Solvecon-Chefanalyst Folker Hellmeyer
Unruhe an den Finanzmärkten
Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei Solvecon Invest Foto: Solvecon
Das Jahr 2018 ist gekennzeichnet von einer Vielzahl von Herausforderungen und Konflikten. Im Oktober führte die Konfluenz zu einer markanten Anpassung der Bewertungen an den Aktienmärkten. Die sich aufdrängende Frage nach der Trendfähigkeit der aktuellen Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten gilt es, zu beantworten. Eine Bestandsaufnahme.
Sie warnten davor, dass der kritische Punkt bei den italienischen Banken liegen könnte. Sie haben Staatsanleihen Italiens im Volumen von 375 Milliarden Euro in ihren Büchern. Sie setzen diese im Rahmen der Geldversorgung über die EZB als Sicherheiten ein. Sollte Italien bei den Ratingagenturen für die konsumtiv geprägte Fiskalpolitik bestraft werden und die Investment-Grade-Einstufung einbüßen, könnten diese Papiere nicht mehr als Sicherheit bei der EZB genutzt werden. Aus guten Gründen auch vor dem aktuellen Erfahrungshorizont der Briten steht das Thema Italexit nicht ansatzweise auf der Agenda.
Auch hier ist erkennbar, dass die normative Kraft des Faktischen für Akrobaten der konsumtiven...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Sie warnten davor, dass der kritische Punkt bei den italienischen Banken liegen könnte. Sie haben Staatsanleihen Italiens im Volumen von 375 Milliarden Euro in ihren Büchern. Sie setzen diese im Rahmen der Geldversorgung über die EZB als Sicherheiten ein. Sollte Italien bei den Ratingagenturen für die konsumtiv geprägte Fiskalpolitik bestraft werden und die Investment-Grade-Einstufung einbüßen, könnten diese Papiere nicht mehr als Sicherheit bei der EZB genutzt werden. Aus guten Gründen auch vor dem aktuellen Erfahrungshorizont der Briten steht das Thema Italexit nicht ansatzweise auf der Agenda.
Auch hier ist erkennbar, dass die normative Kraft des Faktischen für Akrobaten der konsumtiven fiskalischen Verwendung Roms greift! Das ist auch gut so, denn man sollte aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! Eine Lösung dieses Konflikts zwischen Rom und Brüssel ist absehbar. Die populistische Form des Diskurses durch Rom wird aber auch ihren Preis für Rom haben. Eine Destabilisierung der Eurozone oder der Weltwirtschaft ist nachhaltig nicht erkennbar, aber nicht vollständig auszuschließen. Der Risikograd liegt diesbezüglich derzeit bei 10 Prozent.
Der Brexit nimmt Konturen an. Alle Anzeichen weisen in Richtung eines geregelten Brexits. Wir freuen uns in Kontinentaleuropa auf die daraus resultierenden Produktionsstättenverlagerungen, die Kapitalstock mit Lohnsumme und Sozialbeiträgen mit sich bringen und verzichten gerne im Gegenzug auf einen Teil der Exporte in das Vereinigte Königreich. Losgelöst von kurzfristigen Friktionen ist es erstmalig, dass das UK nachhaltig etwas für den Kapitalstock Kontinentaleuropas tut.
Der akute Katalysator der Abwärtsbewegung war der Zinsanstieg am Kapitalmarkt der USA. Aber auch die von der Fed geschürte Erwartungshaltung weiterer Leitzinserhöhungen trug dazu bei. In der Tat wirkt sich diese Veränderung der US-Zinslandschaft in den Diskontierungsmodellen belastend für Risikoaktiva aus. Fakt ist, dass den global aktiven Unternehmen weiter Kanäle der Niedrigzinslandschaft im japanischen Yen und im Euro zur Verfügung stehen.
War der USD lange Zeit ein sinnvoller Carry-Trade, ist es jetzt vor allen Dingen der japanische Yen und auch noch der Euro. Es stellt sich aber auch die Frage, ob die aktuelle Zinsversteifung in den USA sich in der aktuellen Form fortsetzen wird, denn die US-Notenbank ist auch für auskömmliches Wachstum verantwortlich. Die privaten Haushalte weisen die höchste Konsumverschuldung (3.930 Milliarden US-Dollar) in der Historie der USA aus. Gleiches gilt für die US-Unternehmen. Der kreditfinanzierte Aufschwung seit 2010 weist einen hohen Reifegrad aus.
Die Zinserhöhungen als auch die verfügten Zölle belasten das diskretionäre Ausgabenpotential, sie machen den Standort USA nicht attraktiver und stellen summarisch Fragen bezüglich der weiteren US-Konjunkturentwicklung. Vor diesem Hintergrund ist der vom Markt unterstellte Pfad der weiteren US-Zinserhöhungen als mindestens ambitioniert zu bewerten.
Damit gleitet der Blick zu den Bewertungen, die an den Aktienmärkten anzutreffen sind. Der Dax weist ein KGV bei 12,5 aus, Russland ein KGV bei 5,5, China bringt es auf 10,7 und die USA auf 17. Bis auf die USA sind die Bewertungsniveaus historisch betrachtet niedrig. Das gilt umso mehr, als dass das globale Wachstum laut IWF 2018 und 2019 mit 3,7 Prozent auf dem höchsten Niveau seit 2011 mit entsprechenden Skaleneffekten für die Unternehmen reüssieren soll.
Zusammenfassend erfordert die Realität an den Märkten als auch die Markttechnik und das damit verbundene Momentum Respekt auf kurze Sicht. Hinsichtlich der aktuellen normativ faktischen Realitäten ergibt sich ein Bild, das ein Chancenpotential für mittel- und langfristig orientierte Anleger eröffnet.
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