Strategie-Chefin bei Natixis
Machtspiel am Ölmarkt
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:42 Uhr
Esty Dwek ist Leiterin globale Marktstrategie bei Natixis Dynamic Solutions. Foto: Natixis Investment Managers
Am Ölmarkt ändern sich die Kräfteverhältnisse. Die USA sind inzwischen drittgrößter Produzent nach Saudi-Arabien und Russland und die Opec verliert weiter an Macht. Esty Dwek, Leiterin globale Marktstrategie bei Natixis Dynamic, ist der Meinung, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren nicht stark steigen wird.
Die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten haben Öl wieder in die Schlagzeilen gebracht. Die Straße von Hormuz, die einen Engpass zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman bildet, ist die wichtigste Wasserstraße der Welt für den Transport von Energie. Etwa ein Drittel des weltweit verflüssigten Erdgases und mehr als 20 Prozent des gesamten weltweiten Ölverbrauchs (rund 21 Millionen Barrel pro Tag) passieren diese Straße. Eine Eskalation der Spannungen könnte daher zu schwerwiegenden Versorgungsunterbrechungen und einem Preisanstieg führen.
Im Moment steigt der Ölpreis trotz der geopolitischen Spannungen nicht. Auf der einen Seite erfährt er zwar Unterstützung, da sich die Beziehungen...
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Die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten haben Öl wieder in die Schlagzeilen gebracht. Die Straße von Hormuz, die einen Engpass zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman bildet, ist die wichtigste Wasserstraße der Welt für den Transport von Energie. Etwa ein Drittel des weltweit verflüssigten Erdgases und mehr als 20 Prozent des gesamten weltweiten Ölverbrauchs (rund 21 Millionen Barrel pro Tag) passieren diese Straße. Eine Eskalation der Spannungen könnte daher zu schwerwiegenden Versorgungsunterbrechungen und einem Preisanstieg führen.
Im Moment steigt der Ölpreis trotz der geopolitischen Spannungen nicht. Auf der einen Seite erfährt er zwar Unterstützung, da sich die Beziehungen zwischen den USA, Europa und dem Iran verschlechtern. Auf der anderen Seite bereitet jedoch die Verlangsamung des globalen Wachstums Sorgen. Auch die Handelsstreitigkeiten können nicht ignoriert werden, da ein direkter Zusammenhang mit der Energienachfrage besteht. Beide Faktoren wirken derzeit als Begrenzung für einen Anstieg des Ölpreises. Insgesamt dürften die gegenläufigen Entwicklungen den Ölpreis in den nächsten Monaten in Balance halten und die Bandbreite des Preises begrenzen.
Daneben gibt es aber noch andere strukturelle und langfristige Treiber für die Nachfrage am Ölmarkt. Analysten erwarten, dass die Ölnachfrage 2019 nur leicht und 2020 wieder in ähnlichem Tempo wächst. Insgesamt dürfte die Nachfrage stagnieren. Der größte Teil des Nachfrageanstiegs in den vergangenen Jahren kam aus China, das inzwischen 13 Prozent der weltweiten Ölproduktion verbraucht. Eine schwächere Produktion und die Handelsspannungen können die Nachfrage jedoch belasten.
Ein weiterer großer Treiber für die Ölnachfrage ist das Wachstum der Schwellenländer. Dort könnte die zunehmende Verschiebung der Nachfrage im Energiebereich die größten Auswirkungen haben. Experten erwarten, dass China und Indien bis 2024 44 Prozent des erwarteten Wachstums der Erdölnachfrage ausmachen werden. Auch im Rest Asiens wird viel Öl nachgefragt, da die Volkswirtschaften zu den entwickelten Ländern aufschließen. Aber die Nachfrage aus den entwickelten Ländern dürfte weiter sinken. Insgesamt werden die Preise künftig von der Nachfrage-Balance zwischen entwickelten Ländern und Schwellenmärkten bestimmt.
Ölmarkt im Wandel
Überhaupt verändert sich die Dynamik des Ölmarktes – und damit das Verhalten des Ölpreises. Wir bewegen uns weg von der Nutzung des Öls in Industrie und Transport hin zu mehr Anwendungen in der Petrochemie, allen Umweltbedenken zum Trotz. Die Nutzung für Kunststoffe wird bald 30 Prozent des Wachstums des weltweiten Ölbedarfs ausmachen .
Die Umweltprobleme in Großstädten und die klimapolitischen Beschränkungen des Pariser Abkommens unterstützen Elektromobilität und die Substitution von Petroleumprodukten im Verkehrssektor, was einen „Peak Demand“ auslösen könnte. Dass der Trend zur Transformation der Energieversorgung auch von zentralen Akteuren des Ölmarktes wie Saudi-Arabien ernst genommen wird, belegen Umstrukturierungspläne für den Staatskonzern Aramco und die Diversifizierung des Wirtschaftsmodells im Zuge der „Vision 2030“.
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