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Starfondsmanager Olgerd Eichler im Interview „Die meisten Wachstumstitel sind längst zu teuer“

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Der Mainfirst Top European Ideas schneidet in Bullenmärkten deutlich besser, in Schwächephasen aber auch schlechter als Indexniveau und Vergleichsgruppe ab. Woran liegt das?

Eichler: In den letzten beiden Jahren haben wir ein großes Auseinanderlaufen von groß- gegenüber klein- und mittelgroßkapitalisierten Unternehmen gesehen. Bis Sommer 2019 verzeichneten die Ersteren – also die sogenannten Large und Mega Caps – einen immensen Zulauf, auch getrieben von passiv angelegten Geldern. Insbesondere defensive Schwergewichte aus den Bereichen der Getränke- & Nahrungsmittelhersteller sowie der nicht-zyklischen Konsumgüter schoben den Index auf der Suche nach Sicherheit und stabilen Dividenden als Zinsersatz nach oben. Banken bildeten das Schlusslicht im Index. Ein großer Teil unserer Portfoliounternehmen ist den schlechter gelaufenen Nebenwerten sowie Finanzwerten zuzuordnen. Dennoch stemmten sich die meisten unserer Titel dank konservativen Managements und solider Bilanzen gegen dieses negative Sentiment.

Ende vergangenen Jahres folgte dann wieder ein Stimmungswechsel?

Eichler: Ja, die Entwicklung im letzten Drittel des vergangenen Jahres zeigte sich genau umgekehrt. Im Jahresverlauf 2019 erlebten wir eine Zäsur in der Sektorenentwicklung. Der Bankensektor holte knapp 20 Prozent in vier Monaten auf, während die defensiven Titel ganz hinten rangierten. Die Rezessionsszenarien vom Jahresbeginn 2019 bewahrheiteten sich nicht. Aktien aus dem konjunktursensiblen Baugewerbe entpuppten sich als die überraschenden Gewinner des Jahres. Die Zinsen stoppten ihre Talfahrt und Anleger interessierten sich wieder vermehrt für aussichtsreichere, günstig bewertete Titel aus dem Universum der klein- bis mittelgroß kapitalisierten Unternehmen. Dem Mainfirst Top European Ideas gelang es, durch eine gute Aktienselektion in den Mid Caps das fehlende Gewicht in den gut gelaufenen Large Caps zu kompensieren.

Wird Europa in der technologischen Entwicklung von den USA und China abgehängt? Welche aussichtsreichen Tech-Unternehmen sehen Sie in Europa?

Eichler: Die USA sind uns Europäern schon lange technologisch überlegen. Viele der heutigen Schlüsseltechnologien wurden in den USA entwickelt. Dementsprechend verfügen diese auch über die Macht und das Know-how, das hinter diesen Plattformen steckt. In China ist der Fall noch extremer. Dort werden Monopole in der IT nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. In Europa gibt es hingegen nur wenige Unternehmen, die mit diesen Riesen mithalten können. Dagegen zeichnet Europa und speziell Deutschland eine ganz andere Eigenschaft aus: Hier findet man die meisten Marktführer in einzelnen Nischen. Aufgrund einer langfristigen Unternehmensausrichtung und hoher Ausgaben für Forschung und Entwicklung sichern sie sich regelmäßig ihren technologischen Vorsprung. Hier fallen mir Unternehmen wie der CAD-Software-Anbieter Mensch und Maschine oder der Spezialist für Arbeitszeitmanagement Atoss Software ein.

Europas Politik will nachhaltig werden. Was heißt das für Ihre Anlagestrategie?

Eichler: Aus den sich verändernden Rahmenbedingungen ergeben sich für uns zwei Aspekte. Zum einen integrieren wir ESG-Kriterien in unseren Investmentprozess, indem wir in der Analyse der Einzelunternehmen die Bewertungen eines prominenten Anbieters bezüglich potenzieller Chancen und Risiken berücksichtigen. Zum anderen müssen wir natürlich die Auswirkungen dieser sich verändernden Rahmenbedingungen auf die Unternehmen berücksichtigen. Aber gerade unsere familiengeführten Hidden Champions sehen wir dahingehend sehr gut gerüstet, da sie per Definition eine langfristige Unternehmensstrategie verfolgen, oftmals hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung tätigen, sehr gute Marktpositionen haben und sich durch attraktive Wachstumsmöglichkeiten auszeichnen.

 

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