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Steigende Meeresspiegel, CO2-Steuern und mehr Diese Klimarisiken sollten Anleger in ihren Portfolios im Blick haben

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Geschäftsbericht gibt Aufschluss

Um die Größenordnung zu ermitteln, wie sich diese Risiken und Chancen auf einzelne Emittenten auswirken könnten, kann es hilfreich sein, in Finanzberichten nach Hinweisen zu suchen. Betrachten wir zunächst die physikalischen Risiken: Ein Orkan kann Industrieanlagen beschädigen und die Kapitalkosten erhöhen, weil Unternehmen kostspielige Reparaturen bezahlen oder Anlagen ersetzen müssen. Unterbrochene Lieferketten können zudem Betriebskosten erhöhen, während Hitze die Produktivität verringern und interne und ausgelagerte Arbeitskräfte verteuern kann.

Es erfordert Detektivarbeit, Übergangsrisiken in Finanzberichten aufzuspüren. Anleger können die CO2-Bilanz von Emittenten und die Kosten dieser Emissionen analysieren. Dazu gehören sowohl die direkten Emissionen aus Quellen, die einem Unternehmen gehören oder von diesem kontrolliert werden, als auch die indirekten Emissionen aus eingekauften Energiequellen sowie alle sonstigen Emissionen in der Wertschöpfungskette des betreffenden Unternehmens. Aber: Nur sehr wenige Unternehmen veröffentlichen Emissionen aus der Wertschöpfungskette.

Die Gewinn- und Verlustrechnung ist ein wichtiges Element, wenn man die Emissionen eines Unternehmens verstehen will. Wo aber findet man dort Angaben dazu? Wie könnte sich eine Änderung der CO2-Preise auf diese Emissionen auswirken? Gibt es unterschiedliche Elastizitäten oder Substitutionen für unterschiedliche Arten von Emissionen? Oder anders ausgedrückt: Welcher Teil der CO2-Kosten kann weitergegeben werden, und wie wirkt sich dies aus? Wie viel davon kann ersetzt werden und zu welchem Preis? Oder werden diese Kosten einfach vom Emittenten getragen?

Auswirkungen auf die Finanzdaten von Emittenten

Mehrere Beispiele veranschaulichen die große Bandbreite von Auswirkungen auf die Finanzdaten von Emittenten. Ändern sich etwa die Konsumgewohnheiten, kann sich die Nachfrage nach bestimmten Produkten verschieben. Die Nutztierhaltung hat eine sehr schlechte CO2-Bilanz. Die nicht ausgewiesenen Emissionen fleischverarbeitender Unternehmen sind um ein Vielfaches höher als die ausgewiesenen. Wenden sich Verbraucher von Nahrungsmitteln mit schlechter CO2-Bilanz ab und die Kosten steigen, können die Umsatzerlöse unter Druck geraten. Die Nachfrage kann sich aber auch von bestimmten tierischen Eiweißarten zu anderen verschieben, beispielsweise von besonders klimaschädlichem Rindfleisch zu weniger klimaschädlichem Hühnerfleisch.

Auf der positiven Seite bei den Umsatzerlösen stehen Emittenten, die zu den relativen Gewinnern der Anpassung an den Klimawandel und der Abfederung seiner Folgen gehören. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die effizientere Technologien anbieten – seien es Elektrofahrzeuge, Biokraftstoffe, bessere Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen, intelligente Stromverteilungsnetze oder Windenergie. Auf der Kostenseite der Einkommensgleichung könnten die bereits erwähnten Unternehmen aus der Fleischindustrie stehen. Sie könnten sich mit steigenden Preisen für Getreide, das wichtigste Futtermittel für Nutzvieh, konfrontiert sehen, Denn mit dem Fortschreiten des Klimawandels kommt es öfter zu Ernteeinbußen. Die Folge sind höhere Betriebskosten, die nicht alle Emittenten an ihre Endkunden weitergeben können.

Es gibt keine allgemeingültige und dauerhafte Antwort auf die Risiken und Chancen, die der Klimawandel für die Wirtschaft mit sich bringt. Wie Menschen und physikalische Systeme reagieren, lässt sich nicht vorhersagen, beeinflusst aber sowohl das Klima als auch die Rahmenbedingungen für Kapitalanlagen. Dabei kann es schon helfen, wenn man weiß, in welche Richtung sich Risikofaktoren verändern – vor allem im Vergleich zu passivem Investieren.

Anleger sollten zudem mit Klimaexperten zusammenarbeiten. So können sie besser verstehen, wie die Klimaforschung zur Investmentanalyse beitragen kann. Wir alle müssen immer weiter lernen und uns verbessern – und auf bessere Ergebnisse hinarbeiten.

Über die Autorin:
Sharon Fay leitet und überwacht die nachhaltigen Anlagestrategien von Alliance Bernstein.

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