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Nachhaltige Investments Steigt die Gefahr einer grünen Blase?

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Engagement: Abstimmen, diskutieren und im Extremfall verkaufen

Neben der gezielten Aktienauswahl für ihre Portfolios, sollten Fondsgesellschaften aber auch von ihrem nicht unerheblichen Einfluss Gebrauch machen und durch einen konstruktiven Dialog mit den Unternehmen Verbesserungen anregen. So ist die Wahrnehmung des Stimmrechts eine der wichtigsten und zentralen Aufgaben eines Anteilseigners. Denn nur durch seine Stimmabgabe auf der Hauptversammlung kann ein Anleger ein starkes Signal an die Unternehmensführung senden oder sogar eine Änderung der Strategie herbeiführen.

Die Aufgabe von langfristig orientierten Aktionären besteht auch darin, die Unternehmen im Dialog dabei zu unterstützen, sich in Umweltfragen besser zu positionieren. Dabei geht es nicht um einen moralischen Zeigefinger, sondern einen langfristig angelegten, konstruktiven Dialog, um Bewusstsein zu schaffen und Verhaltensweisen langfristig zu ändern.

Beispielsweise begann Inner Mongolia Yili, der führende Hersteller von Molkereiprodukten in China, im Jahr 2016 mit einer Strategie zur Reduktion seines CO2-Fußabdrucks, nachdem wir als langfristiger Anteilseigner und im ständigen Austausch mit dem Unternehmen stehend einen Best-Practice-Vergleich mit dem Wettbewerber Nestlé im Bereich des Umweltschutzes initiiert hatten. Das Unternehmen hat bereits 2016 seinen ersten Sustainability Report erstellt, 2017 die UN-Global-Compacts-Richtlinien unterschrieben und seit 2018 neun SDGs (Sustainable Development Goals der UN) quantitativ in seine Unternehmensplanung aufgenommen. Zudem erfüllt es seit 2020 alle Transparenzauflagen des Carbon Disclosure Project (CDP). Inner Mongolia Yili reduzierte auf diesem Weg zwischen 2012 und 2019 den CO2-Ausstoß pro Tonne hergestellter Produkte um 50 Prozent.

Zum Verantwortungsbewusstsein einer Fondsgesellschaft sollte aber auch die Bereitschaft zählen, sich im Extremfall von Aktien zu trennen, wenn es unüberwindbare ESG-Hindernisse gibt. So haben wir nach einjährigem Dialog mit dem Unternehmen unsere Aktien des chinesischen Videoüberwachungsanbieters Hikvision verkauft, da seine Technik zur Unterdrückung der chinesischen Minderheit der Uiguren in sogenannten Umerziehungscamps eingesetzt wurde, das Unternehmen jedoch nicht bereit war, sich von diesem Public-Private-Partnership-Projekt zu trennen. Von der Beteiligung am deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer haben wir uns nach der Übernahme von Monsanto sofort getrennt.

Die Masse macht den Unterschied

Gleichzeitig sind wir der festen Überzeugung, dass sich insbesondere im Kollektiv einiges bewegen lässt. So startete vergangenes Jahr eine Gruppe von 29 Investoren, die insgesamt ein Vermögen von 3,7 Billionen US-Dollar verwalten, die erste Anlegerinitiative gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien. Comgest hat sich an diesem kollektiven Engagement beteiligt. Ein weiteres Beispiel ist die Teilnahme am Carbon Disclosure Project. 600 Investoren weltweit arbeiten aktiv mit, um den weltweiten Wasserverbrauch zu reduzieren, die Entwaldung einzudämmen und Klimarisiken einzuschränken. Durch die Vervielfachung der Stimmen und die Kombination des verwalteten Vermögens all dieser Anleger wird eine Hebelwirkung auf Unternehmen erzeugt, sodass diese sich umso mehr um eine nachhaltige Entwicklung ihres Geschäftsbetriebes bemühen müssen.

Keine Lösung auf Knopfdruck

Finanzmärkte, Investoren und Fondsgesellschaften können in vielerlei Hinsicht einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Erreichung der Klimaziele leisten. Allerdings ist das Thema eine Aufgabe auf Zeit, die langen Atem und eine klare Anlegervision erfordert. Eine Lösung auf Knopfdruck gibt es nicht – auch wenn das angesichts des Booms von grünen Aktien an der Börse zeitweise so scheinen mag.

Über den Autor: Sébastien Thévoux-Chabuel ist ESG-Analyst und Portfoliomanager bei Comgest.

 

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