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Steuerrecht Neue Regeln für die bKV verärgern die Branche

Gastronomie-Sonnenschirme der Firma May: Der Mittelständler bietet seinen Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung an und will an dem Bonbon trotz des politischen Eingriffs festhalten (Foto: May Gerätebau GmbH)
Gastronomie-Sonnenschirme der Firma May: Der Mittelständler bietet seinen Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung an und will an dem Bonbon trotz des politischen Eingriffs festhalten (Foto: May Gerätebau GmbH)
„Es ist ein Skandal. So geht es nicht.“ Die Empörung bei Bernhard Schindler ist groß. Der Präsident des Bundesverbands demografischer Wandel ärgert sich über die Politik, genauer gesagt über das Bundesfinanzministerium (BMF). „Eines ist uns allen klar: Die Versorgungslücken der gesetzlichen Krankenversicherung werden immer größer.

Eine betriebliche Krankenversicherung ist deshalb besonders zeitgemäß, günstig und anstelle einer oft schnell vergessenen Lohnerhöhung sinnvoll. Der Schritt des BMF ist daher absolut kontraproduktiv“, wettert Schindler weiter.

Mitte Oktober 2013 veröffentlicht das Ministerium ein Schreiben, das sich indirekt mit der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) befasst. Im Kern des kaum lesbaren Beamten-Kauderwelschs geht es darum, dass Beiträge zur bKV ab dem 1. Januar 2014 nicht mehr als Sachlohn, sondern als Barlohn angesehen werden.

Das klingt erst mal nicht schlimm. Hat aber doch deutliche Folgen. Bisher hat die Einstufung als Sachlohn nämlich dazu geführt, dass vom Arbeitgeber bezahlte Beiträge zur bKV bis zu einer Grenze von 44 Euro steuer- und sozialabgabenfrei blieben. Damit ist es nun vorbei.

„Auf die arbeitgeberfinanzierte bKV sind seit Januar dieses Jahres wieder Steuern und Sozialabgaben zu zahlen“, fasst Carsten Mathé, Leiter Produktmarketing des Finanzplaners Plansecur, die Konsequenzen des BMF-Schreibens zusammen. Wie sich das konkret auswirken kann, zeigt die Tabelle.

Querschuss aus dem Ministerium:
So wirken sich die neuen Steuerregeln aus
Die Württembergische hat die Auswirkungen der neuen bKV-Besteuerung für einen Angestellten mit zwei Kindern, Steuerklasse III und Wohnort in Baden-Württemberg, berechnet. Wir haben die Rechnung noch etwas vereinfacht. Die linke Seite der Tabelle zeigt die Situation vor dem Wegfall der Freigrenze von 44 Euro. Hier muss der Beitrag des Arbeitgebers nicht versteuert werden. Auf der rechten Seite der Tabelle gilt die neue Regelung. Der Beitrag von 20 Euro gilt als Barlohn und muss versteuert werden, er erhöht das monatliche Bruttogehalt um 20 Euro. Das führt im Endeffekt dazu, dass der Arbeitnehmer gut 8 Euro weniger in der Tasche hat als vorher.
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1) bKV-Beitrag vom Arbeitgeber übernommen und daher hier wieder abgezogen
Alle Angaben in Euro, Quelle: Württembergische / DAS INVESTMENT


CSS legt die bKV erst mal auf Eis

Versicherer und Kunden reagieren unterschiedlich auf den politischen Übergriff. „Wegen des BMF-Schreibens hat sich die CSS Versicherung entschieden, die Aktivitäten im Bereich der betrieblichen Krankenversicherung auszusetzen“, heißt es vom Schweizer Versicherer. Erst im September 2012 hatte die CSS ihren Tarif Business gestartet.

Bisher habe es aber nur Anbahnungsgespräche gegeben, Verträge seien noch nicht abgeschlossen worden. Firmen, die interessiert waren, bietet die CSS nun den Umweg über arbeitnehmerfinanzierte Produkte an.

Die Hallesche indes erwartet „keine signifikanten Auswirkungen“ durch die Streichung der Freigrenze von 44 Euro. Der Grund: „Schon heute ist diese Grenze bei einer Vielzahl von Unternehmen bereits ausgeschöpft“, sagt Walter Botermann, Vorstandschef der Krankenversicherung. Vertragskündigungen hat es auch bei der Axa nicht gegeben.

„Lediglich einzelne Verträge wurden verkleinert“, sagt Michael Haas. Laut dem Direktor Exklusivorganisation und betriebliche Krankenversorgung liegt das aber auch daran, „dass die steuerliche Begünstigung nie im Mittelpunkt unserer Argumentation gegenüber unseren Kunden stand“.

Vorteile bietet die bKV in der Tat nach wie vor. Für Arbeitgeber ist sie ein wichtiges Mittel zur Mitarbeitergewinnung und -bindung: „Im Wettstreit um die besten Mitarbeiter können Zusatzleistungen den Ausschlag dafür geben, dass sich ein Wunschkandidat für mein Unternehmen entscheidet“, sagt Plansecur-Mann Mathé (siehe auch die Einschätzung der Unternehmen selber, Grafiken). Arbeitnehmer bekommen Zahnzusatzversicherungen, Chefarztbetreuung oder Vorsorgeuntersuchungen günstiger, sofort durch den Verzicht auf Wartezeiten, unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne die sonst übliche Gesundheitsprüfung. „Vorerkrankungen und laufende Behandlungen sind also mitversichert, und auch Familienangehörige lassen sich absichern“, sagt Rainer Ebenkamp, bKV-Experte der Gothaer Krankenversicherung.

Außerdem gibt es durchaus Wege, das Steuerdilemma wieder abzumildern. Ein Weg ist die Nettolohnhochrechnung. Hierbei wird das Bruttogehalt so weit erhöht, dass der Beitrag zur bKV aus Sicht des Arbeitsnehmers aufwandsneutral ausfällt.

Sein Nettogehalt ist dann genauso hoch wie ohne bKV-Beitrag. Nehmen wir die Tabelle oben als Beispiel, müsste der Arbeitgeber den Bruttolohn auf 3.035 Euro erhöhen, um nach allen Abzügen auf ein Netto-Gehalt von 2.164 Euro zu kommen.

Steuerliche Förderung gewünscht

Trotzdem sind die Versicherer unzufrieden mit dem Schritt des BMF. „Will die Politik zusätzliche Vorsorge weiter fördern, wäre es sinnvoll, bKV-Beiträge steuerlich zu begünstigen“, sagt Christian Molt. „Ideal wären Vorsorgemodelle analog zur betrieblichen Altersversorgung“, schlägt der Vorstand der Allianz Private Krankenversicherung vor.

Konkret könne das so aussehen, dass bKV-Beiträge vom Arbeitgeber grundsätzlich bis mindestens 44 Euro steuer- und sozialabgabenfrei gezahlt werden. Molt: „Warum soll ein Tankgutschein steuerlich begünstigt sein, die betriebliche Krankenversicherung aber nicht?“ Wachstumsmarkt betriebliche Krankenversicherung
Das Beratungsunternehmen Bülow & Consorten hat mehr als 20 Personaler unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen nach ihrer Meinung und ihrem Wissensstand zum Thema betriebliche Krankenversicherung befragt.

Mehrfachnennungen möglich Quelle: Bülow & Consorten

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