Volkswirt Johannes Mayr
So will die EU Tech-Riesen regulieren
Johannes Mayr ist Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Besser spät als nie: EU-Politiker wollen die Marktmacht einiger weniger Tech-Konzerne begrenzen. Volkswirt Johannes Mayr von der Investmentgesellschaft Eyb & Wallwitz gibt einen Überblick über ihre Pläne.
Die EU zielt mit ihren Gesetzesinitiativen auf Kernplattformdienste, sogenannte Gatekeeper. Zentrale Merkmale der Gatekeeper sind, dass sie
einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt haben
gewerblichen Nutzern als Zugang zu Endnutzern dienen und
eine starke Position im jeweiligen Markt innehaben beziehungsweise diese erlangen werden
Aktuell sind solche Unternehmen insbesondere in den Bereichen Betriebssystemen, Webbrowsern, Suchmaschinen, E-Commerce, Online-Vermittlungs-/-Buchungsdiensten, Video- und Streaming-Diensten sowie Social Media zu finden. Bislang war unklar, welche konkreten Geschäftsmodelle künftig unter den Begriff des Gatekeepers fallen....
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die EU zielt mit ihren Gesetzesinitiativen auf Kernplattformdienste, sogenannte Gatekeeper. Zentrale Merkmale der Gatekeeper sind, dass sie
- einen erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt haben
- gewerblichen Nutzern als Zugang zu Endnutzern dienen und
- eine starke Position im jeweiligen Markt innehaben beziehungsweise diese erlangen werden
Aktuell sind solche Unternehmen insbesondere in den Bereichen Betriebssystemen, Webbrowsern, Suchmaschinen, E-Commerce, Online-Vermittlungs-/-Buchungsdiensten, Video- und Streaming-Diensten sowie Social Media zu finden. Bislang war unklar, welche konkreten Geschäftsmodelle künftig unter den Begriff des Gatekeepers fallen. In einem aktuellen Kompromissvorschlag hat das EU-Parlament nun wichtige quantitative Merkmale konkretisiert. Die Regulierung soll digitale Plattformen betreffen, die
- eine Marktkapitalisierung von über 80 Milliarden Euro aufweisen oder einen europaweiten Jahresumsatz von 8 Milliarden Euro erwirtschaften und
- 45 Millionen monatliche Endnutzer oder 10.000 gewerbliche Kunden haben.
Zwar können sich diese Schwellenwerte im anstehenden Trilog zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat noch ändern. Die Richtung ist aber vorgegeben. Auf Basis der Schwellenwerte wären vor allem die großen US-Tech-Konzerne Alphabet, Amazon, Apple, Facebook/Meta und Microsoft betroffen. Zusätzlich könnten Plattform-Unternehmen wie Booking, Airbnb, Netflix und Spotify unter die neue Regulierung fallen. Umstritten ist nach wie vor, inwiefern auch Cloud-Dienste, B-to-B-Geschäftsmodelle und Kundenportale betroffen sind.
Die Regulierung dieser Gatekeeper soll künftig über ein Zwei-Säulen-Modell geregelt werden. Ziel ist die Bestreitbarkeit und Fairness der jeweiligen Märkte zu sichern. Die erste Säule – der Digital Markets Act (DMA) – ist als Ex-ante-Regulierung der Gatekeeper-Unternehmen angelegt und zielt auf die Verhinderung von Marktmissbrauch, indem er eine Reihe von konkreten Verboten und Geboten für die Gatekeeper definiert. Verboten wird demnach unter anderem:
- eine Zusammenführung von personenbezogenen Daten aus den zentralen Diensten mit Daten aus anderen Diensten
- das Abhalten des Zugriffs auf Dienste von anderen Anbietern
- das Abhalten einer Deinstallation von vorinstallierter Software
- das Nutzen von durch gewerbliche Nutzer generierte Daten für eigene kommerzielle Zwecke
- das Abhalten von Kundenbeschwerden bei Aufsichtsbehörden
Zu den Geboten für Gatekeeper zählen:
- Geschäftskunden muss es erlaubt sein, mit den Diensten des Gatekeepers zu interagieren (Interoperabilität).
- Geschäftskunden muss erlaubt sein, ihre Dienstleistungen und Produkte auch über dritte Vermittlungsdienste zu anderen Preisen anzubieten und ihre Angebote zu bewerben.
- Geschäftskunden muss der Zugang zu Informationen (zum Beispiel zu Preisen) gewähren werden, die erforderlich sind, damit die Kunden eine eigene, unabhängige Überprüfung ihrer beim Gatekeeper gehosteten Werbung vornehmen können.
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