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Ergebnisse einer Umfrage unter Vermittlern durch den AfW

Die Erkenntnis ist im Prinzip ein alter Hut, doch erinnern die Zahlen einmal mehr eindrücklich daran, dass sich die Finanzberatungsindustrie dringend um Nachwuchs kümmern muss. Denn sie hat ein Überalterungsproblem. Laut einer aktuellen Erhebung des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW liegt das Durchschnittsalter hiesiger Finanz- und Versicherungsvermittler bei knapp 54 Jahren. Jeder dritte möchte in den kommenden 15 Jahren seine Tätigkeit beenden. In den kommenden 20 Jahren will das sogar jeder zweite tun. Die Branche schrumpft, denn: Während viele Vertriebler mittelfristig in den Ruhestand gehen, kommen nur wenige Neulinge nach.

So weit, so oft schon gehört. Der AfW wollte in dem Zusammenhang jedoch auch wissen, wie es um den Nachlass der Vertriebsprofis bestellt ist – die Kundenbestände.
Dass die Branche altert, lässt gleichzeitig darauf schließen, dass mittelfristig viele Kundenbestände auf den Markt kommen werden. Auch dieser Trend zeichnet sich bereits heute ab. Der AfW bat in seiner Umfrage nun Makler mit Spezialisierung auf Versicherungen, Finanzanlagen oder Immobilienkredite um eine Einschätzung, wie viel Geld sie erzielen würden, wenn sie ihren Bestand heute verkaufen würden.
Jeder Vierte rechnet mit bis zu 250.000 Euro
Am häufigsten erhoffen sich die Vertriebsprofis demnach einen Preis zwischen 100.000 und 250.000 Euro. Mit dieser Summe rechnet jeder vierte Vermittler. Der durchschnittliche Preis, den sich die Befragten aus einem Bestandsverkauf erhoffen, liegt jedoch höher: bei 390.000 Euro.
Grund dafür ist ein verhältnismäßig kleiner Anteil an Vermittlern, der seinen Unternehmen einen viel höheren Wert beimisst. So rechnen rund 11 Prozent der Befragten mit mehr als einer Million Euro. Demgegenüber erwartet aber auch jeder fünfte nur magere 50.000 Euro oder weniger für einen Verkauf seiner Bestände. Bitter erscheint das mit Blick auf die Altersvorsorge – bei der viele Vermittler ihren Bestand fest einplanen. Für ein auskömmliches Leben im Alter dürfte das nicht annähernd reichen.
Die Bandbreite der Preisvorstellungen für Kundenbestände ist hoch – auch das lässt sich aus der Umfrage herauslesen. Das könnte nicht zuletzt daran liegen, dass die Vermittlerbetriebe sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Wer seinen Kundenbestand bis dato nicht umfassend digitalisiert hat, gilt heute als abgehängt. Darauf weist auch AfW-Vorstand Frank Rottenbacher hin: „Derzeit sind Maklerbestände zwar branchenweit sehr gefragt, jedoch müssen diese möglichst vollständig digitalisiert und sehr gepflegt sein“. Sonst lasse das Interesse potenzieller Käufer schnell nach.
Viele Bestände sind vernachlässigt
Aus der Vermittlerbranche ist bekannt: Es existiert eine Masse an Kundenbeständen, die über einen längeren Zeitraum hinweg quasi ausplätschern. Ihre Besitzer vereinnahmen nur noch die immer spärlicher werdende Bestandsvergütung der Produktgeber. Sie stecken jedoch kaum mehr Arbeit hinein – weder in technische Ausstattung und Datenpflege noch in die Kundenbeziehungen. Solche Bestände dürften sich, sollten sie einmal zum Verkauf angeboten werden, als Ladenhüter erweisen.

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Der AfW wollte auch wissen, wie kurz- beziehungsweise langfristig hiesige Vermittler eine Nachfolgeregelung für ihre Bestände treffen wollen. Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Befragten hat vor, diese Frage bereits innerhalb der kommenden acht Jahre zu lösen.
Bei den Angaben zum Wert der Bestände ist zu berücksichtigen: Der AfW fragte lediglich nach den Preisvorstellungen der Vermittler. Zu welchem Preis die Kundenbestände tatsächlich den Besitzer wechseln, bleibt offen. Der Verband gibt auch zu bedenken, dass die Preise von Kundenbeständen je nach Spezialisierung der Vermittler schwanken. Von Kfz-Versicherungskunden wird etwa angenommen, dass sie häufiger den Tarif wechseln – und dabei schnell auch den Vermittler. Lebensversicherungskunden gelten als wertvoller, weil tendenziell beständiger. In der Regel gehen für einen Versicherungsbestand als Kaufpreis eine bis maximal drei Jahrescourtagen über den Tisch.
Die angepeilten Verkaufspreise, die der AfW in seiner Umfrage ermittelt hat, sind dennoch ein Indikator für den Zustand von Vermittlerbetrieben. Denn in einem Umfeld, in dem immer mehr Bestandsinhaber einen Nachfolger suchen und auch immer mehr Bestände den Besitzer wechseln, dürften Vermittler zumindest annähernd realistisch einschätzen können, wie viel Geld sie für ihren Bestand erlösen können.
Mit Blick auf die Zukunft der Vermittlerbranche ruft AfW-Vorstand Rottenbacher dazu auf, dass neben Initiativen von Vermittlern selbst auch das hiesige Bildungssystem dafür sorgen müsse, das Berufsbild des Finanz- oder Versicherungsvermittlers bekannter zu machen. „Das beginnt schon mit der Vermittlung von ausreichend Finanzbildung an Schulen“, so Rottenbacher. Der AfW wolle sich deshalb bei der Initiative Finanzbildung aus Bildungs- und Finanzministerium engagieren.
Das macht der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW
Der AfW versteht sich als Interessenvertretung des unabhängigen Finanzvertriebs in Deutschland. Zu seinen Mitgliedern zählen vor allem Vermittler mit Maklerstatus. Einmal jährlich befragt der Verband seine Mitglieder, aber auch verbandsfremde Vermittler zu ihren Geschäftsaussichten. An dem jüngsten Vermittlerbarometer, das im November 2023 durchgeführt wurde, nahmen 1.108 Vertriebsprofis teil.