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Aktualisiert am 24.08.2023 - 12:32 Uhrin Aktiver Ansatz aus ÜberzeugungLesedauer: 5 Minuten
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Inflation und Geldpolitik Steuert die US-Wirtschaft auf eine Rezession zu?

Fünf US-Dollar für frisches Gemüse? Die steigenden Preise haben große Auswirkungen auf die Kaufgewohnheiten der Verbraucher – Käufer entscheiden bewusster, ob sie etwas kaufen wollen oder nicht.
Fünf US-Dollar für frisches Gemüse? Die steigenden Preise haben große Auswirkungen auf die Kaufgewohnheiten der Verbraucher – Käufer entscheiden bewusster, ob sie etwas kaufen wollen oder nicht. | Foto: Imago Images / YAY Images

In den vergangenen zwei Jahren war die Inflation ein Schreckgespenst – und jetzt trifft sie die Märkte stärker und hartnäckiger als erwartet. Zu Beginn des Jahres 2022 rechneten die Marktteilnehmer damit, dass die US-Notenbank die Zinssätze maßvoll anheben und damit die quantitative Lockerung beenden würde. Doch zuletzt hat die Fed eine aggressivere Haltung an den Tag gelegt, um die höher als erwartete Inflation zu bekämpfen. Nachdem die Märkte zu Beginn des Jahres nur sehr wenige Zinserhöhungen eingepreist hatten, erwarten sie nun insgesamt bis zu neun Erhöhungen. Bis zum Jahresende soll der Leitzins sukzsessive auf 2 Prozent, beziehungsweise 2,25 Prozent angehoben werden.

Angst vor der Rezession: Die Umkehrung der Renditekurve kann ein falscher Indikator sein

Die jüngste Beinahe-Inversion der Renditekurve zehnjähriger und zweijähriger US-Staatsanleihen schürt Rezessionsängste. Unserer Ansicht nach ist jedoch eine einzelne Umkehrung der Renditekurve für sich genommen ein nur ungenauer Wert zur Rezessionsvorhersage: Eine Umkehrung kann einer Rezession vorausgehen, aber nicht alle Umkehrungen enden zwangsläufig in einer Rezession Derzeit stehen etwa 20 Prozent der von uns beobachteten Renditekurven kurz vor einer Umkehrung – das kurze Ende der Renditekurve ist steiler geworden. In der Vergangenheit lag diese Zahl vor Rezessionen eher bei 90 Prozent und mehr.

US-Wirtschaft zeigt sich weiterhin solide

Die Fundamentaldaten der US-Wirtschaft sind nach wie vor stark. Insbesondere der Arbeitsmarkt verzeichnet weiterhin solide Zuwächse und schafft jeden Monat etwa eine halbe Million neuer Arbeitsplätze – die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung verharrt auf einem historisch niedrigen Niveau. Wir gehen davon aus, dass diese Stärke der Verbraucher und die daraus resultierenden Konsumausgaben das US-Wirtschaftswachstum weiterhin stützen werden. Auch die Einkaufsmanagerindizes (PMI), die die Stimmung der Hersteller widerspiegeln, signalisieren weiterhin Vertrauen in eine expandierende Wirtschaft.

Mit dem Auslaufen der fiskalischen und geldpolitischen Anreize, den Sanktionen gegen Russland und dem Krieg in der Ukraine wächst jedoch die Liste der Risiken für das Wachstum. Wir gehen davon aus, dass sich das Wachstum von der sehr hohen Wachstumsrate des letzten Jahres deutlich auf „trendnahe Wachstumsraten“ abschwächen wird. Die Fed versucht, diese Verlangsamung zu steuern – aber es ist zu befürchten, dass sie dabei über das Ziel hinausschießen könnte. Angesichts dieser Risiken und der neuen aggressiven Haltung der Fed ist es nicht überraschend, dass die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Rezession die Anlegerstimmung einzutrüben beginnt.

Nicht alle Rezessionen sind gleich

Angenommen, die Signale von den Anleihemärkten sind zutreffend. Das würde bedeuten, dass der Konjunkturaufschwung seinen Höhepunkt im Jahr 2023 erreicht und eine Rezession in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 oder Anfang 2024 folgen würde. Anleger sollten sich jedoch in Erinnerung rufen, dass nicht alle Rezessionen in Bezug auf ihre Dauer oder Schwere gleich verlaufen.

Marktbedingte Rezession

Die schlimmsten Wirtschaftseinbrüche jüngster Zeit waren vom Finanzmarkt ausgehende Rezessionen, beispielsweise die Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 und die vom Einbruch der Technologie-Titel bedingte Rezession Anfang der 2000er-Jahre. Sie wurden jeweils durch das Platzen einer Blase im Finanzsektor ausgelöst. Diese Rezessionen waren durch einen starken Rückgang des BIP und starke Wertverluste bei Aktien und anderen Risikoanlagen gekennzeichnet. Solche Rezessionen dauern in der Regel länger. Derzeit sehen wir indes nur ein geringes Risiko für eine finanzmarktbedingte Rezession. Es gibt zwar Spekulationen über einen möglichen risikoreichen Einfluss der sanktionierten russischen Vermögenswerte in einem weltweit eng verflochtenen Finanzsystem, doch ist das Bankensystem insgesamt gut kapitalisiert. Es gibt keine Anzeichen für Liquiditätsprobleme oder Kreditexzesse, die abgebaut werden müssten.

Klassische Rezession

Eine klassische oder durch reale Ungleichgewichte ausgelöste Rezession wird durch die Auflösung von Konsum- oder Investitionsblasen verursacht. Ein solches Szenario scheint angesichts der Stärke des US-Verbrauchers aber derzeit ebenfalls unwahrscheinlich. Diese Rezessionen sind in der Regel von kurzer Dauer – mit einer leichten Schrumpfung des BIP und einem durchschnittlichen Rückgang der Aktienkurse um etwa 25 Prozent. In den USA spiegelt das Verbrauchervertrauen derzeit die Inflationsängste wider, wird aber auch durch den starken Arbeitsmarkt gestützt. Die Inflation verringert die Realeinkommen, was zu einer Verlangsamung der Ausgaben führt. Es lässt sich aber nicht eindeutig sagen, dass dies eine Rezession zur Folge hat. Die Stimmung in vielen Unternehmen ist gut und es gibt keine wesentlichen Anzeichen für einen Einbruch der Unternehmensinvestitionen. Mit Blick auf die Ölpreise erwarten wir sogar, dass die Bohrtätigkeit zunehmen wird und sich dadurch die Investitionsausgaben erhöhen. In anderen Wirtschaftsbereichen könnte es jedoch zu einer gewissen Verlangsamung kommen, zum Beispiel im Wohnungsbau. Insgesamt deuten die Bilanzen der privaten Haushalte und Unternehmen jedoch nicht auf einen problematischen Abbau von Überschüssen hin.

Durch die Zentralbank ausgelöste Rezession

Eine von der Zentralbank ausgelöste Rezession wird durch eine übermäßige Straffung der Geldpolitik bewirkt. Die politischen Entscheidungsträger ziehen dabei die Zinssätze weit über das Niveau hinaus an, das die Wirtschaft verkraften kann. Solche Rezessionen ähneln den klassischen Rezessionen in Bezug auf den Rückgang von Aktien, den Wachstumseinbußen sowie der Dauer. Die Geldpolitik so genau zu kalibrieren, dass sie das Wachstum verlangsamt, aber keinen Abschwung auslöst, ist für die Zentralbanken angesichts der relativ stumpfen Instrumente, die ihnen zur Verfügung stehen, eine große Herausforderung. Unserer Ansicht nach beruhen die derzeitigen Rezessionsängste auf der aktuell strengen Geldpolitik der Zentralbank.

Risikoanlagen können immer noch gut abschneiden

Selbst wenn man aufgrund einer Umkehrung der Zinsstrukturkurve eine bevorstehende Rezession ableitet, ist deutlich zu erkennen, dass die Aktienkurse zwischen Umkehrungen der Kurve und Rezessionen tendenziell steigen. Wie die nachstehende Tabelle aufzeigt, sind die Aktienkurse in der Zeit zwischen einer Umkehrung der Renditekurve zehnjähriger und zweijähriger US-Staatsanleihen und einer Rezession (wenn diese eingetreten ist) häufig gestiegen – und manchmal recht stark. Es ist jedoch zu beachten, dass die nachstehende Tabelle auf sehr wenigen Beobachtungen beruht und dass jede Rezession anders verläuft.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Inflationsdaten und die Reaktion der Fed darauf sind nach wie vor wichtige Faktoren, die es zu beobachten gilt. Sind die Wachstums- und Inflationswerte in den kommenden Monaten moderat genug, um die Zinserhöhungserwartungen zu reduzieren und eine Überdrehung der Zinsschraube zu vermeiden? Die Antworten auf diese Fragen werden den Verlauf der Marktentwicklung für den Rest des Jahres mitbestimmen. In der Zwischenzeit bleiben wir in unseren eigenen Multi-Asset-Portfolios auf Kurs –mit einer leichten Übergewichtung von Aktien, einer Untergewichtung von Anleihen und einer Übergewichtung von alternativen Anlageklassen wie Rohstoffen.

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