LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 3 Minuten
ANZEIGE

Stephen Jones, Kames Capital „Europäische Anleihemärkte reagieren sensibler auf EZB-Politik“

Stephen Jones, Chief Investment Officer bei Kames Capital

„Ein holländischer Kollege hat mich kürzlich an den berühmten Witz des damaligen US-Finanzministers Connally von 1971 erinnert: ‚Der Dollar ist zwar unsere Währung, aber Ihr Problem.‘ Umgemünzt auf das Jahr 2018 könnte es heißen: ‚Der Ausverkauf findet zwar am Anleihenmarkt statt, macht aber vor allem dem Aktienmarkt Probleme.‘ Was wäre aber das Problem des Anleihenmarktes? Zehnjährige US-Schatzanleihen haben seit Jahresanfang um 45 Basispunkte zugelegt. Mit der aktuellen Rendite von 2,85 Prozent für zehnjährige Treasuries dürften wir den Mittelwert der Prognosen für Ende 2018 bereits im Februar erreicht haben. Die Volatilität am Aktienmarkt hat keine Rally am Anleihenmarkt ausgelöst. Vielmehr hat der Ausverkauf am Anleihenmarkt den Ausverkauf am Aktienmarkt geschürt, wenn nicht sogar überhaupt erst ausgelöst.

Die wichtigste Meldung war selbstverständlich, dass die durchschnittlichen Gewinne in den USA mit 2,9 Prozent den höchsten Stand seit dem Jahr 2010 markieren. Dadurch hat sich die Stimmung jedoch gefestigt. Die Anleihemärkte nahmen dies ihrerseits zum Anlass, für 2018 vier US-Zinserhöhungen von jeweils 25 Basispunkten einzupreisen. Dieser Part liegt nun in der Hand des neuen Vorsitzenden der Federal Reserve Bank (Fed), Jerome Powell. Der wurde gleich am ersten Tag seiner Amtszeit angesichts des historischen Sturzes des Dow Jones auf die Probe gestellt. Die Rückkehr zu einer aggressiveren Geldpolitik hat bewirkt, dass am Anleihenmarkt ein Zinszyklus eingepreist wird der alles andere als akkommodierend ist und vom Aktienmarkt lange nicht ernst genommen wurde. Die Entwicklungen des Jahres 2018 führen Aktienanlegern die Macht des Anleihenmarktes schlagartig wieder vor Augen.

Solides Potenzial bei US-Anleihen

An den wenig gefragten US-Dollar-Anleihemärkten winkt wieder solides Wertpotenzial. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2008 sind zweijährige US-Schatzanleihen billiger als die Gesamtinflation, während fünfjährige US-Treasuries mit 2,6 Prozent gleichauf mit dem US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegen. Gemessen an der Inflationsrate und dem BIP scheinen die europäischen Märkte zweifellos überbewertet. Aber die Europäische Zentralbank (EZB) hält an den Anleihenmärkten das Zepter fest in der Hand. Die Anleihenmärkte auf dem alten Kontinent werden in den kommenden Monaten voraussichtlich wesentlich empfindlicher auf Äußerungen der EZB reagieren als im Jahr 2017. Vergangenes Jahr hatten die Währungshüter nur selten Kursschwankungen ausgelöst, beispielsweise mit der Rede von EZB-Präsident Mario Draghi im portugiesischen Sintra.

Die Pessimisten werden sich an das Jahr 1994 erinnern. Damals verdoppelten sich zweijährige US-Treasuries innerhalb des Jahres und warfen Ende 1994 eine Rendite von mehr als 7,5 Prozent ab. Seit Anfang 2017 haben sich zweijährige Anleihen des US-Schatzamtes nahezu verdoppelt, auf aktuell 2,1 Prozent. Der Unterschied ist, dass die Inflation 1994 dem aktuellen Niveau entspricht. Seit 1994 hat sich viel verändert. Damals wurde Amazon gegründet, der US-Bank Lehman Brothers ging es prächtig und das Gesamtvolumen von US-Schatzanleihen belief sich auf nur 5 Billionen US-Dollar. Die Staatsverschuldung in den USA hat sich inzwischen vervierfacht, was uns die Worte von Bill Clintons Strategen James Carville ins Gedächtnis ruft: ‚Wenn es eine Reinkarnation gibt, würde ich gerne als Anleihenmarkt wiedergeboren. Dann könnte ich alle und jeden einschüchtern.‘“

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.