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Schock bei den US-Verbraucherpreisen Sprung im Preisniveau, aber keine dauerhaft erhöhte Inflation

Neues (Gebraucht-)Auto und für die Kinder Süßigkeiten
Neues (Gebraucht-)Auto und für die Kinder Süßigkeiten: Die Gebrauchtwagenverkäufe in den USA wirken derzeit als Preistreiber. | Foto: imago images / ZUMA Wire
Allison Boxer, Pimco

Der US-Kernverbraucherpreisindex (CPI) übertraf im April die Markterwartungen aufgrund eines massiven Anstiegs der Preise für Gebrauchtwagen und Flugtickets deutlich. Die Preise für eine ganze Reihe von Konsumgütern zogen ebenfalls kräftig an. Dies reichte aus, um den Kern-CPI im Jahresvergleich um 3 Prozent steigen zu lassen – der stärkste Zuwachs seit Mitte der 1990er-Jahre.

Der rasante Anstieg der Verbraucherpreis-Daten für April erwischte die Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß. Wir aber stufen die Entwicklung weiterhin lediglich als eine Anpassung des Preisniveaus ein. Die Preiserhöhungen konzentrieren sich größtenteils auf Sektoren, die durch die vom Konjunkturprogramm geförderte Nachfrage unterstützt werden und von der daraus folgenden Halbleiterknappheit betroffen sind, die hier zu Versorgungsengpässen führt. Wir gehen daher weiterhin davon aus, dass sich die Inflation in der zweiten Jahreshälfte normalisieren wird.

Tiffany Wilding, Pimco

Die jüngsten Verbraucherpreis-Daten dürften jedoch zu Diskussionen im Offenmarktausschuss der US-Notenbank führen: Wird sich der Preisdruck letztlich wirklich als vorübergehend erweisen? Einige Marktteilnehmer bezweifeln das. Wir teilen hingegen die offizielle Ansicht der Federal Reserve, dass dies der Fall sein wird. Gleichermaßen erwarten wir, dass die Fed wie geplant ihre ersten Zinserhöhungen im Jahr 2023 vornimmt.

Welche Güter und Dienstleistungen befeuerten im April die Preise?

Vorrangig drei Faktoren führten zu dem lebhaften Anstieg der April-Verbraucherpreise: Zum einen steigende Gebrauchtwagenpreise aufgrund der Halbleiterknappheit, die das Neuwagenangebot verknappte. Zum anderen eine zunehmende Normalisierung der Preise im Bereich Reise und Tourismus. Und drittens eine Festigung der Preise für Kerngüter (worunter der Güter-VPI ohne Lebensmittel und Energie verstanden wird) angesichts der vom US-Konjunkturprogramm gestärkten Nachfrage.

Im vergangenen Jahr war der Bedarf an Autos aufgrund der fiskalischen Anreize, der niedrigen Zinsen sowie der Infektionsrisiken im eingeschränkten öffentlichen Verkehr sehr hoch. In jüngster Zeit traf diese starke Nachfrage auf eine ausgeprägte Halbleiterknappheit, die die Produktion hemmte, das Neuwagenangebot begrenzte und folglich die Preise trieb. Infolgedessen überträgt sich der durch niedrige Lagerbestände verstärkte Preisdruck derzeit auf die Gebrauchtwagenpreise, die im April um 10 Prozent stiegen und damit 30 Basispunkte zum Anstieg des Verbraucherpreisindex beitrugen. In der zweiten Jahreshälfte, wenn sich die Engpässe auflösen und die Verbraucher einen Teil ihrer Käufe von langlebigen Gütern getätigt haben, sollte sich auch der Preisauftrieb bei Autos wieder normalisieren.

Reisedienstleistungen, von den Pandemiefolgen schwer in Mitleidenschaft gezogen, verzeichneten im April ebenfalls rasche Preisanpassungen nach oben: Sowohl die Flugpreise (+10,2 Prozent im Vormonatsvergleich) als auch die Hotelpreise (+8,8 Prozent) stiegen stärker als erwartet. Wir rechnen auch hier mit einer weiteren Normalisierung, da sich die Wirtschaft kontinuierlich erholt. Zu beachten ist, dass Reisedienstleistungen wie Flugtickets und Hotels weniger als 2 Prozent des VPI-Warenkorbs ausmachen. Auch wenn eine starke Erholung in diesen Sektoren die Preise weiter stützen wird, ist ihr Anteil am Warenkorb nicht groß genug, um die Gesamtinflation in den USA entscheidend zu beeinflussen.

Andere Kerngüterpreise zeigten sich zuletzt ebenfalls fest, nachdem die Ausgaben für Einzelhandelsgüter im März stark anstiegen: Die Steuernachlässe haben die Nachfrage der Verbraucher angekurbelt und den Einzelhändlern mehr Preissetzungsmacht gegeben. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass die US-Amerikaner nochmals mit Steuererleichterungen beglückt werden, so dass der April wahrscheinlich den Höhepunkt der monatlichen Inflationszahlen darstellt.

Abgesehen von den genannten drei Faktoren waren die zugrunde liegenden Inflationstrends eher moderat. Auch die Mieten und das entsprechende Äquivalent für Eigentümer (Owners Equivalent Rent, OER) veränderten sich im April kaum.

Wie sehen die Auswirkungen auf die Geldpolitik aus?

Unserer Ansicht nach befinden sich die USA derzeit in einer mehrmonatigen Anpassung des Preisniveaus, bei der sich der höhere Inflationsdruck als vorübergehend erweisen wird. Infolgedessen rechnen wir mit einer geduldigen US-Notenbank. Die Fed wird eine Schlüsselfrage im Blick behalten: Ist der jüngste temporäre Preissprung aussagekräftig genug, um die Inflationserwartungen nachhaltig zu erhöhen und somit zu einer hartnäckigen Preisteuerung zu führen? In der jetzigen Marktlage erwarten wir nicht, dass die Fed-Verantwortlichen auf einen Monat mit volatilen Beschäftigungs- und Inflationsdaten überreagieren – zunächst werden sie sich die weiteren Zahlen genau ansehen, dann überlegen und dann handeln.

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