Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann
Weshalb Spanien auch weiterhin die europäische Wachstumslokomotive bleiben wird

Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann
Spanien ist derzeit der Überflieger in der Währungsunion. Die Wirtschaft wächst bereits seit einigen Quartalen mit über 3,0 Prozent (im Vorjahresvergleich). Seit Ende 2022 hat das spanische BIP dementsprechend um knapp 6,0 Prozent zugelegt. Dagegen waren es im Durschnitt der Währungsunion nur 1,0 Prozent. In Deutschland schrumpfte die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum sogar um 0,3 Prozent.
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Spanien ist derzeit der Überflieger in der Währungsunion. Die Wirtschaft wächst bereits seit einigen Quartalen mit über 3,0 Prozent (im Vorjahresvergleich). Seit Ende 2022 hat das spanische BIP dementsprechend um knapp 6,0 Prozent zugelegt. Dagegen waren es im Durschnitt der Währungsunion nur 1,0 Prozent. In Deutschland schrumpfte die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum sogar um 0,3 Prozent.
Für die beeindruckende Performance können vier Gründe angeführt werden:
Erstens profitierte Spanien im Nachgang der Pandemie wie kein anderes europäisches Land vom Tourismus-Boom. Dies spiegelt sich in der so genannten Dienstleistungsbilanz wider: Reist ein ausländischer Gast nach Spanien, ist dies aus spanischer Sicht der Export einer Serviceleistung. Diese Dienstleistungsexporte liegen inzwischen 40 Prozent über dem Niveau vor der Pandemie.
Zweitens hat die sozialistische Regierung in den vergangenen Jahren den Staatskonsum kräftig angekurbelt. Dies schlug sich unter anderem in der Ausweitung der öffentlichen Verwaltung nieder, deren Personalbestand seit 2020 um mehr als 10 Prozent zulegte.
Drittens wurde Spanien von der Energiekrise weniger hart getroffen als andere Länder, weil die Abhängigkeit von russischem Gas sehr gering war. Nur knapp 10 Prozent der Gasimporte kamen aus Russland – gegenüber 55 Prozent in Deutschland.
Viertens hat Spanien unter der zuletzt schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in China kaum gelitten. Nicht einmal 2 Prozent seiner Exporte werden nach China geliefert (in Deutschland sind es mehr als 6 Prozent).
Die entscheidende Frage ist nunmehr, ob sich der Boom im sonnenverwöhnten Spanien 2025 ungetrübt fortsetzt. Zweifellos wird sich ein Teil der oben genannten positiven Faktoren in den nächsten Quartalen abschwächen. So zeigen die Proteste gegen den Massentourismus (etwa in Mallorca, Barcelona oder Málaga), dass die Grenzen in diesem Bereich erreicht sind.
Außerdem muss in der Fiskalpolitik künftig der Gürtel enger geschnallt werden. Wie viele andere EU-Länder steht auch Spanien unter Druck, sein Haushaltsdefizit wieder unter 3,0 Prozent zu drücken. Schließlich wird die von uns prognostizierte weltwirtschaftliche Belebung in anderen Ländern stärker anschieben als in Spanien.
Gleichzeitig hat Spanien aber nach wie vor einige Pfeile im Köcher. So sind aus dem EU-Wiederaufbaufonds bislang nicht einmal die Hälfte aller Mittel abgerufen, die Spanien zustehen (163 Milliarden Euro). Mut macht darüber hinaus, dass neben dem Staatskonsum zuletzt auch der private Verbrauch angezogen hat.
Mithin scheint ein selbstragender Aufschwung in Gang gekommen zu sein, der gar keiner externen Impulse (vom Staat oder Ausland) mehr bedarf. So ist dank des hohen Wachstums zuletzt die Arbeitslosenquote auf ein 17-Jahres-Tief gefallen (10,5 Prozent), wodurch das verfügbare Einkommen und das Konsumentenvertrauen einen Schub erfahren haben. Last but not least verdichten sich inzwischen die Anzeichen, dass die bislang lahmenden Investitionen vor eine Wiederbelebung stehen.
In Anbetracht dieser grundsätzlich nach wie vor positiven Rahmenbedingungen gehen wir davon aus, dass die spanische Wirtschaft weiter robust expandiert und sich das Wachstum in den nächsten Quartalen lediglich moderat in Richtung 2,5 Prozent abkühlt. Wir bleiben damit etwas optimistischer als der Konsensus und die spanische Notenbank, die jeweils unterstellen, dass das BIP-Wachstum Anfang 2026 bereits unter 2,0 Prozent zurückfällt.
Insgesamt wird Spanien also weiterhin eine führende Rolle in der Eurozone einnehmen. Der Abstand zum aktuellen Schlusslicht Deutschland wird aber abnehmen. Hier erwarten wir eine Wachstumsbeschleunigung in den nächsten Quartalen von 0,0 auf 1,5 Prozent.
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