Volkswirt Thorsten Polleit
Staatsschulden: Eine Münze soll die USA retten
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel. Foto: Degussa Goldhandel
In den USA kursiert schon länger die Idee, eine Platinmünze mit einem Nennwert von einer Billion US-Dollar zu prägen, um den drohenden Zahlungsausfall des Staates abzuwenden. Hier erklärt Thorsten Polleit von Degussa Goldhandel, welche Folgen die Ausgabe der Münze für die Wirtschaft hätte.
Solange die Zwischenschaltung des Kreditmarktes erforderlich ist, damit der Staat an neues Geld gelangt, ist immer auch die Gefahr latent, dass Investoren ihr Vertrauen in den Staatskredit verlieren. Um das zu verhindern, halten nicht nur in den USA, sondern in allen großen Währungsräumen die staatlichen Zentralbanken die Zinsen künstlich tief, damit den Staaten ihre Kreditkosten nicht davonlaufen. Dazu senken die Geldbehörden die Kurzfristzinsen und damit auch die Langfristzinsen im Zeitablauf immer weiter ab, und/oder sie kaufen Staatsanleihen auf, so dass deren Kurse steigen und Renditen fallen.
Banken verdienen prächtig
Gleichzeitig wird der Schein...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Solange die Zwischenschaltung des Kreditmarktes erforderlich ist, damit der Staat an neues Geld gelangt, ist immer auch die Gefahr latent, dass Investoren ihr Vertrauen in den Staatskredit verlieren. Um das zu verhindern, halten nicht nur in den USA, sondern in allen großen Währungsräumen die staatlichen Zentralbanken die Zinsen künstlich tief, damit den Staaten ihre Kreditkosten nicht davonlaufen. Dazu senken die Geldbehörden die Kurzfristzinsen und damit auch die Langfristzinsen im Zeitablauf immer weiter ab, und/oder sie kaufen Staatsanleihen auf, so dass deren Kurse steigen und Renditen fallen.
Banken verdienen prächtig
Gleichzeitig wird der Schein gewahrt, die Staaten unterstünden der Disziplin der Märkte, der rigorosen Kreditbeurteilung privater Anleger. Und das Banken- und Finanzsystem reibt sich die Hände: Man verdient prächtig daran, immer neue Staatsanleihen zu platzieren, sie zu handeln, sie an Investoren und Zentralbanken zu verkaufen.
Wenn die US-Zentralbank jedoch fortan neues Geld „einfach so“ erzeugt, also etwa durch die Monetisierung einer Münze (zu einem Mondpreis), und zwar immer dann, wenn es aus tagespolitischer Sicht genehm ist, dann kann zwar der „lästige“ Kreditmarkt umgangen werden (was „Wall Street“ natürlich gar nicht gut finden würde).
Doch das folgende Problem entsteht dadurch: Die Zentralbank muss – solange nicht alle Staatsschulden getilgt sind beziehungsweise neue ausgegeben werden – weiter Staatsanleihen kaufen, um die Zinsen niedrig zu halten. Das führt zu einer Ausweitung der Geldmenge. Zusammen mit der Münzmonetisierung würde das Ganze hochgradig inflationär, würde absehbar die Kaufkraft des Geldes noch stärker absenken.
Ist es da tröstlich, dass US-Finanzministerin Yellen verlauten ließ, die Ausgabe einer US-Dollar-Platinmünze mit einem Nennwert von einer Billion (englisch: Trillion) sei nur eine „lustige Zugabe“ (ein „Gimmick“), eine Idee, die man nicht weiterverfolgen sollte?
Ungedecktes Geldsystem: Das eigentliche Problem liegt in der Akzeptanz
Nein, denn das eigentliche Problem ist nicht die Frage, mit welchen besonderen Tricks sich die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausweiten lässt, sondern die allgemeine Akzeptanz des ungedeckten Geldsystems. Mit seiner unablässigen Geldmengenvermehrung ist es in höchstem Maße „sozial“ ungerecht, ebnet den Weg zum allmächtigen Staat, manövriert die Volkswirtschaften in eine Überschuldungssituation, in der irgendwann – weil die finanzielle Bedrängnis so groß geworden ist – das hemmungslose Ausweiten der Geldmenge von Regierenden und Regierten als die Politik des vergleichbar kleinsten Übels angesehen wird.
Die Idee, eine Ein-Billionen US-Dollar-Platinmünze auszugeben, entspringt eben dieser Geisteshaltung, die sich als Inflationismus im fortgeschrittenen Stadium bezeichnen lässt. Es geht den Inflationisten nicht nur darum, die Geldmenge nach Belieben und vor allem immer weiter auszudehnen, um das Gewünschte – was es auch sei – zu finanzieren. Ihnen ist auch kein Vorschlag zu regellos, zu absurd, um das Ausweiten der Geldmenge zu (schein-)legitimieren.
In ihrem Windschatten segeln die radikalen Umstürzler, die wissen, dass die Geldwertzerstörung Kräfte erzeugt, die die freie Wirtschaft und Gesellschaft (beziehungsweise was von ihr noch übrig ist) hinwegfegen und – durch die wirtschaftliche und moralische Zerstörung, die die Inflation bewirkt – sehr wahrscheinlich so etwas wie eine sozialistische Tyrannei herbeiführen. Den Vorschlag, eine Ein-Billionen US-Dollar-Platinmünze auszugeben, sollte man daher als Menetekel interpretieren.
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