Defensiv aufgestellt So reagiert Carmignac auf die Krisen der Welt
Bereits Anfang des Jahres stellte Carmignac seine Portfolios defensiver auf. „Das hatte aber keineswegs mit einer erwarteten Eskalation in der Ukraine zu tun“, erläutert Gergely Majoros, Mitglied im Investmentkomitee des Vermögensverwalters. Vielmehr war es die Reaktion auf die angekündigten geldpolitischen Straffungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank, von der die Carmignac-Experten neue Hürden für die Finanzmärkte erwarteten.
Im Februar wurden die Risiken innerhalb der Fonds weiter deutlich reduziert, vor allem innerhalb der Patrimoine-Familie. Beim Flaggschiff-Fonds Carmignac Patrimoine (ISIN: FR0010135103) wurde die Aktienquote zeitweise auf lediglich 5 Prozent heruntergefahren. Aktuell liegt sie bei immer noch niedrigen 17 Prozent. Die Anleiheseite wurde ebenfalls defensiver aufgestellt. „Dadurch konnten wir die Schwankungen in unseren Fonds in den vergangenen Wochen gut begrenzen“, betont Majoros.
Massive Wertverluste bei russischen Anleihen
Dennoch hat sich der Ukraine-Krieg negativ auf die Performance ausgewirkt. Während Carmignac auf der Aktienseite in allen Produkten in Russland zwar stark untergewichtet oder gar nicht investiert war, wurden vor rund zwei Jahren russische Staats- und Unternehmensanleihen in die Portfolien aufgenommen. „Basierend auf unserer Analyse von finanziellen und nichtfinanziellen Faktoren haben wir diese Papiere als attraktiv eingestuft“, begründet Majoros den Schritt. Zwar sei der Anteil relativ gering, aber „leider haben sie die Wertentwicklung in den vergangenen Wochen aufgrund der massiven Kursverluste stark belastet.“
Gründe für die Korrektur seien zum einen die Sanktionen gewesen, zum anderen die Tatsache, dass russische Papiere für viele internationale Investoren nicht mehr zum investierbaren Universum gehören. Wie verfährt Carmignac jetzt mit den Anleihen? Majoros: „Wir wollten die Positionen nicht zu den aktuellen Marktpreisen schließen.“ Man werde sich davon verabschieden, aber im besten Interesse der Investoren.
Unklare Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung
Wie sich der Krieg auf die globale Konjunktur auswirken wird, ist derzeit schwer zu prognostizieren. „Das wird davon abhängen, wie lange er dauern wird.“ Eines jedenfalls scheine sicher: Das Thema Inflation dürfte Anleger noch länger begleiten. Bereits vor dem Krieg war das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei Energierohstoffen angespannt; die Preise stiegen. Nun verschärft sich die ohnehin angespannte Situation weiter.
Die bereits im Januar erwartete Konjunkturverlangsamung dürfte nun stärker ausfallen als damals prognostiziert. „Die Inflationsentwicklung wird die Wachstumserwartungen bremsen, insbesondere für Europa, das durch die geografische Nähe und die Energieabhängigkeit besonders betroffen ist“, blickt Majoros voraus (siehe Grafik). Mit einer Rezession rechnen die Carmignac-Experten derzeit nicht. Ob das so bleibt, komme jedoch auf die Dauer des Krieges an.
Grafik: Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die konjunkturelle Entwicklung weltweit
Global gesehen ist China aktuell die große Unbekannte. „Das Land erlebt seit einigen Quartalen eine Konjunkturverlangsamung“, so Majoros. Man könne daher damit rechnen, dass sich die Staatsführung früher oder später für eine Stimulierung der Wirtschaft entscheidet. „Da könnte es bald Bewegung geben.“
Vieles hänge außerdem vom geldpolitischen Ausblick ab. „Wir gehen bei Carmignac weiterhin davon aus, dass die Fed und die EZB die angedeutete Normalisierung der Geldpolitik vorantreiben werden“, sagt der Investmentexperte. Gerade in den USA gebe es dafür gute Gründe – wie die starke Inflationsentwicklung und den robusten Arbeitsmarkt. „Wir können uns darauf vorbereiten, dass das Thema Bilanzreduktion bei der Fed in den nächsten Monaten weiterhin auf dem Tisch sein wird.“ Derweil habe die EZB jüngst angedeutet, dass die Anleihekäufe in den kommenden Monaten auslaufen werden.
Majoros mahnt zur Vorsicht, da eine solche Entwicklung historisch betrachtet eine Belastung für die Aktienmärkte darstellt. Positiv bewertet er hingegen, dass die Unterstützung von fiskalischer Seite größer werden könnte.
Welche Assets im Portfolio liegen jetzt vorn?
Die Carmignac-Experten reagieren auf die aktuellen Unsicherheiten mit einer defensiveren Portfoliozusammensetzung, so auch beim Patrimoine. „Auf der Aktienseite setzen wir verstärkt auf Unternehmen aus Bereichen wie Gesundheit und Basiskonsumgüter, die sich relativ unabhängig von der Konjunktur positiv entwickeln können“, berichtet Majoros. Eine zyklische Komponente sind Investments in der Energiebranche, sowohl in traditionellen Energieunternehmen als auch in Firmen aus dem Bereich erneuerbare Energien. „Letztere sollten in den kommenden Jahren weiter gut unterstützt bleiben, gerade vor dem Hintergrund der angestrebten größeren Unabhängigkeit von traditionellen Energieformen und Energieimporten aus Russland.“ Zusätzlich wurden aufgrund der aktuellen Ereignisse Goldminenaktien ins Portfolio aufgenommen.
Die Anleiheseite wurde ebenfalls defensiver aufgestellt. „Wir haben bei Spread-Produkten, also Unternehmensanleihen, viele Positionen reduziert“, erläutert Majoros. Die aktuelle Positionierung biete aber eine gute Rendite, weil man unter anderem in Rohstoffunternehmen investiert sei.
Mit Blick auf die Währungen ist der Euro im Portfolio stark übergewichtet. Dazu kommen Engagements im US-Dollar aufgrund seines Charakters als sicherer Hafen.
Für Kaufgelegenheiten gut vorbereitet
Insgesamt bleibt das Portfoliomanagement des Carmignac Patrimoine der Barbell-Strategie treu. Das heißt: Das Team setzt zum einen auf Investments, die sich in einem Umfeld mit höherer Inflation gut entwickeln können, zum anderen auf Positionen, die relativ unabhängig von der Konjunktur sind.
Gleichzeitig sei man auf der Aktienseite gut investiert, aber auch umsichtig abgesichert. „Das behalten wir so lange bei, wie die Konfliktsituation in der Ukraine bestehen bleibt“, sagt Majoros. „Zu gegebener Zeit werden wir die Absicherungen auflösen und die Kaufgelegenheiten nutzen, die in den vergangenen Wochen entstanden sind.“