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Globaler Konjunkturaufschwung Steigende US-Renditen könnten der Eurozone zusetzen

Nochmals nach 2012 könnte der Euro im Feuer stehen
Nochmals nach 2012 könnte der Euro im Feuer stehen: Eine Phase ernsthafter Turbulenzen bei den Staatsschulden-Spreads in der Eurozone ist ein Extremrisiko, das Anleger im Blick behalten sollten. | Foto: imago images / Kirchner-Media
Sonal Desai, Franklin Templeton

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat ein weiteres Investitionspaket in Höhe von 2,3 Billionen US-Dollar geschnürt, das dem kürzlich beschlossenen Konjunkturprogramm in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar folgt – dem wiederum ein Ausgabenplan in Höhe von rund 3 Billionen US-Dollar im Jahr 2020 vorausgegangen war. Die Zahlen zeigen ein außerordentliches Maß an Konjunkturförderung für eine Volkswirtschaft, die sich, nicht zuletzt dank einer äußerst lockeren Geldpolitik, bereits mit Macht zurückmeldet.

Die US-Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur könnten allerdings des Guten zu viel sein. Sie dürften die Inflation stärker antreiben als derzeit von der US-Notenbank Fed erwartet. Die Maßnahmen der europäischen Politik verblassen im Vergleich dazu. Der europäische Aufbauplan, bei dem 750 Milliarden Euro fast gleichmäßig auf Kredite und Zuschüsse verteilt sind, stellt zwar einen wichtigen Schritt in Richtung eines regionalen fiskalpolitischen Anreizes dar. Er fällt jedoch erheblich bescheidener aus als sein Gegenstück in den USA und wurde vor seinem Zustandekommen unter den Mitgliedsstaaten des Euroraums sehr kontrovers diskutiert.

Zu allem Überfluss hat nun auch noch das deutsche Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit dieses staatlichen Hilfsprogramms in Frage gestellt. Das höchste Gericht Deutschlands führt nicht zum ersten Mal als Argument an, dass wichtige gemeinsame politische Programme der Eurozone nicht mit den Gesetzen ihres stärksten Mitgliedslandes vereinbar seien. Die Einwände des Gerichts werden wahrscheinlich wieder einmal überwunden werden, doch sie werden weiterhin die Zweifel der Märkte an der wirtschaftspolitischen Stärke und Einigkeit der Eurozone schüren.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Finanzmärkten weit weniger deutlich und entschieden als die US-Notenbank signalisiert, dass sie auf absehbare Zeit einen sehr unterstützenden geldpolitischen Kurs beibehalten wird. Auch hier spielen interne Differenzen im EZB-Rat eine Rolle, und sie könnten das Vertrauen der Märkte untergraben.

US-Impfkampagne hängt die Eurozone ab

Ebenso wie die wirtschaftspolitische Reaktion erweisen sich auch die Impfanstrengungen der USA als wesentlich entschlossener und effektiver als die der Eurozone. In den Vereinigten Staaten haben laut Daten des staatlichen Center for Disease Control (CDC) 46 Prozent der Bürger ihre erste Impfung erhalten, das sind mehr als 58 Prozent der über 18-Jährigen. 35 Prozent sind komplett geimpft. Zum Vergleich: In Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) insgesamt 35,9 Prozent, beziehungsweise 29,8 Millionen Deutsche mindestens einmal geimpft worden. 10,6 Prozent (8,8 Millionen) sind vollständig geimpft.

Das Hin und Her bei den Impfstoffbestellungen in der Eurozone sorgte für Unsicherheiten. Die Folge: Während die US-Bundesstaaten eine Wiedereröffnung ihrer Wirtschaft in den Blick nehmen, mussten die EU-Länder ihre Lockdown-Maßnahmen noch einmal verschärfen, um eine weitere Ansteckungswelle in den Griff zu bekommen. Die Erholung der EU verläuft daraufhin unweigerlich gebremst. Unterstrichen wird die Verzögerung in der Eurozone auch durch die Fortschritte im Vereinigten Königreich; dort wurde ein Drittel aller Erwachsenen vollständig gegen Covid-19 geimpft, zudem wurden 35,4 Millionen Menschen erstgeimpft. Angesichts des guten Vorankommens der britischen Impfkampagne beginnt in Großbritannien nun die Aufhebung der Beschränkungen.

Inflationsanstieg im Euroraum dürfte moderat bleiben…

Diese Unterschiede haben wichtige Konsequenzen für Anlagestrategien und Risikobewertungen. Kurzfristig sehe ich aufgrund der verzögerten und weniger dynamischen Erholung geringeren Spielraum für einen Inflationsanstieg im Euroraum; der Auftrieb für die Anleiherenditen aus den heimischen Märkten wird daher schwächer ausfallen. Aus all diesen Gründen sind europäische Anleihen mit einem weniger hohen Durationsrisiko belastet als US-Anleihen und daher marginal attraktiver. Die langsamere Normalisierung legt auch eine vorsichtige Herangehensweise bei europäischen Hochzins-Unternehmensanleihesektoren nahe, die den Corona-Restriktionen unmittelbarer ausgesetzt sind.

…aber es besteht ein Extremrisiko

Die weniger überzeugende Haltung der EZB weist indes auf ein wichtiges Extremrisiko hin. Die Renditen der Eurozone werden die Anziehungskraft der Renditen von US-Staatsanleihen zu spüren bekommen, insbesondere wenn letztere aufgrund einer stärker als erwarteten Erholung in den USA weiter steigen. Dies könnte die Sorgen um höher verschuldete Peripherieländer (wie Italien) wieder wecken und dazu führen, dass sich die Spreads zwischen deren Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen ausweiten.

In den schlechten alten Zeiten der Schuldenkrise in der Eurozone hat sich der damalige EZB-Präsident Mario Draghi als die perfekte Person erwiesen, um die Herausforderung frontal anzugehen. Als versierter Wirtschaftswissenschaftler verfügte Draghi sowohl über das Fachwissen als auch über die Entschlossenheit, die EZB zu einer sehr energischen Haltung zu drängen, die sich in der berühmten „Whatever it takes“-Rede herauskristallisierte. Die derzeitige EZB-Präsidentin Christine Lagarde hingegen scheint viel mehr auf Konsensbildung bedacht zu sein und verfügt nicht über den wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund ihres Vorgängers; in beiderlei Hinsicht wurden die Unterschiede in jüngsten Pressekonferenzen deutlich.

Einer wenig überzeugenden und stärker gespaltenen EZB könnte es schwerfallen, entstehende Bedenken der Marktteilnehmer zu zerstreuen. Ich erwarte nicht, dass die Dinge so nervenaufreibend werden wie 2012 – aber eine Phase ernsthafter Turbulenzen bei den Spreads der Staatsschulden in der Eurozone ist ein Extremrisiko, das man im Blick behalten sollte.

Globale Konjunkturbelebung zieht Schwellenländer mit

Eine stärkere Erholung in den USA verheißt Gutes für die Schwellenländer. Insbesondere in Kombination mit dem anhaltenden Aufschwung in China und der Tatsache, dass Asien, abgesehen von Indien, insgesamt erhebliche Fortschritte bei der Infektionseindämmung und der Schaffung der Voraussetzungen für eine Normalisierung erzielt hat.

Der Anstieg der Rohstoffpreise, in den die durch die Coronavirus-Krise ausgelösten kurzfristigen Versorgungsengpässe hineinspielen, zeigt, dass sich die Aussichten für die Weltwirtschaft aufhellen. Aus Anlageperspektive sind jedoch die verbesserten makroökonomischen Aussichten für Schwellenländer gegen die potenzielle Belastung durch höhere Renditen für US-Staatsanleihen abzuwägen. In der Tat hatten sowohl Schwellenländeranleihen in Hart- und auch Lokalwährungen einen schwierigen Start ins Jahr 2021, da das Szenario der Reflation die als Benchmark angesetzten US-Renditen nach oben trieb. Daher ist Differenzierung und Titelauswahl das Gebot der Stunde.

Schwellenländer sowie Unternehmen, die optimal aufgestellt sind, um von einer Belebung des Welthandels zu profitieren, und die auf der Finanzierungsseite einem geringen Währungsrisiko ausgesetzt sind, dürften sich unserer Meinung nach als die beste Option erweisen. Die sorgfältige Titelauswahl ist jedoch entscheidend – und eine erfolgreiche Anlagestrategie wird noch mehr harte Arbeit erfordern als in anderen Marktphasen.

Wichtige rechtliche Hinweise:

Diese Unterlagen sollen ausschließlich allgemeinem Interesse dienen und sind nicht als persönliche Anlageberatung oder Empfehlung oder Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers oder zur Übernahme einer Anlagestrategie zu verstehen. Sie stellen auch keine Rechts- oder Steuerberatung dar.

Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen, Aussagen und Analysen geben die aktuelle Einschätzung zum Erscheinungsdatum (oder in einigen Fällen zu einem bestimmten Datum) wieder und können sich jederzeit ohne Vorankündigung ändern. Die vorliegenden Informationen stellen keine vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region oder einen Markt dar.

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