Finanzexperte Daniel Lenz
So steht es um den Staatshaushalt
Daniel Lenz ist Leiter Strategie Euro-Zinsmärkte bei der DZ Bank. Foto: DZ Bank
Deutschland hat gute Chancen, die Staatsverschuldung kräftig zu senken, ist Daniel Lenz überzeugt. Warum das so ist, erklärt der Finanzexperte der DZ Bank im Gastbeitrag.
Die Parteien rechts der Mitte versprechen hingegen Steuersenkungen. Der Umfang der geplanten Steuersenkungen würde dauerhaft enorme Löcher in den Bundeshaushalt reißen, sofern die Mindereinnahmen nicht durch ein größeres Wachstum und damit einhergehend höheren Steuereinnahmen vollständig ausgeglichen werden.
Zwar setzen die wirtschaftsfreundlichen Parteien auf diesen Wachstumseffekt, die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass Steuersenkungen selten aufkommensneutral wirken. Die Steuerpläne dürften damit letztlich im Widerspruch zum formulierten Ziel der baldigen Konsolidierung der Staatsfinanzen stehen. In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass die „bürgerlichen“ Parteien entweder...
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Die Parteien rechts der Mitte versprechen hingegen Steuersenkungen. Der Umfang der geplanten Steuersenkungen würde dauerhaft enorme Löcher in den Bundeshaushalt reißen, sofern die Mindereinnahmen nicht durch ein größeres Wachstum und damit einhergehend höheren Steuereinnahmen vollständig ausgeglichen werden.
Zwar setzen die wirtschaftsfreundlichen Parteien auf diesen Wachstumseffekt, die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass Steuersenkungen selten aufkommensneutral wirken. Die Steuerpläne dürften damit letztlich im Widerspruch zum formulierten Ziel der baldigen Konsolidierung der Staatsfinanzen stehen. In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass die „bürgerlichen“ Parteien entweder die Mindereinnahmen durch Ausgabenkürzungen gegenfinanzieren müssten, diese aber nicht in den Wahlprogrammen genannt werden, oder dass sich die Entlastungspläne nicht vollumfänglich umsetzen lassen. Etliche Fragen zur Haushaltsplanung in den kommenden vier Jahren lassen die Parteien damit unbeantwortet.
Post-Corona-Finanzplanung erfordert Maß und Mitte
Angesichts der teilweise gravierend voneinander abweichenden Fiskalpläne der Parteien stellt sich die Frage: Wieviel Spielraum für steuerliche Entlastungen gibt es wirklich oder wie dringend ist die Notwendigkeit einer fiskalpolitischen Kehrtwende?
Zur Beantwortung dieser Frage haben wir mögliche Verläufe der deutschen Schuldenstandsquote in Abhängigkeit von Szenarien verschiedener Primärsalden modelliert. Aus Sicht des Staates ist der Primärsaldo die wichtigste fiskalpolitische Stellschraube, weil die Regierung diese unmittelbar beeinflussen kann. Sowohl die Entwicklung der Wirtschaftsleistung als auch der Zinsen sind zwar bedeutende Einflussgrößen für die Entwicklung der Schuldenstandsquote, der Staat hat hierauf aber bestenfalls mittelbar Einfluss.
Daher unterstellen wir für alle drei entwickelten Szenarien, dass Deutschlands nominales Bruttoinlandsprodukt in diesem und im kommenden Jahr deutlich steigen wird und ab 2023 bis zum Ende der Projektion 2028 um 3,5 Prozent jährlich zulegt, was in etwa dem Gleichgewichtsniveau vor Beginn der Corona-Krise entspricht. Ferner legen wir die DZ-Bank-Zinsprognose zugrunde und nehmen daher an, dass das allgemeine Renditeniveau in den kommenden Jahren nur sukzessive leicht zunimmt. Deutschland hält überdies an seiner Refinanzierungspolitik eher kürzerer Laufzeiten fest, sodass die Portfolioduration weiterhin bei sieben Jahren liegt.
Auch für die Entwicklung des Primärsaldos unterstellen wir zunächst für alle drei Szenarien, dass das Primärdefizit pandemiebedingt in diesem Jahr bei 7 Prozent und im kommenden Jahr bei 2 Prozent liegt. Szenariobedingte Unterscheidungen treffen wir erst ab 2023. In einem ersten Szenario erwarten wir, dass der Primärsaldo fortan ausgeglichen ist, wohingegen Deutschland bis zum Beginn der Pandemie sogar merkliche Primärüberschüsse erzielt hatte.
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