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Sparkasse Geldautomaten: Wie Sprenger gestoppt werden können

Mal schnell zum Geldautomaten schlendern und Bargeld abheben - das war lange Zeit das Normalste der Welt. Doch in immer mehr Regionen wird das zunehmend zur Herausforderung. Denn die Zahl der Geldautomaten sinkt bundesweit.
Die Volks- und Raiffeisenbanken haben 2021 und 2022 rund 1800 Geldautomaten abgebaut, die Sparkassen reduzierten ebenfalls erstmals im größeren Stil Automaten. Zum einen, we...
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Mal schnell zum Geldautomaten schlendern und Bargeld abheben - das war lange Zeit das Normalste der Welt. Doch in immer mehr Regionen wird das zunehmend zur Herausforderung. Denn die Zahl der Geldautomaten sinkt bundesweit.
Die Volks- und Raiffeisenbanken haben 2021 und 2022 rund 1800 Geldautomaten abgebaut, die Sparkassen reduzierten ebenfalls erstmals im größeren Stil Automaten. Zum einen, weil die Deutschen immer mehr auf alternative Bezahlmethoden umsteigen. Zum anderen, weil kriminelle Banden auf Beutezügen vermehrt Geldautomaten sprengen und so auch Unbeteiligte gefährden.
Das „Handelsblatt“ berichtete über den Trend und auch den Vorschlag des Innenministeriums, die Finanzbranche notfalls per Gesetz zum besseren Schutz der Geldautomaten zwingen zu wollen. Das wiederum wollte Christian Achilles, Direktor Kommunikation und Medien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, nicht unkommentiert stehen lassen. Auf Linkedin schrieb er: „Da wird Opfern, nicht Tätern gedroht!“ Er kritisierte in seinem Beitrag unter anderem das „Finger-Pointing“ einiger Politiker und bekam für sein Statement viel Zuspruch aus der Branche.
DAS INVESTMENT sprach mit Achilles über den Status Quo der Geldautomaten in Deutschland, wie sich die Finanzinstitute gegen Kriminelle zur Wehr setzen und warum die Einführung der von der Politik geforderten Verklebelösungen bislang auf sich warten lässt.
DAS INVESTMENT: Herr Achilles, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken bieten die größte Zahl von Geldautomaten in Deutschland. Vor Kurzem titelte das Handelsblatt: „Volksbanken und Sparkassen bauen fast 2000 Geldautomaten ab“. Das klingt nach Kahlschlag. Die Bundesbank zeigt sich dementsprechend besorgt über die Versorgung mit Bargeld in Deutschland. Ist das begründet?
Christian Achilles: Ich würde das nicht als Kahlschlag bezeichnen. Wir reden von weniger als 5 Prozent aller Geldautomaten. Die Sparkassen sichern über das engmaschige Filialnetz und mit dem größten Geldautomatennetz Deutschlands weiterhin die Bargeldversorgung in der Fläche.
Hauptgrund für das Abbauen der Automaten ist die zunehmende Zahl an Sprengungen durch Kriminelle, die Bargeld erbeuten wollen.
Achilles: Das ist einer der Gründe. Was die Sprengprävention betrifft, bleibt uns manchmal gar nichts anderes übrig. Wenn die Geldautomaten einem erhöhten Kriminalitätsrisiko ausgesetzt sind und Unbeteiligte bei möglichen Sprengungen gefährdet würden, müssen die Automaten abgebaut werden.
Wie sind denn Geldautomaten derzeit gesichert?
Achilles: Es gibt viele Sicherheitsmaßnahmen, die parallel im Einsatz sind. Sehr effizient sind Techniken, welche die Vorräume vernebeln. Zudem werden immer mehr KI-gestützte Systeme eingesetzt. Dann erkennt eine Kamera, wenn man sich mit bestimmten Gegenständen nähert und setzt automatisch einen Notruf ab. Das verhindert nicht die Sprengung, alarmiert aber die Polizei früher. Zusätzlich wird vielerorts eine Einfärbetechnik eingesetzt, die Geldscheine bei der Explosion unbrauchbar macht. Aber auch das hat die Täter bislang nicht ausreichend abgeschreckt.
Die Täter rüsten parallel ebenfalls auf.
Achilles: Wird die Panzerung der Automaten verstärkt, greifen die Kriminellen zu noch heftigeren Sprengstoffen. Das kann gefährlich werden, wenn sich etwa Wohnungen über einer Bankfiliale befinden. Für jeden einzelnen Geldautomaten in Deutschland machen wir deshalb eine individuelle Gefährdungsanalyse. Wir prüfen, ob er besser gesichert werden kann und welche Maßnahmen zielführend sind. Denn ein Geldautomat muss am Ende ja auch noch zugänglich sein, den kann ich nicht im Tresorraum wegschließen. Aber das Abbauen ist die Ultima Ratio.

Andere Länder setzen auf eine Verklebetechnik, bei der das Bargeld im Fall der Sprengung verklebt wird. Warum nutzen wir dieses System nicht hierzulande?
Achilles: Wir brauchen Zertifizierungen und Zulassungen für die Verklebetechnik in Deutschland. Stand jetzt gibt es die nicht. Das Ganze ist auch unter Arbeitsschutz-Aspekten nicht ungefährlich. Schließlich funktionieren diese Sicherungsmaßnahmen mit Chemikalien, und die Filialmitarbeiter sind keine ausgebildeten Chemiker. Außerdem: Kommt es zu einer Sprengung und das Bargeld wird automatisch verklebt und dadurch unbrauchbar gemacht, dann muss es bei der Bundesbank umgetauscht werden können.
Dass die Verklebetechnik helfen kann, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Woran scheitert es denn?
Achilles: Stand jetzt kann das System in Deutschland nicht eingesetzt werden. Ich will aber gar nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Es gibt in Sachen Verklebetechnik noch viele offene Fragen. Deshalb verstehe ich auch den Vorstoß einiger weniger Politiker nicht, die öffentlich behaupten, einzig die Verklebetechnik sei die Lösung und die Finanzinstitute würden nicht genug für die Sicherheit tun. Denn die Rahmenbedingungen haben alle gemeinsam besprochen und müssen alle gemeinsam tragen.
Die Niederlande haben das Problem der Geldautomaten-Sprengung gut in den Griff bekommen.
Achilles: Das liegt aber weniger an Maßnahmen wie der Verklebetechnik. Dort gibt es weit weniger Geldautomaten also bei uns, die zudem nachts kaum zugänglich sind. Das kann man natürlich machen, will hier aber hoffentlich niemand. Es wird erwartet, dass man vielerorts auch nachts Bargeld abheben kann.
Die Deutschen lieben ihr Bargeld. Haben wir deshalb viel zu viele Geldautomaten?
Achilles: Wir bieten unseren Kunden alle Bezahlverfahren an: Kontaktlose Karten, Smartphone-Integrationen, Debitkarte, Kreditkarte. Aber viele Menschen in Deutschland wollen weiterhin Bargeld nutzen. Das sind hierzulande signifikant mehr als in den Niederlanden oder den nordischen Ländern. Und wir handeln kundenorientiert. Wir wollen unsere Kunden nicht belehren, sondern sind Dienstleister.
Würden sich morgen alle Kunden gegen Bargeld entscheiden, würden Sie die Automaten also abbauen?
Achilles: Dort, wo sie von unseren Kundinnen und Kunden nicht mehr benötigt werden, ja. Stand heute ist es aber so, dass die Deutschen Bargeld umfassend nutzen wollen. Das geht zwar schrittweise zurück, der Anteil ist aber immer noch beachtlich.
Um das Problem der gesprengten Automaten zu lösen, müssen alle zusammenarbeiten – Polizei, Banken, Sparkassen, Bundesbank, Versicherungen. Das ist in der Abstimmung vermutlich sehr kompliziert?
Achilles: Nein, gar nicht. Es gab im vergangenen Jahr einen Runden Tisch, der vom Bundesinnenministerium einberufen wurde. In dieser Runde wurden gute, zielführende Maßnahmen vereinbart, die nun von der deutschen Kreditwirtschaft mit erheblichem finanziellem Aufwand umgesetzt werden. Die Aufrüstung der Geldautomaten ist sehr teuer. Bei den Gefährdungsanalysen für die Geldautomaten gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit mit den jeweiligen Polizeibehörden. Deshalb sollte niemand mit dem Finger auf die Kreditwirtschaft zeigen, wenn wir lediglich die vereinbarten Maßnahmen umsetzen. Wir erwarten, dass auch die unpopulären Dinge gemeinsam getragen werden. Wenn jeder seinen Beitrag leistet, werden wir das Problem auch eindämmen können.
Über den Interviewten:
Christian Achilles ist Co-Leiter Newsroom der Sparkassen-Finanzgruppe und Direktor Kommunikation und Medien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) Berlin



