Deutschland hat nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und setzt stattdessen verstärkt auf erneuerbare Energien. Andere Länder, darunter die USA und 22 weitere Staaten, haben hingegen Anfang Dezember in Dubai ein Papier unterzeichnet, das den Ausbau der Kernenergie bis 2050 auf das Dreifache des heutigen Volumens vorsieht. Die Ausrichtung auf Kernenergie soll dazu dienen, die Grundversorgung zu sichern und gleichzeitig die eigenen Klimaziele zu erreichen.
„Dieses Bekenntnis verleiht dem Comeback der Atomenergie weiteren Rückenwind. Die Nachricht dürfte auch bei Investoren zunehmend gehört werden“, ist sich Christian Schärer, Manager des Uranium Resources Fund beim Vermögensverwalter Incrementum sicher.
Die steigende Nachfrage nach Kernenergie, insbesondere auf globaler Ebene, freut natürlich die Uranindustrie. Uran ist ein zentraler Brennstoff für Kernkraftwerke. Angesichts von Herausforderungen wie dem Ausfall Russlands als verlässlicher Lieferant und einem Putsch in Niger, der eine wichtige Uranquelle vorübergehend stillgelegt hat, rückten etablierte Uranproduzenten zunehmend in den Fokus von Investoren.
Uranpreis im Aufwind
Der Uranpreis hat in den vergangenen Jahren eine signifikante Entwicklung durchlaufen. Im Jahr 2019 lag der Preis bei rund 23 US-Dollar pro Pfund. Zu Beginn des Jahres 2023 stieg er bereits auf knapp 40 US-Dollar pro Pfund und erreichte bis Ende April dann fast 65 US-Dollar. Nach einer darauffolgenden Konsolidierungsphase stieg der Preis weiter an und liegt inzwischen bei über 100 US-Dollar pro Pfund. Diese Preisentwicklung spiegelt das wachsende Interesse und eine steigende Nachfrage nach Uran wider.
Neugierig geworden?
Einige Experten sehen weiteres Aufwärtspotential für den Uransektor. Ein entscheidender Faktor, der dazu beitragen dürfte, ist das massive Angebotsdefizit. Jährlich werden etwa 125 Millionen Pfund Uran aus dem Primärbergbau gewonnen, hinzu kommen 25 Millionen Pfund aus Sekundärquellen. Der weltweite Bedarf liegt dagegen schon heute bei etwa 180 Millionen Pfund pro Jahr. Somit fehlen also schon jetzt mindestens 30 Millionen Pfund Uran, und dieser Bedarf dürfte in Zukunft weiter steigen.
Massive Ausbaupläne für Kernenergie
Allein China plant einen massiven Ausbau seiner Kernenergiekapazitäten mit dem Bau von mehr als 150 neuen Reaktoren in den nächsten 15 Jahren, um den wachsenden Energiebedarf der aufstrebenden Wirtschaft zu decken und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Auch andere asiatische Länder wie Indien, Südkorea und Japan setzen verstärkt auf Kernenergie. Und selbst die EU hat die Atomkraft in ihrem Finanzierungspaket als grüne Energie eingestuft, was darauf hindeutet, dass die Kernenergie bei nachhaltigen Finanzierungen berücksichtigt werden sollte.
Betrachtet man den Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung eines Landes, so gehören Frankreich, die Slowakei und Ungarn zu den EU-Ländern mit dem höchsten Kernenergieanteil. Im Jahr 2022 betrug der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung in Frankreich 63 Prozent, in der Slowakei 54 Prozent und in Ungarn 51 Prozent. Beim Blick auf die absolute Menge an Kernenergie, also die gesamte in Kernkraftwerken erzeugte elektrische Energie, so sind die USA, Frankreich und China die Länder mit der weltweit höchsten Kernenergieproduktion.
Im Gegensatz zu Aktien wird Uran nicht stetig an einer Börse gehandelt. Oft handeln Produzenten und Nachfrager langfristige Lieferverträge aus. Experten wie Schärer gehen davon aus, dass nur ein höherer Uranpreis neue Investitionen in zusätzliche Produktionskapazitäten auslösen kann. Schärer erwartet, dass sich die Rentabilität der Uranproduzenten bei steigenden Uranpreisen verbessert und sich die Aktienkurse entsprechend entwickeln. Als Beispiel nennt er die Performance des Branchenführers Cameco. Die Aktie hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht. Die Kanadier fördern und verarbeiten Uran für die Erzeugung von Kernenergie. Außerdem betreibt Cameco Anlagen zur Herstellung von Brennelementen und Reaktorkomponenten für verschiedene Kernenergieanwendungen.
Spezifische Risiken im Uransektor
Trotz der positiven Argumente für steigende Uranpreise und die Kursentwicklung von Uranminen bleiben die Risiken hoch. Simone Schieg, Fondsexpertin bei Scope, betont, dass der Uranmarkt ein kleiner und illiquider Nischenmarkt ist, da Uran nicht an einer organisierten Rohstoffbörse gehandelt wird. Sie weist darauf hin, dass Aktien und Fonds, die sich auf Uran konzentrieren, oft geringe Handelsumsätze und eine eingeschränkte Marktliquidität aufweisen. Wenn sich Investmentfonds auf die wenigen reinen Uranminenaktien konzentrieren, kann dies zu konzentrierten Risiken führen. Anleger sollten daher die spezifischen Risiken des Uransektors und der entsprechenden Finanzinstrumente berücksichtigen.
Weitere kontroverse Aspekte im Zusammenhang mit dem Uransektor sind:
- Umweltauswirkungen: Der Abbau von Uran kann sich negativ auf die Umwelt auswirken, insbesondere in Bezug auf Landschaftsveränderungen, Wasserverschmutzung und der Beeinträchtigung der Biodiversität. Die radioaktiven Rückstände aus den Minen müssen sicher gelagert werden, um Umwelt- und Gesundheitsrisiken zu minimieren.
- Nukleare Sicherheit: Die Nutzung von Kernenergie birgt Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit nuklearen Unfällen. Die Katastrophe von Tschernobyl 1986 und das Unglück von Fukushima 2011 haben die Bedenken hinsichtlich der nuklearen Sicherheit verstärkt.
- Langfristige Lagerung radioaktiver Abfälle: Die sichere Entsorgung und Lagerung von radioaktiven Abfällen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Langfristige Lagerstätten müssen so gestaltet sein, dass sie keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen.
- Nichtverbreitung von Atomwaffen: Die Verbreitung von Kernenergie bringt das Risiko mit sich, dass Nukleartechnologie für militärische Zwecke missbraucht werden kann. Der Uransektor steht daher in Verbindung mit internationalen Bemühungen zur Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen.
- Alternative Energiequellen: Die Debatte über die Notwendigkeit und Sicherheit von Kernenergie steht im Zusammenhang mit der Frage nach alternativen, erneuerbaren Energiequellen. Einige argumentieren, dass erneuerbare Energien wie Sonne und Wind sicherere und nachhaltigere Optionen darstellen.
Der Uransektor wird aufgrund dieser komplexen und kontroversen Themen weiterhin Gegenstand intensiver Diskussionen und Überlegungen bleiben.
Vaneck Uranium ETF: Breite Diversifikation im Nuklearsektor
Ob die Kernenergie als nachhaltig gilt oder in die Sündenecke gehört, muss jeder Anleger für sich selbst entscheiden. Ein geeignetes Investment bietet der niederländische ETF-Anbieter Vaneck. Der Vaneck Uranium and Nuclear Technologies ETF bildet den Marketvector Global Uranium and Nuclear Energy Infrastructure Index ab. Im Index ist auch die Aufnahme von börsennotierten Fonds, die den Spotpreis von Uran abbilden oder in physisches Uran investieren, vorgesehen. So zählt beispielsweise der Sprott Physical Uranium Trust zum Portfolio. Der ETF des niederländischen Anbieters ist vergleichsweise breit diversifiziert, da er aufgrund des Mangels an liquiden Pure-Playern im Nuklearsegment auch in Unternehmen investiert, bei denen der Umsatz mit Uran und Kernenergie weniger als 50 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht.
- Asset-Schwerpunkt: Aktienfonds Welt
- Auflegung: 03.02.2023
- Ertragsverwendung: thesaurierend
- Fondsgesellschaft: Vaneck Asset Management
- ISIN: IE000M7V94E1
- Maximal Drawdown seit Auflage: 12,69%
- Performance YTD: 8,64%
- Performance 3 Monate: 14,81%
- Sum. lfd. Kosten: 0,55%
- Volumen in Mio. USD: 30
ETF-Portfolio und Performance
Unter den insgesamt 25 Positionen des ETF finden sich neben Pure Playern wie Cameco auch so bekannte Namen wie die japanischen Konzerne Mitsubishi Heavy Industries, Fuji Electric oder Hitachi, wobei Aktien aus Nippon mit 24 Prozent einen recht hohen Stellenwert einnehmen. Der geografische Schwerpunkt liegt mit 38 Prozent allerdings auf Kanada. Aktien aus den USA machen hingegen 21 Prozent des Portfolios aus. Der größte US-Wert ist BWX Technologies, ein Unternehmen, das auf die Herstellung von Komponenten und Brennstoffen für Kernreaktoren spezialisiert ist und Produkte und Dienstleistungen für militärische, zivile und medizinische Anwendungen der Kernenergie anbietet. Die Firma wurde 2015 aus dem Anlagenbaukonzern Babcock & Wilcox ausgegliedert.
„Trotz ihrer offensichtlichen Vorteile wird die Kernenergie von vielen als kostspielige Technologie mit erheblichen Umwelt- und Sicherheitsrisiken angesehen. Deshalb arbeiten Wissenschaftler an Technologien, mit denen die Kernenergie effizienter und umweltfreundlicher genutzt werden kann. Die Nukleartechnologien und Industrieunternehmen im Portfolio des Nuclear-ETF sind hervorragend positioniert, um bei diesen Technologien führend zu sein und die Zukunft der Kernenergie maßgeblich zu beeinflussen“, so Vaneck.
Der ETF wurde im Februar 2023 aufgelegt und hat mittlerweile ein Fondsvolumen von 30 Millionen US-Dollar erreicht. Seit seiner Auflegung vor knapp einem Jahr hat er eine Performance von 38 Prozent erzielt, davon allein 15 Prozent in den zurückliegenden drei Monaten. Die enthaltenen Aktien werden physisch gehalten, die Gesamtkostenquote liegt bei 0,55 Prozent.
Sektorspezifische Risiken: Was du bei Themen-ETFs beachten solltest
Themen-ETFs sind mit verschiedenen Risiken verbunden. Erstens können sie anfällig für Marktschwankungen sein, da ihre Wertentwicklung stark von Entwicklungen und Trends in einem spezifischen Sektor oder Thema abhängt. Änderungen in den Marktbedingungen oder eine Veränderung der Investorenstimmung können sich daher direkt auf die Performance auswirken.
Zweitens macht die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema oder eine Branche Anleger anfällig für spezifische Risiken, wie beispielsweise regulatorische Änderungen, technologische Fortschritte oder unvorhersehbare Ereignisse, die sich negativ auf den ausgewählten Sektor auswirken könnten.
Drittens können Themen-ETFs mit Liquiditätsrisiken verbunden sein, insbesondere wenn das gewählte Thema oder die Branche weniger liquide ist. In Zeiten von Marktturbulenzen kann es schwieriger sein, Anteile zu kaufen oder zu verkaufen, was zu größeren Preisschwankungen führen kann. Bei der Anlage in Themen-ETFs sollten daher die spezifischen Risiken der gewählten Branche sorgfältig abgewogen und die ETFs nur als Depotbeimischung eingesetzt werden.