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Studie zum „Greenwashing“ in US-Unternehmen So wälzen Globale Player ihre Emissionen auf Zulieferer ab

Windpark in der Mojave-Wüste, Kalifornien
Windpark in der Mojave-Wüste, Kalifornien: US-Unternehmen lagern umso weniger CO2-Emissionen aus, je mehr Regierungsaufträge, „grüne“ Kunden im B2B-Bereich und nachhaltig orientierte institutionelle Aktionäre sie haben. | Foto: Image Images / Cavan Images
Thibaut Heurtebize, BNP Paribas AM

Das sogenannte „Greenwashing“ bei Nachhaltigkeitsfonds (ESG-Fonds) ist ein vieldiskutiertes Thema. So moniert die US-Börsenaufsicht SEC immer wieder, dass viele Anbieter ihre Fonds als grüner und damit ethischer verkaufen, als sie es tatsächlich sind. Im vergangenen Jahr hat die Behörde daher eine Taskforce eingerichtet, die Fehlverhalten in dieser boomenden Branche aufdecken und ahnden soll.

Den Trend zum „Greenwashing“ bestätigt auch eine aktuelle Studie der Global Research Alliance for Sustainable Finance and Investment (GRASFI). Demnach entziehen sich US-Firmen ihrer Verantwortung für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, indem sie ihre Treibhausgasemissionen an ihre Zulieferbetriebe weitergeben, so das Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung. GRASFI ist ein Zusammenschluss von führenden internationalen Universitäten, die sich der Erstellung hochwertiger interdisziplinärer Forschungs- und Lehrpläne zum Thema nachhaltige Finanzen und Investitionen verschrieben haben.

Viele US-Unternehmen greifen in die Klima-Trickkiste

In der Studie „Outsourcing des Klimawandels“ kommen die Studienautoren zu dem Schluss, dass viele Unternehmen ihren ESG-Verpflichtungen nicht oder nur bedingt nachkommen. Hierbei greifen sie in die Trickkiste: Zwar senken sie die Kohlenstoffemissionen auf den lokalen Märkten, dafür steigt der CO2-Ausstoß ihrer Konzerne im Ausland.  

Thibaut Heurtebize, Analyst bei BNP Paribas Asset Management, hebt die Bedeutung der Untersuchung als Basis für weitere Diskussionen zu diesem hochbrisanten Thema hervor: „Während die nachhaltige Finanzindustrie ihren Weg in Richtung Netto-Null-Emissionen fortsetzt, dient diese Studie als wichtige Erinnerung an die Notwendigkeit einer verbesserten Offenlegung von Unternehmen, die sich auf Scope-3-Kohlenstoffemissionen konzentrieren.“

Viele Unternehmen fühlen sich an das Pariser Abkommen nicht gebunden

Die Zahlen sprechen für sich: Die Studie hat insgesamt 1.784 US-Firmen ins Visier genommen, die in 178 Länder exportieren. Insgesamt lagen 73.966 Auswertungen ihrer Aktivitäten vor. Das Ergebnis: Von einem Engagement der Unternehmen in Richtung Klimaneutralität, wie sie im Pariser Abkommen vorgesehen ist, kann keine Rede sein, im Gegenteil. Unter dem Strich steigen die CO2-Emissionen der Konzerne noch im Rahmen ihrer weltweiten Expansion. Doch statt diese ins Ausland verlagerten Emissionen transparent zu machen, delegieren sie die Verantwortung für ihre Umweltsünden an ihre Lieferanten.

Zulieferer sind die Sündenböcke

Die Autoren führen Belege dafür an, dass Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck (Scope-1-Emissionen) im Laufe der Zeit einigermaßen stabil halten, während sie die indirekten Emissionen über Zulieferer (Upstream Scope 3) erhöhen. Auf diese Weise wollen sie ihr Unternehmenswachstum sichern und die Produktion sicherstellen.

Als unrühmliches Beispiel verweisen die Autoren auf Procter & Gamble (P&G). So hat sich P&G verpflichtet, die Umweltverschmutzung bis 2030 zu halbieren, bezieht dabei aber nur Emissionen der Bereiche 1 und 2 ein, wie der Natural Resources Defense Council (NRDC) – eine gemeinnützige Umweltschutzorganisation mit Sitz in New York – beklagt.

Was der NRDC behauptet, klingt alarmierend: Würde P&G seine gesamten Emissionen – also von der Produktion seiner Rohstoffe bis zur Entsorgung der Produkte – in die Rechnung einbeziehen, lägen seine Kohlenstoffemissionen bei 215 Millionen Tonnen der „Treibhausgasminderungsquote“ (THG-Quote) pro Jahr. Davon würden nur 4,3 Millionen Tonnen den Bereichen 1 und 2 zugerechnet – was bedeutet, dass das THG-Ziel von P&G nur für 2 Prozent der Gesamtemissionen gilt.

Das bedeutet: Ohne die Berücksichtigung der Scope-3-Emissionen durch die Lieferketten können die Unternehmen die gesamten THG-Emissionen, die ihren Produkten zuzuschreiben sind, nicht vollständig erfassen.

Schwellenländer als Emissionssenke im Visier

Fakt ist also, dass US-Unternehmen die lückenhafte Gesetzgebung von Schwellenländern ausnutzen, um Treibhausgasemissionen ins Ausland zu verlagern. „Wir behaupten, dass weniger entwickelte Länder mehr um ihr wirtschaftliches Überleben als um Umweltfragen besorgt sind und daher schwächere Umweltvorschriften und ein geringeres soziales Bewusstsein für den Umweltschutz haben. Diese Länder wären weniger kostspielige Alternativen für Unternehmen, die in den Vereinigten Staaten einem ziemlich starken regulatorischen und sozialen Druck ausgesetzt sind“, so die Autoren der GRASFI-Studie.