Kommentar zur neuen Aktienkultur So weit, so gut – aber jetzt unbedingt einen Tipp beherzigen
Ich sehe an ihren Gesichtern, dass sich in Deutschland etwas verändert hat. Und zwar ganz gewaltig. Fragte mich früher auf Partys – ja, so was gab es damals noch – mal jemand nach meinem Beruf, lief das meist so ab:
„Ich bin Journalist.“
„Ah, das ist ja interessant. Worüber schreibst du denn?“
„Über Geldanlage und Wirtschaft.“
„Ach, äh, ist das denn spannend?“
Das Gesicht, das meine Gesprächspartner dabei zogen, stellte klar, dass sie die gestellte Frage für sich selbst schon beantwortet hatten. Allerdings nicht gerade zu meinem Vorteil. Ich konnte dann entweder versuchen, eine Lanze zu brechen („Doch, doch, das ist hochspannend! Da ist echt was los!“), oder das Thema wechseln.
Heute ist das anders. Zwar gibt es diese Partys in kuschelig engen WG- und anderen Küchen nicht mehr wirklich. Ins Gespräch kommt man trotzdem, mit anderen Eltern auf Spielplätzen zum Beispiel oder neuerdings sogar wieder im Sportverein. Und tatsächlich schlägt mir nun echtes Interesse entgegen.
Jeder hat inzwischen schon irgendwas von Niedrig- und Strafzins gehört und sie vielleicht sogar schon gefühlt. Und sehr viele haben sich deswegen mit Aktien- oder Aktienfonds zumindest etwas näher befasst. In Banken und auf Fondsplattformen rollt eine Welle an neu eröffneten Depots. Vor allem Anbieter von Indexfonds (ETFs) kommt geradewegs euphorisch daher – Deutschland ist auf dem Weg zum Anlegerland. Vor einigen Wochen erzählte mir ein bisher nicht gerade durch große Aktienliebe aufgefallener Bekannter stolz von seinem neuen ETF-Sparplan. Wer hätte das gedacht?
Auch abgesehen davon, dass mich das auf Partys so richtig interessant macht, ist das auch so eine höchst erfreuliche Entwicklung. Die Menschen verstehen vielleicht doch endlich, dass ein Sparkonto keine Geldanlage ist und dass Aktienfonds mit Spekulation (meist) nichts zu tun haben, sondern ganz normale Anlagen sind. Damit beteiligen sich endlich sogar die Deutschen mal an der Wirtschaft, anstatt immer nur reiche Unternehmer zu beneiden.