Stephan Lipfert von Punica Invest „Ich würde mir wünschen, dass Brüssel vier Jahre gar nichts macht“
Gordon Gekko im Oliver-Stone-Film „Wall Street“ war für manchen das abschreckende Beispiel des Kapitalismus. Und für andere zugleich das Vorbild. Zu Letzteren zählt Stephan Lipfert aus Hamburg. Er ist heute Geschäftsführer von Punica Invest in Hamburg. "Ich bin 74er Baujahr. Damals hat der Film ‘Wall Street‘ eine ganze Generation junger Männer verdorben, zum schnellen Geld und zu schnellen Autos", erinnert sich Lipfert. „Ich wollte natürlich gerne Gordon Gekko werden. Jetzt hat es am Ende nur für Charlie Sheen gereicht“, erklärt er humorvoll.
Doch die Faszination für die Börse blieb. Mit 14 Jahren kaufte Lipfert seine ersten BASF-Aktien – mit Hilfe seiner Großmutter. Diese frühe Begeisterung führte ihn durch verschiedene Stationen in der Finanzwelt, von Großkonzernen wie Blackrock bis hin zu kleineren Boutiquen.
Mitarbeiterstolz als Schlüssel zum Unternehmenserfolg
In seiner heutigen Position als Geschäftsführer von Punica Invest legt Lipfert großen Wert auf eine positive Unternehmenskultur und den Stolz der Mitarbeiter. „Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass stolze Mitarbeiter für ungefähr 31 Prozent des Unternehmenserfolgs verantwortlich sind“, erklärt er. Dieser Stolz wirkt sich nicht nur auf eine geringere Fluktuation aus, sondern auch auf die Kundenbeziehungen und die allgemeine Arbeitsatmosphäre.
Lipfert betont: „Wenn ich stolze Mitarbeiter habe, die mit Feuer und Flamme für mein Unternehmen und für meine Produkte brennen, dann verlassen die das Unternehmen natürlich weniger schnell, wenn sie mal eine Enttäuschung haben.“
Führung durch Vertrauen und Empowerment
Für Lipfert ist Vertrauen das A und O in der Führung. Er setze auf Empowerment und gibt seinen Mitarbeitern bewusst eine „weite Leine“. Und er ist überzeugt, dass Fehler zum Business dazugehören. „Nur wer viel macht, macht auch viel falsch. Und ich will ja Leute haben, die viel machen.“
Gleichzeitig warnt er davor, unrealistische Erwartungen an die Mitarbeiter zu stellen: Man müsse immer in der Lage sein, die Dinge selber zu tun, die man von seinem Team erwartet, ist er überzeugt. Lipfert betont die Wichtigkeit einer gesunden Work-Life-Balance und rät davon ab, von Mitarbeitern zu erwarten, dass sie ihre Hobbys zurückstellen oder Familien vernachlässigen.
Die Zukunft der Finanzbranche: Zwischen KI und Soft Skills
Die Finanzbranche befindet sich im Wandel, und Lipfert sieht sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Er betont die wachsende Bedeutung von Soft Skills: „Ich glaube, dass Soft Skills noch sogar noch viel wichtiger werden in der Zukunft. Weil für die Skills usw. haben wir jetzt die KI.“
Gleichzeitig sieht er in der künstlichen Intelligenz auch Chancen für weniger erfahrene Mitarbeiter: Er erzählt von einem Experiment, bei dem bessere Berater die schlechtere Berater haushoch geschlagen haben. Als beide Gruppen jedoch KI nutzen durften, verringerte sich der Abstand zwischen beiden Gruppen signifikant. „Das ist natürlich auch eine Chance, gerade wenn wir vom Fachkräftemangel sprechen", so Lipfert.
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Nachwuchsförderung und Karrierechancen in der Finanzwelt
Lipfert sieht gute Einstiegschancen für junge Menschen in der Branche, besonders im Fondsvertrieb und im Portfoliomanagement. Er lobt die Ausbildung der heutigen Universitätsabsolventen: „Die Menschen, die aktuell von den Unis kommen, sind top ausgebildet. Die haben teilweise in London oder Antwerpen studiert.“
Allerdings warnt er auch vor Ungeduld: „Man sollte nicht erwarten, dass man nach zwei Jahren Direktor ist und nur noch als Frühstücksdirektor durch die Gegend fährt.“ Stattdessen empfiehlt er, Geduld zu haben und ein Netzwerk aufzubauen.
Digitalisierung und neue Arbeitsweisen in der Finanzbranche
Die Corona-Pandemie hat auch in der Finanzbranche zu Veränderungen geführt. Lipfert beobachtet seitdem eine größere Akzeptanz für digitale Kommunikation. Während man früher häufig persönlich für Gespräche anreisen musste, könne man vieles heute virtuell klären. Diese Entwicklung sieht er als Chance für jüngere Mitarbeiter, schneller eine große Reichweite zu erzielen, indem sie digitale Medien effektiv nutzen.
Zum Abschluss des Gesprächs äußert Lipfert den Wunsch nach einer Überprüfung der bestehenden Regulierungen in der Finanzbranche. Er kritisiert insbesondere die Inkonsistenzen bei ESG-Ratings. Er wünscht sich eine Regulierungspause: „Ich würde mir wünschen, dass Brüssel einfach mal vier Jahre gar nichts macht.“
Fazit: Eine Branche im Wandel
Stephan Lipferts Einblicke zeigen eine Finanzbranche im Umbruch. Zwischen technologischem Fortschritt und menschlichen Fähigkeiten, zwischen Regulierung und Freiheit sucht die Branche ihren Weg in die Zukunft. Dabei bleibt eines klar: Der Mensch, sei es als Mitarbeiter oder Kunde, steht im Mittelpunkt. Wie Lipfert es zusammenfasst: „Unsere Branche besteht aus unheimlich tollen Menschen, die offen sind, wo man gute Gespräche führen kann. Und das, finde ich, zeichnet sie auch aus und macht viel Spaß.“
Exklusiver Sponsor dieser Folge ist Edmond de Rothschild Asset Management
Dieser Podcast enthält Ansichten, Meinungen und Empfehlungen anderer Investment Manager, die nicht die Ansichten von Edmond de Rothschild Asset Management darstellen. Die von Edmond de Rothschild Asset Management geäußerten Ansichten stellen keine Anlageberatung dar, waren zum Zeitpunkt der Aufzeichnung korrekt und können sich ändern. Mehr über Edmond de Rothschild Asset Management erfahren