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Stimmen zum Urteil des Verfassungsgerichts Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer gekippt – und nun?

Die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer in Deutschland ist verfassungswidrig, hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag entschieden. Grundstücke dürfen in Zukunft nicht mehr einheitlich bewertet werden. Bis Ende 2019 soll es eine Neuregelung geben. Bis zur verbindlichen Anwendung räumen die Verfassungsrichter eine Übergangszeit bis 2024 ein.

Weitreichende Folgen

Bislang galt für die mehr als 35 Millionen Grundstücke in Deutschland eine einheitliche Berechnungsgrundlage. In Westdeutschland wurde sie 1964 zuletzt aktualisiert, in den neuen Bundesländern sogar schon 1935. Die Berechnungsbasis hängt ab von der Art des Grundstücks und der Bebauung. Die einzelnen Gemeinden können den Basiswert mit einem individuellen Hebesatz multiplizieren. Veränderungen etwa der Bausubstanz oder des Umfeldes fließen bislang nicht in die Berechnung ein. Hierdurch ist ein großes Ungleichgewicht entstanden, fanden auch die Verfassungsrichter.

Die Nachricht über das Urteil aus Karlsruhe sorgte am gestrigen Dienstag für Aufsehen. Denn das Urteil hat sehr weitreichende Folgen. Es betrifft sowohl Kommunen als auch Immobilieneigentümer und Mieter, die über die Nebenkosten ebenfalls einen Anteil an der Grundsteuer zahlen.

Tobias Schneider, Steuerberater und Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei CMS Deutschland, begrüßt das Urteil: Die zukünftige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer werde sich mehr an den tatsächlichen Wertverhältnissen der individuellen Immobilie orientieren müssen. „Das heißt, dass die Grundsteuerbelastung für Immobilien, deren Wertentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten überproportional gut war, steigen wird, während die Belastung für Underperformer sogar sinken könnte."

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Kostenwertmodell oder Südländermodell

Thomas Schroeter, Geschäftsführer der Immmobilien-Plattform Immobilienscout24, zeigt sich ebenfalls zufrieden, lässt allerdings auch eine Sorge anklingen: „Eine absolute Erhöhung der Grundsteuer als Ergebnis neuer Immobilienwerte als Berechnungsgrundlage lehnen wir hingegen ab, das wäre eine bittere Folge der nun anstehenden Neuordnung. Es wäre schade, wenn aus der Modernisierung der Immobilienbewertung am Ende höhere Kosten auf Mieter und Eigenheimbesitzer resultieren. Die Belastungsgrenze im Bereich des Wohnens und der Nebenkosten ist bereits heute erreicht. Hier müsste der Gesetzgeber die Steuer insgesamt reformieren.“

Vorschläge zur Reform der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer kommen von Andreas Mattner, Präsident des Verbands ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss. Mattner befürchtet angesichts des vom Bundesrat eingebrachten Kostenwertmodells eine Kostenexplosion. Beim sogenannten Kostenwert-Modell, das die Mehrheit der Bundesländer favorisiert, sollen bei allen Objekten die Bodenrichtwerte und pauschale Baukosten der Gebäude zugrunde gelegt werden. Die Erhebung der Gebäudedaten könnte sehr aufwendig werden, befürchtet auch zum Beispiel das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW.

Der ZIA plädiert dagegen für das sogenannte Südländermodell, wie es die südlichen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen anvisieren. Dieses will die Grundsteuer nach der Grundstücksgröße und der Nutzfläche bemessen. Der Wert der Immobilie soll dagegen nicht in die Berechnung einfließen. „Das Südländermodell wäre schneller administrierbar als das Kostenwertmodell“, argumentiert Volkert Volckens, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuerrecht. „Aufgrund der reinen Bezugnahme auf Grundstücks- und Gebäudegröße als Bemessungsgrundlage wäre dieses zudem weniger streitanfällig. Auch ein automatischer Erhöhungsmechanismus wäre im Vergleich zum Kostenwertmodell beim Südländermodell ausgeschlossen, da eine regelmäßige Aktualisierung der steigenden Grundstücks- und Baukosten nicht vorgesehen ist.“

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