikai Chen, BNP Paribas AM

Bei allen Nebengeräuschen: Die Athleten zeigten bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking Höchstleistungen. Die chinesische Konjunktur hingegen ist davon aktuell ein Stück weit entfernt: „Nach einer V-förmigen Erholung im Jahr 2020 hat das chinesische Wachstum seit dem dritten Quartal 2021 an Schwung verloren“, erläutert Zhikai Chen, Aktienchef Asien / Globale Schwellenländer bei BNP Paribas Asset Management. Gleiches gilt für den Aktienmarkt, der gemessen am MSCI China im vergangenen Jahr um 21 Prozent nachgab.

Vor diesem Hintergrund hat die Regierung in Peking die Wachstumsstabilität zu ihrer obersten Priorität für 2022 erklärt. So hat die Zentralbank People's Bank of China (PBoC) mit einer moderaten Lockerung der Geldpolitik begonnen: Der Mindestreservesatz, den Banken halten müssen, wurde seit Juli 2021 um 100 Basispunkte gesenkt und die Leitzinsen fielen im Januar 2022 zum ersten Mal seit April 2020.

Konjunkturelle Aussichten in China robust

Dennoch: „Während die Welt allmählich in einen Straffungszyklus eintritt, ist es unseres Erachtens unwahrscheinlich, dass die PBoC die geldpolitischen Schleusen weit öffnen wird. Sie dürfte es vorziehen, Signale für eine starke Lockerung der Geldpolitik zu vermeiden. Denn diese könnten die Inflation anheizen und den Schuldenabbau sowie die „Go Green“-Bemühungen der Regierung beeinträchtigen“, sagt Chen. In den vergangenen zwei Jahren sei Pekings Toleranz für ein langsameres Wachstum gewachsen. „China akzeptiert, dass dies der Preis für den Schuldenabbau, die Senkung der Kohlenstoffemissionen und die Umsetzung weiterer Reformen ist.“

Während die kurzfristige Volatilität Abwärtsrisiken für chinesische Aktien mit sich bringen könnte, scheinen die konjunkturellen Aussichten robust. Chen: „China konzentriert sich auf die Stabilisierung der Wirtschaft und die Feinabstimmung der Wirtschaftspolitik, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen langfristigen strategischen Zielen und den kurzfristigen Auswirkungen auf die Wirtschaft herzustellen. Wir sind der Ansicht, dass sich dieser Ansatz mittelfristig positiv auf die Vermögenspreise auswirken dürfte.“

Höhepunkt der chinesischen Regulierungsoffensive überschritten

David Choa, BNP Paribas AM

Im vergangenen Jahr war die umfangreiche Regulierungsoffensive der chinesischen Regierung eines der marktbeherrschenden Themen. Deren Höhepunkt dürfte nun jedoch überschritten sein: „Der Regulierungszyklus tritt in eine Phase ein, in der die Regierung sich auf die Feinabstimmung und Umsetzung konzentrieren wird“, vermutet David Choa, Aktienchef Großchina bei BNP Paribas Asset Management. Das dürfte zu mehr Transparenz für Investoren führen, da sie die konkreten Auswirkungen auf die Erträge und Risikoprämien besser einschätzen können. Grundsätzlich sollte sich das stützend auf Aktien auswirken, vor allem auf Papiere aus dem von der Regulierung am stärksten betroffenen Internetsektor.

Ohnehin sind Regulierungen in China nicht ungewöhnlich. „Viele chinesischen Unternehmen sind mit dem Gedanken an staatlich verordnete Änderungen in ihrer Geschäftstätigkeit vertraut“, erinnert Choa. „Ihre Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen, erklärt zum Teil, warum die chinesischen Märkte extrem dynamisch sind.“ In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass der Regulierungszyklus in der Regel kurzfristige Schockwellen auslöst, die mittel- bis langfristige Aktienperformance aber hauptsächlich von den strukturellen Wachstumsfaktoren abhängt. Und diese seien weitgehend intakt.

Probleme am chinesischen Immobilienmarkt scheinen im Griff

Inmitten der breit angelegten Regulierungsreformen, die auf das Ziel des gemeinsamen Wohlstands ausgerichtet sind, war das Jahr 2021 eine harte Zeit für den Immobiliensektor. Seit dem zweiten Halbjahr 2020 hat China eine Reihe von Vorschriften eingeführt, um eine Überhitzung der Immobilienmärkte zu vermeiden.

Chinas hartes Durchgreifen gegen den Immobiliensektor hat eine Vertrauenskrise in Bezug auf die hoch verschuldeten Bauträger ausgelöst. Der Verkauf neuer Immobilien ist ebenfalls eingebrochen, wodurch eine wichtige Finanzierungsquelle weggefallen ist. Das hat außerdem zu einer schwächeren Bautätigkeit und mehr Umschuldungen geführt. Ende 2021 verschärfte sich die ohnehin angespannte Lage, was auf dem Markt Besorgnis über Ansteckungsgefahren für die Gesamtwirtschaft hervorrief.

Dieses Thema hat die Politik laut Chen ebenfalls auf der Agenda: „Wir sehen mehr unterstützende politische Signale, um systemische Risiken zu verhindern.“ Die politischen Entscheidungsträger hätten in den vergangenen Monaten damit begonnen, den Wohnungsmarkt durch geldpolitische und Kredit- sowie Hypothekenmaßnahmen zu fördern, um den Ansteckungseffekt zu begrenzen. Dazu kommen Fusionen und Übernahmen. „Nachteilige Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und die Finanzmärkte sollten daher unserer Ansicht nach relativ gut eingedämmt sein“, so Chen. Mit der jüngsten Lockerungsmaßnahme der PBoC habe der Kreditimpuls wahrscheinlich seinen Tiefpunkt erreicht. „Die Behörden betonen, dass ‚Wohnraum zum Wohnen und nicht zur Spekulation‘ da ist. Sie machen aber auch deutlich, dass ein gesunder Immobilienmarkt wichtig ist für die wirtschaftliche Stabilität.“

Bewertungen am chinesischen Aktienmarkt gesunken

Am chinesischen Aktienmarkt sind die Bewertungen im Vergleich zu Anfang 2021 angesichts der Kursverluste deutlich gesunken. Papiere aus dem Land werden mit einem Abschlag gegenüber dem globalen Aktienmarkt gehandelt. Dazu kommt, dass China in den Portfolios internationaler Anleger nach wie vor unterrepräsentiert ist – obwohl die Zuflüsse in aktive Investmentfonds zuletzt zugenommen haben.

„Günstige Bewertungen und ein unterdurchschnittliches Engagement in chinesischen Aktien bieten einen guten Einstiegspunkt für langfristige Anleger, um attraktive und nachhaltige Wachstumschancen auf Einzeltitelbasis zu nutzen“, sagt Choa. Das gelte insbesondere in Branchen, die mit den strategischen Prioritäten der Regierung übereinstimmen.

Chen, Choa und ihr Team konzentrieren sich weiterhin auf drei wichtige Anlagethemen im Zusammenhang mit den strukturellen Wachstumstrends in China. Diese sollten aus ihrer Sicht unabhängig von externen Faktoren wie Covid-19 oder den Spannungen zwischen China und den USA Anlagechancen bieten.

  • Technologie und Innovation

Chinas wirtschaftlicher Wandel von einer auf billigen Arbeitskräften basierenden Fertigungsindustrie hin zu einer mittel- bis hochqualitativen Produktion wird durch die Größe des Inlandsmarkts, höhere Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie einem großen Talentpool gestützt. „China fördert aktiv die technologische Entwicklung – nicht nur, um die Abhängigkeit von den USA zu verringern, sondern auch, um die Produktivität seines großen traditionellen Sektors angesichts einer alternden Bevölkerung zu steigern“, sagt Choa. Die Nutznießer sind nicht nur die traditionellen Technologieunternehmen aus den Bereichen Soft- und Hardware, sondern auch Firmen, die echte Innovationen anbieten. „Die industrielle Modernisierung hat sich beschleunigt. Biotechnologie, Biowissenschaften, Unternehmen mit Bezug zur Energiewende und Firmen aus den klassischen Wirtschaftszweigen, die sich digital aufstellen, bieten unserer Ansicht nach langfristige Chancen.“

  • Hochwertiger Konsum

Chinesische Verbraucher sind nicht nur auf der Suche nach Premium-Produkten, sondern streben nach einem besseren Lebensstil. „Davon dürfte nicht nur der Einzelhandel profitieren“, blickt Choa voraus. Die Bereiche Gesundheitsfürsorge und Unterhaltung seien relativ wenig durchdrungen und gewinnen zunehmend Marktanteile. Dieses große Universum umfasse aufstrebende lokale Marken, die bei den Verbrauchern immer mehr Zuspruch finden.

  • Fortschreitende Konsolidierung

Die Konsolidierung der chinesischen Industrie wurde in den vergangenen Jahren durch die regulatorische Limitierung neuer Kapazitäten, umweltbedingten Kostendruck, höhere Finanzierungskosten und die Modernisierung der industriellen Infrastruktur vorangetrieben. „Da sich Chinas Wachstumstempo nach seiner raschen Expansion abschwächt, müssen die Unternehmen über die Einnahmeseite hinausdenken und sich stärker auf Forschung und Entwicklung, Produktivität und Markenwert konzentrieren“, so Choa. Die fortschrittlichsten Unternehmen sollten sich zunehmend von der Konkurrenz absetzen und die Konsolidierung sowohl in der alten als auch in der neuen Wirtschaftswelt vorantreiben.

Ruhig bleiben, selektiv handeln, langfristig denken

„Wir beobachten die Risiken weiterhin sehr genau und nehmen maßvolle Anpassungen vor, um die Risiken im Portfolio zu mindern und gleichzeitig die höchsten Alpha-Chancen zu nutzen“, betont Choa. Wichtig sei für ihn und sein Team die Nachhaltigkeit der Unternehmensgewinne. Die Experten vertrauen bei der Aktienauswahl auf ihren aktiven Bottom-up-Ansatz, mit dem sie nach den qualitativ hochwertigsten Wachstumsunternehmen mit einem soliden oder sich verbessernden ESG-Profil und Potenzial für langfristige Ertragssteigerungen suchen.

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