Auf den ersten Blick fallen die Renditen einjähriger Staatsanleihen weltweit mit etwa 2 Prozent sehr ähnlich aus. Nach Abzug der Inflation werden allerdings große Unterschiede sichtbar. Das zeigt eine Analyse von HQ Trust, für die Kapitalmarktanalyst Pascal Kielkopf die einjährigen Staatsanleiherenditen und die Inflationsraten ausgewählter Länder gegenübergestellt hat. Insgesamt hat Kielkopf auf diese Weise die realen Renditen für Zinspapiere von 33 Staaten aus Industrie- und Schwellenländern errechnet.

Die Homogenität auf den ersten Blick täusche, kommentiert der Kapitalmarktanalyst das Ergebnis: „Die realen Renditen unterscheiden sich teils erheblich, weil die Inflationsraten deutlich variieren.“ Ein Beispiel: Einjährige Staatsanleihen von Finnland und den Niederlanden bieten Nominalrenditen von 2,1 Prozent. In Finnland liegt die Inflationsrate bei nur 0,4 Prozent, die Realrendite beträgt damit +1,7 Prozent. In den Niederlanden ist die Inflation mit 3,3 Prozent dagegen deutlich höher und die Realrendite fällt mit -1,2 Prozent negativ aus.

 

„Diese Unterschiede zeigen die Herausforderung der EZB: Sie betreibt Geldpolitik mit einem einheitlichen Leitzins für 20 Staaten mit teils stark abweichenden Inflationsraten“, sagt Kielkopf. Die Niederlande rangieren damit am unteren Ende – nur in Japan ist die Realrendite mit -3 Prozent noch niedriger. „Lange galt Japan als Land mit chronisch niedriger Inflation – doch das hat sich zuletzt geändert. Die Bank of Japan steht daher wohl erst am Anfang eines geldpolitischen Anpassungsprozesses“, ordnet der Analyst ein.

Schwellenländer bieten die höchsten Realzinsen – allerdings mit Risiken

Besonders hoch fallen die Realrenditen dagegen in Schwellenländern wie Brasilien, Südafrika, Indonesien oder Mexiko aus. „Trotz höherer Inflation bleiben dort oft positive Realrenditen erhalten“, erklärt Kielkopf. Brasilien führt das Ranking mit 9,5 Prozent an. Der Grund: Anleger erwarten in Ländern mit strukturell höherer Inflation und Währungsvolatilität eine stärkere Kompensation für ihr Risiko. „Positive Realzinsen sind in solchen Märkten notwendig, um Vertrauen in Währung und Schuldentragfähigkeit zu erhalten.“

© HQ Trust

Wer in internationale Anleihen investieren will, sollte diese Risiken im Hinterkopf haben, empfiehlt der Kapitalmarktanalyst: „Hohe Realrenditen bedeuten nicht automatisch attraktive Investments.“ Gerade in Schwellenländern seien damit oft höhere Risiken verbunden – etwa durch Bonität, politische Unsicherheit oder Währungsvolatilität.

„Da Fremdwährungsrisiken die Performance erheblich beeinflussen können, sollte diese bei internationalen Anleiheinvestments stets abgesichert werden“, meint Kielkopf. Anlegern empfiehlt er eine breit gestreute globale Anleihestrategie – „idealerweise über Fonds oder ETFs, die eine Absicherung der Fremdwährungsrisiken vornehmen.“ So lasse sich das Risiko gezielt diversifizieren, ohne sich von einzelnen Märkten oder Inflationsentwicklungen abhängig zu machen.