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Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:44 Uhrin AnalysenLesedauer: 8 Minuten

Stimmen zur EZB-Sitzung „Dann wäre der Weg für höhere Leitzinsen frei“

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Salman Ahmed, Chef-Investmentstratege bei Lombard Odier IM

Wie bereits erwartet, hält die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin an ihrer Geldpolitik fest und lässt sie unverändert. Neben den konjunkturellen Beobachtungen ist die wohl wichtigste Neuigkeit die offizielle Ankündigung der strategischen Neubewertung der EZB, wie von Lagarde während der letzten Wochen bereits angekündigt. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Preisstabilität, die Inflationsmessung und eine Reihe weiterer Themen, wie beispielsweise Klimawandel, Finanzmarktstabilität und eine transparentere Kommunikation gelegt. Unseres Erachtens ist hier eine mögliche Änderung des Inflationszieles das wichtigste Element der Neubewertung – denn darüber wird das Preisstabilitätsziel der EZB definiert.

Wir gehen davon aus, dass die derzeitige EZB-Politik bis zum Abschluss der strategischen Neubewertung weitgehend unverändert bleibt und die Realzinsen weiterhin im tiefen negativen Bereich bleiben werden. Wir halten eine Neubestimmung des Inflationszieles für wahrscheinlich – dies könnte auch eine lockerere Politik rechtfertigen. Wenngleich Frau Lagarde ihre Selbstcharakterisierung der Eule direkt erhöhte, indem Sie ihre Präferenzen in Bezug auf eine Neugestaltung der Inflationsstrategie für sich behielt. Wir sind jedoch skeptisch, dass abgesehen von einer verbesserten Kommunikation, wirklich neue Instrumente auf den Tisch kommen werden – es sei denn, eine Krise bricht aus.

Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa bei der DWS

Wer weiß, wie lange man Ratssitzungen der Europäischen Zentralbank (EZB) noch mit diesem wenig euphorisierenden Einleitungssatz kommentieren muss: Wie erwartet, gab es keine Überraschungen. Denn auf mittlere Sicht erwarten wir, dass einige Themen, welche Christina Lagarde anstoßen wird, angeregt innerhalb und außerhalb der EZB diskutiert werden dürften. Die als Kernprojekt vorgestellte Strategieüberprüfung, erst die zweite in der Geschichte der EZB, dürfte keinen Stein auf dem anderen belassen. Zwar wird es Lagardes Ziel sein, Mehrheiten für die einzelnen Themen im Rat zu gewinnen, doch dürften einige Themen zu größeren Kontroversen führen. Wie man etwa die Klimapolitik oder auch die soziale Gleichheit in den Zielkatalog der EZB übernehmen möchte. Und auch wenn sich vielleicht manch einer in den nordischen Ländern etwas von der Analyse der Nebenwirkungen der Geldpolitik erhoffen dürfte, glauben wir nicht, dass dies das Ende der expansiven Politik einleiten könnte.

Vorerst wird sich an dieser jedoch nichts ändern. Zwar meint die EZB, dass die Risiken für den konjunkturellen Ausblick nicht mehr ganz so gravierend seien. Doch da die Unsicherheiten bleiben, bleibt es auch beim Easing Bias, also der Bereitschaft der EZB, die Zinsen notfalls weiter zu senken. Dies erwarten wir nicht. Doch solange sich der Inflations- und Wachstumsausblick nicht gravierend verändert, wird die Geldpolitik weiter auf Autopilot bleiben und das Niedrigzinsumfeld fortbestehen.

Jörg Angelé, Senior-Volkswirt bei Bantleon

Die erste EZB-Sitzung im neuen Jahr, zugleich die zweite unter Leitung von Präsidentin Christine Lagarde, verlief ebenso unspektakulär wie diejenige Mitte Dezember 2019. Die Stellungnahme zur Zinsentscheidung lautete nahezu wortgleich zu der von vor sechs Wochen. Neu war lediglich die offizielle Ankündigung der bereits in Aussicht gestellten Strategieüberprüfung.

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