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"Stern"-Reporter Wigbert Löer „Maschmeyer ist ein genialer Menschenfänger“

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Und woher kamen die anderen spektakulären Informationen in Ihrem Buch?

Hauptsächlich aus schriftlichen Unterlagen: aus Briefen von Maschmeyer, juristischen Schreiben, sms, Power-Point-Präsentationen, handschriftlichen Aufzeichnungen. Wir konnten auch Fotos, Protokolle von AWD-Vorstandssitzungen und Geschäftsführer-Konferenzen auswerten.

Was hat Sie an diesen Unterlagen besonders überrascht?

Die unglaublich enge Beziehung zwischen Wirtschaft und der Politik, die selbst wir in dieser Intensität nicht erwartet hätten.

Wie meinen Sie das?

Christian Wulff und Gerhard Schröder haben sich von Maschmeyer politisch benutzen lassen. Ein gutes Beispiel dafür ist die 2001 eingeführte Riester-Rente. Als AWD-Chef war Maschmeyer mit dieser Form der privaten Altersvorsorge nicht zufrieden. Sie lohnte sich nämlich für seinen Finanzvertrieb nicht, brachte keine schnellen und hohen Provisionen. Als Schröder – ganz im Sinne Maschmeyers - eine Reform der Riester-Rente anstrebte, bat er seinen AWD-Freund um „Vorschläge“, wie man diese gestalten könnte. Viele dieser Forderungen wurden zum 1. Januar 2005 umgesetzt. Es dürfte wohl kein Zufall gewesen sein, dass Maschmeyer 2005 einen Teil seiner AWD-Anteile verkaufen konnte. Ende 2007 veräußerte Maschmeyer weitere Teile seiner und der Aktien seiner Familie an den Versicherer Swiss Life - für eine halbe Milliarde Euro.

Dass Maschmeyer ein Gespür für das perfekte Timing hat, kann man wohl nicht bestreiten. Doch das haben auch viele andere Geschäftsleute, die bei weitem nicht so erfolgreich sind wie er. Was ist aus Ihrer Sicht Maschmeyers Erfolgsgeheimnis?

Maschmeyer ist offenbar ein genialer Menschenfänger. Er versteht es, in Beziehungen zu geben und zu nehmen. Er hat den Kontakt zu Politikern wie Schröder oder Wulff hartnäckig gesucht und viel in die Pflege dieser Beziehungen investiert. Er war immer bereit zu helfen, schaltete Wahlkampfanzeigen zugunsten Schröders, absolvierte gemeinsame Auftritte mit dem Politiker, machte ihm teure Geschenke.

Doch zu einer Beziehung gehören bekanntlich zwei. Was könnte Schröder an Maschmeyer fasziniert haben?

Keine Ahnung. Jedenfalls hält diese Freundschaft offenbar bis heute. Schröder war zum Beispiel im September bei Maschmeyers Hochzeit mit Veronica Ferres an der Cote d’Azur dabei.

Was ist mit der Beziehung zwischen Maschmeyer und dem Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff?

Auch hier hat uns die enge Verflechtung zwischen Privatem und Beruflichem überrascht. So liegt uns zum Beispiel ein Brief vor, den Maschmeyer einen Tag vor einer CDU-Präsidiumssitzung an Wulff geschrieben hat. In der Sitzung diskutierte die Partei-Spitze über die sogenannte Bürgerversicherung. Die Bürgerversicherung hätte das duale System mit der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung ersetzt - verheerend für den AWD wäre das gewesen, der unter anderem private Krankenversicherungen vertrieb. Also fügte Maschmeyer seinem Brief ein Papier mit Argumenten gegen die Bürgerversicherung bei und bat Wulff, es noch vor der Sitzung zu lesen. Im Gegenzug versprach er ihm, das Sommerfest der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin zu sponsern. Ein anderes Mal nahm Wulff an einer Diskussionsrunde über die Riester-Rente bei Sabine Christiansen teil. Dort erwähnte er den AWD - ohne einen ersichtlichen Grund. Maschmeyer bedankte sich dafür bei ihm schriftlich.

„Geld-Macht-Politik“ ist nicht Ihr erstes Werk, das auf investigativer Recherche basiert. Was war für Sie persönlich das bislang spannendste Projekt?

Die Recherche über das Bahamas- und Panama-Konto des CDU-Bundesschatzmeisters Helmut Linssen. Linssen hatte in den späten 90er-Jahren Geld in Steueroasen versteckt. Er führte ein Konto bei einer Luxemburger Bank, von dort ging das Geld an eine Briefkastenfirma in der Karibik. Das Kuriose bei der Geschichte: Als nordrhein-westfälischer Finanzminister ließ Linssen eine CDU mit Daten deutscher Steuersünder kaufen. Am selben Tag, als der „Stern“ mit unserer Recherche erschien, musste Linssen zurücktreten.

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