Vermögensverwalter über Nachhaltigkeit Gestrandete Vermögenswerte kosten Anleger Geld


Die Aktie von Exxon Mobile hat in US-Dollar gerechnet in den zurückliegenden zehn Jahren deutlich mehr als 20 Prozent an Wert verloren – trotz des derzeit festen Ölpreises. Zum Vergleich: Der amerikanische Technologie-Index Nasdaq 100 hat sich in diesem Zeitraum mehr als versechsfacht. Zurzeit beläuft sich die Marktkapitalisierung von Exxon Mobile auf weniger als 260 Milliarden Dollar. Noch vor sechs Jahren rangierte der Ölkonzern auf der Liste der wertvollsten Unternehmen hinter Apple noch auf Platz zwei. Heute ist der iPhone-Erfinder mit einer Marktkapitalisierung von fast 2.200 Milliarden Dollar rund achteinhalb Mal so teuer wie Exxon Mobile.
Und es ist durchaus damit zu rechnen, dass dies erst der Anfang der Geschichte ist. Denn Ende Mai sorgte ein aktivistischer Investor dafür, dass zwei Klimaschützer jeweils einen Sitz im Aufsichtsrat von Exxon bekamen. Sie dürften Druck machen, dass das Unternehmen seine Kohlendioxid-Emissionen stärker zurückfährt als bislang geplant. Das würde das Kerngeschäft von Exxon Mobile treffen. Gleichzeitig meiden immer mehr Investoren Unternehmen, die mit fossilen Rohstoffen ihr Geld verdienen. So entwickeln sich solche Aktiengesellschaften beziehungsweise ihre Vermögenswerte zu sogenannten „stranded assets“.
Beim Mitbewerber Royal Dutch Shell sieht es kaum besser aus. Hier entschied ebenfalls vor ein paar Wochen ein Bezirksgericht in Den Haag, dass der britisch-niederländische Ölkonzern seine CO2-Emissionen schneller reduzieren muss als dieser es ursprünglich vorhatte. Jetzt muss Shell seinen Ausstoß gemessen an den Werten von 2019 bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent zurückfahren. Eigentlich geplant war eine Reduktion zwar ebenfalls um 45, aber erst bis zum Jahr 2035 und im Vergleich zu den Emissionen von 2016. Auch die Shell-Aktie ist in den vergangenen Jahren eher schlecht gelaufen. Obwohl sie seit dem Jahresanfang um fast zehn Prozent im Plus liegt, hat sie auf Sicht von zehn Jahren rund 30 Prozent eingebüßt – bei einer wohlgemerkt sehr positiven Entwicklung des Gesamtmarktes.
CO2 – heute ein Risiko
Das gestiegene Umweltbewusstsein hat zu einem Paradigmenwechsel geführt. Die frühere These, dass nachhaltiges Investieren Rendite koste, gilt schon länger nicht mehr. Vielmehr schützt ein an sozialen und ökologischen Aspekten orientierter Anlagestil vor substanziellen finanziellen Risiken. Bei Unternehmen mit einem hohen Ausstoß von Treibhausgasen drohen wie bei Exxon und Shell die Vermögenswerte zu „stranden“.
Das gilt nicht nur für die Produzenten fossiler Rohstoffe, sondern beispielsweise auch die Hersteller von Zement oder Stahl wie Holcim oder Nippon Steel. Zwar können solche Aktien kurzfristig immer wieder einmal auch im Kurs steigen, die langfristige Performance dürfte aber eher mager ausfallen.
Nicht nur die Umweltproblematik kann Unternehmenswerte signifikant beeinträchtigen. Dasselbe gilt für ein unsoziales oder unethisches Verhalten – siehe VW. Der Konzern musste im Zusammenhang mit dem Dieselskandal bislang nicht nur mehr als 30 Milliarden Euro für Strafen und Schadensersatz zahlen. Jetzt ist auch noch das damals zuständige Management dran. Der ehemalig VW-Chef Martin Winterkorn soll 11,2 Millionen Euro zahlen. Die ehemaligen Entwicklungs-Vorstände von Audi und Porsche sollen ebenfalls zur Kasse gebeten werden. Dazu kommen noch 270 Millionen Euro aus der Haftpflichtversicherung.
Alle diese Beispiele belegen, dass ein unsoziales, unethisches und unökologisches Wirtschaften die entsprechenden Firmen operativ belastet und den Unternehmenswert, sprich die Aktien, auf lange Sicht stark beeinträchtigt.
Renditechance Umweltschutz
Unternehmen, die Technologien zur Entlastung der Umwelt entwickeln, können Anlegern dagegen nennenswerte Erträge verschaffen. Bekannte Beispiele der jüngsten Vergangenheit sind Waste Management und Beyond Meat. Die Aktien des Entsorgungs- und Recyclingunternehmens haben sich in den zurückliegenden zehn Jahren knapp vervierfacht. Und der Kurs des Herstellers vegetarischer Hamburger-Patties notiert derzeit bei rund 145 Dollar. Zur Erinnerung: Der Ausgabepreis der Aktie belief sich vor gut einem Jahr auf 25 Dollar.
Natürlich verspricht es kaum Erfolg, ausschließlich auf Basis sozialer und ökologischer Kriterien ohne Berücksichtigung wirtschaftlicher Komponenten zu investieren. Wenn Anleger diese jedoch nicht beachten, handeln sie sich substanzielle finanzielle Risiken ein und verpassen umgekehrt nachhaltige Investmentchancen.
Über den Autor:
Thomas Buckard hat im Jahr 2000 die Vermögensverwaltung MPF mitgegründet. Als Vorstand ist er bei den Wuppertalern für die Kundenakquisition und -betreuung zuständig. Zuvor arbeitete der passionierte Bergsteiger im Private Banking der Deutsche Bank.