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Leistungsfähige Diversifizierung Was Stiftungsportfolios von US-Eliteunis lernen können

Bernhard Matthes von der Bank für Kirche und Caritas
Bernhard Matthes von der Bank für Kirche und Caritas: „Es lohnt immer wieder, den Blick auf die sehr erfolgreichen Anlageergebnisse der Stiftungsfonds großer Universitäten in den USA zu lenken.“ | Foto: Bank für Kirche und Caritas

Der Erhalt des Stiftungskapitals und das Erwirtschaften auskömmlicher Erträge sind die wesentlichen Herausforderungen für Stiftungen. Die Niedrig- und Nullzinspolitik der Notenbanken machte es in den letzten Jahren schwierig bis unmöglich, mit einem klassischen Aktien-Anleihen-Mix hinreichende Erträge zu generieren. Zwar haben die historisch hohen Inflationsraten im Jahr 2022 nahezu alle Notenbanken zu einer Serie deutlicher Zinsanhebungen gezwungen, das in der Folge erreichte Zinsniveau genügt aber vielfach noch nicht, um den realen Kapitalerhalt auf Basis noch immer erhöhter Verbraucherpreise erzielen zu können.

Nach vorne blickend stellt sich die Situation inzwischen zum Glück etwas erfreulicher dar: Gegenüber den marktbasierten Inflationserwartungen – Ende Januar bei etwa 2,30 Prozent für die Eurozone – ist es inzwischen durchaus wieder möglich, auch ohne „Verzweiflungstaten“ Stiftungskapital und Kaufkraft zu erhalten. Die Endfälligkeitsrenditen von Euro-Anleihen hoher Qualität erlauben in kurzen und mittleren Laufzeiten aktuell wieder den Kapitalerhalt. Die Marktbereinigungen, die der Jahrhundertsturm des Jahres 2022 mit sich brachte, geben Stiftungen wieder etwas komfortableren Spielraum in ihrer Vermögensanlage. 

Yale und Harvard können Vorbilder für deutsche Stiftungen sein

Auch wenn sich die Investitionsbedingungen bei Zinsanlagen deutlich gebessert haben und damit die über die vergangenen Jahre gegebene Notwendigkeit der Substituierung mit anderen Anlageklassen scheinbar schwindet, finden sich doch weiterhin gewichtige Argumente, eine breite Diversifizierung des Stiftungsvermögens aufrecht zu erhalten.

Es lohnt immer wieder, den Blick auf die sehr erfolgreichen Anlageergebnisse der Stiftungsfonds („Endowments“) großer Universitäten in den USA zu lenken. Deren Anlageziele sind nicht gänzlich unähnlich den Bedürfnissen einer typischen deutschen Stiftung. Beide müssen ausreichenden Ertrag für einen laufenden Zweck erwirtschaften und dabei das Grundkapital real erhalten. Beide genießen den Luxus eines langen, quasi unendlichen Anlagehorizonts, der sie in die Lage versetzt, langfristig anlegen und zwischenzeitliche Schwankungen aus Preisbewegungen tolerieren zu können.

Gerade die definitorische Unempfindlichkeit gegenüber temporären Kursrisiken hat die Stiftungsfonds etwa in Yale, Harvard oder Standford schon seit Jahrzehnten zu einer Investmentdisziplin ermutigt, die im Vergleich zum Anlageverhalten vieler Stiftungen in Deutschland sehr viel weniger stark auf vermeintlich „sichere“ Anlageklassen wie Geldmarkt oder Staatsanleihen setzt.

Stiftungen sollten den langen Anlagehorizont und die Freiheit von Regulierung nutzen

Aus unserer Sicht können die überlegenen Resultate, die an US-Universitäten mit diesem Anlagestil erzielt werden, heimischen Stiftungen als Vorbild oder zumindest Anregung zur sinnvollen Gesamtvermögensallokation dienen. Einem breiten Vermögensmix, der auf unterschiedliche und untereinander gering korrelierte Risikoprämien zugreift, gelingt es langfristig besser, überlegene Renditen an den Kapitalmärkten abzugreifen, als es mit sehr schwankungsarmen, dafür aber auch renditeschwächeren Anlagestrategien möglich ist.

Quelle: Stanford und Harvard (2021), Princeton (2022)
Sachwerte inklusive Immobilien und natürlicher Ressourcen

Noch immer beobachten wir häufig, dass viele Stiftungen aus der Historie heraus mit einer zinslastigen Gesamtvermögensstruktur arbeiten. Zwar haben zahlreiche Stiftungen die widrigen Bedingungen der Niedrig- und Negativzinsphase korrekterweise genutzt, um strukturell höhere Aktienquoten in den Anlagerichtlinien festzuschreiben, doch bewegen sich typische Gesamtvermögensquoten in der deutschen Stiftungslandschaft weiterhin näher am Standard der letzten Jahrzehnte als an US-Endowment typischen Strukturen.

Wir ermutigen die von uns betreuten Stiftungen immer wieder, gerade den Luxus des langen Anlagehorizonts und die Freiheit von Regulierung, der beispielsweise Banken oder Pensionskassen unterliegen, auch zu nutzen. Stiftungen genießen gegenüber regulierten Anlegern ja gerade den Vorteil, nicht in fragwürdige Value-at-Risk basierte Schwankungsvermeidung gezwungen zu sein. Das erlaubt ihnen, eine konstruktivere Positionierung an den Kapitalmärkten einzugehen, die mit dem Ernten attraktiverer Prämien einhergeht. Universitätsstiftungen in den USA wählen beispielsweise eine Reihe von Illiquiditätsprämien in der Direktanlage, beispielsweise Private Equity, land- und forstwirtschaftliche Flächen oder Immobilien, operieren mit höheren Aktienquoten und verwenden marktneutrale Absolute-Return-Strategien.

Wir sehen den Ansatz eines solchen Multi-Asset-Mixes als robustere und überlegene Alternative zu Monokulturen, die aus nur „Aktien/Renten“ konstruiert sind. Gerade im Umfeld ungünstiger, nämlich hoher Korrelation an den Kapitalmärkten, zeigen sich breiter diversifiziere Anlagestrategien als resilienter. Das Jahr 2022 dient dafür als Beleg: Multi-Asset-Portfolios, die neben Aktien- und Zinsrisiko zusätzlich Trendfolgestrategien, Absolute-Return-Ansätze, Edelmetalle oder Fremdwährungspositionen berücksichtigten, konnten die Verluste eingrenzen.

Quelle für beide Grafiken: Bloomberg: Basis CAT Bonds = Swiss Re Cat Bond TR Index, Aktien = Stoxx Europe 600 Net Return, Renten Europa = IBOXX Euro Overall TR Index; jeweils in EUR und vor Kosten; Zeitraum: 04.01.2002-30.01.2023 (Seit Auflage des Swiss Re CAT Bond TR Index); Hinweis: Zahlenangaben beziehen sich auf die Vergangenheit. Vergangene Wertentwicklungen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

Die Stiftungsrechtsreform erlaubt aus unserer Sicht künftig auch eine stärkere Berücksichtigung von Instrumenten, die üblicherweise keinen Ausschüttungsbeitrag leisten, wie etwa Rohstoffe oder Edelmetalle. Gerade Rohstoffe erfüllen nach jahrelanger Underperformance die klassischen Merkmale eines Value-Investments: Sie sind unterbewertet, unterinvestiert, ungeliebt. Die zu erwartende starke Nachfrage nach Metallen wie Kupfer, Zink oder Aluminium im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Elektrifizierung bieten überdies einen interessanten Investment Case.

Gold verspricht Schutz vor systemischer Instabilität und Kaufkraftverlust. Wir verstehen Gold nicht als Rohstoff, sondern als Währung mit einem über mehr als 2.000 Jahre akkumulierten Vertrauenskapital. Gold dient dem Substanzerhalt sowie der risikofreien Wertaufbewahrung ohne Gegenparteirisiko. Das Edelmetall konnte seit der Euroeinführung 1999 bis Ende 2022 pro Jahr 8,6 Prozent zulegen und hat so den durch Geldmengenausweitungen hervorgerufen Kaufkraftverlust verlässlich ausgeglichen.

Als Portfoliobeimischung kommen auch Cat-Bonds in Frage. Diese meist von Rückversicherern emittierten Anleihen ermöglichen die Risikoübernahme aus Naturkatastrophen, wie Erdbeben oder Wirbelstürmen, und führen insbesondere in Deutschland noch ein Schattendasein. Dabei können sie für Stabilität im Portfolio sorgen, da sie praktisch keine Korrelation zu traditionellen Assetklassen wie Aktien oder Staatsanleihen aufweisen. Mit typischerweise sehr kurzen Laufzeiten belasten sie das Portfolio kaum mit Zinsrisiko, bieten aber einen vergleichsweisen hohen Ertrag, gerade auch weil die Prämien zuletzt deutlich angestiegen sind.

Taktische Vorsicht bei Immobilien 

Auch innerhalb der traditionellen Anlageklassen lohnt es sich, über traditionelle Grenzen hinaus weiterzudenken. Wie auf Gesamtportfolioebene spricht viel für eine breitestmögliche Diversifizierung nach Sektoren, Stilen und Währungsräumen.

Im Rentensegment sind inflationsindexierte Anleihen grundsätzlich ein sinnvoller Baustein, der Kaufkrafterhalt besser ermöglicht, als nominale Anleihen und zudem günstige Korrelationseigenschaften gegenüber anderen Anleiheinvestments mit sich bringt. Beimischungen von Hochzins-, Fremdwährungs-, Schwellenland- oder Wandelanleihen ermöglichen höhere laufende Renditen.

Auch das Aktienportfolio sollte immer eine breite Aufstellung zum Ziel haben. Allzu oft zeigt sich in Stiftungsportfolios ein ausgeprägter Home- und Large-Cap-Bias. Dividendenstarke Aktien von Unternehmen hoher Qualität bilden das Fundament eines hochwertigen Aktienportfolios. Wie wichtig die breite internationale Diversifizierung bei Aktien ist, zeigen die hohen Performance- und Bewertungsabschläge vieler europäischer Werte über die vergangenen Jahre im Kontext rückläufiger Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität. Zu berücksichtigen ist bei der internationalen Einzelwertselektion immer auch die Problematik des Quellensteuerabzugs, der die tatsächlich vereinnahmte Nettodividende stark schmälern kann. 

Mit Blick auf stark steigende Zinsen kommen mit ungünstigeren Refinanzierungsbedingungen aktuell vor allem Anlagesegmente in Bedrängnis, die eine starke Abhängigkeit gegenüber der Fremdkapitalfinanzierung aufweisen. Die sehr hohen Kursabschläge bei Immobilienaktien im Jahr 2022 zeichnen den schwierigen Weg vor, den die Anlageklasse Immobilien vor sich liegen hat. Das jahrelange Anwachsen der Preisblasen in den Segmenten Wohnen und Gewerbe belastet nun die Bewertungen.

Vielfach wachsen die Kosten schneller, als über meist nicht inflationsgebundene Steigerungen der Mieterträge ausgeglichen werden kann. Die teils sehr hohen Immobilienquoten, die einige Stiftungen über die letzten Jahre aufgebaut haben, bedürfen vielfach einer kritischen Überprüfung. Die Preise tatsächlich gehandelter Transaktionen reagieren träge. Die Preisabschläge bei physischen Immobilien werden erst mit Zeitverzug dem Abwärtspfad folgen, der in liquiden Immobilienaktien zu beobachten ist. Daher könnte noch ein Zeitfenster bestehen, ohnehin geplante Reduzierungen beispielsweise in Immobilienfonds zu noch günstigen Ausstiegskonditionen vorzunehmen. 

Eine breite Streuung des Stiftungsvermögens erscheint vielen Stiftungsverantwortlichen unserer Beobachtung nach durchaus wünschenswert. Vielfach stellen aber begrenzte interne Ressourcen, mangelnder Zugang zu spezielleren Anlagesegmenten und Umsetzungsunsicherheiten Hindernisse auf dem Weg zum höheren Zieldiversifizierungsgrad dar. Die Suchen nach passenden Vehikeln, um breiter diversifizieren zu können, ist meines Erachtens nach jedoch immens wichtig und sollte ganz oben auf der der To-Do-Liste aller Stiftungsverantwortlichen stehen.

Über den Autor: Bernhard Matthes leitet seit 2007 das Asset Management der Bank für Kirche und Caritas (BKC) in Paderborn und ist unter anderem verantwortlich für den Stiftungsfonds BKC Treuhand Portfolio. Darüber hinaus betreut er Stiftungen und kirchliche Institutionen im Rahmen von Spezialfonds- und individuellen Vermögensverwaltungsmandaten. 

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