Strategie-Chefin bei Natixis
Machtspiel am Ölmarkt
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:42 Uhr
Esty Dwek ist Leiterin globale Marktstrategie bei Natixis Dynamic Solutions. Foto: Natixis Investment Managers
Am Ölmarkt ändern sich die Kräfteverhältnisse. Die USA sind inzwischen drittgrößter Produzent nach Saudi-Arabien und Russland und die Opec verliert weiter an Macht. Esty Dwek, Leiterin globale Marktstrategie bei Natixis Dynamic, ist der Meinung, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren nicht stark steigen wird.
Das Angebot am Ölmarkt wird stark vom Aufstieg der USA zum dritten großen Ölproduzenten neben den arabischen Staaten und Russland beeinflusst. Die Vereinigten Staaten bauen ihre Ölproduktion kontinuierlich aus. Dieses Jahr erreichten sie mit einer Fördermenge von 12,2 Millionen Barrel pro Tag einen Rekord. Das sogenannte „Fracking“ hat die Energiewirtschaft revolutioniert. Schieferöl kann zu niedrigeren Förderkosten als herkömmliches Öl hergestellt werden, wobei der Break-Even-Preis stark variieren kann. Zwar hat der Ölpreisverfall im vierten Quartal 2018 auch zu einer deutlichen Abschwächung des Wachstums der amerikanischen Schieferölindustrie geführt. Dennoch geht die Expansion weiter. Bei...
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Das Angebot am Ölmarkt wird stark vom Aufstieg der USA zum dritten großen Ölproduzenten neben den arabischen Staaten und Russland beeinflusst. Die Vereinigten Staaten bauen ihre Ölproduktion kontinuierlich aus. Dieses Jahr erreichten sie mit einer Fördermenge von 12,2 Millionen Barrel pro Tag einen Rekord. Das sogenannte „Fracking“ hat die Energiewirtschaft revolutioniert. Schieferöl kann zu niedrigeren Förderkosten als herkömmliches Öl hergestellt werden, wobei der Break-Even-Preis stark variieren kann. Zwar hat der Ölpreisverfall im vierten Quartal 2018 auch zu einer deutlichen Abschwächung des Wachstums der amerikanischen Schieferölindustrie geführt. Dennoch geht die Expansion weiter. Bei einem deutlichen Anstieg des Ölpreises würde sie sich auch wieder stark beschleunigen. Tatsächlich fördern die USA derzeit so viel Öl wie Saudi-Arabien und Russland. Bis 2021 sollen die USA zu einem Nettoölexporteur werden, was bedeutet, dass die größte Volkswirtschaft der Welt nicht mehr abhängig vom Nahen Osten ist.
Opec verliert an Macht
Hinzu kommt, dass die Preissetzungsmacht der Organisation erdölexportierender Länder (engl.: Organization of the Petroleum Exporting Countries, kurz: Opec) nachlässt. Diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren an Dynamik gewinnen. Heute sind die arabischen Ölstaaten und ihre Verbündeten für etwa die Hälfte der Ölförderung verantwortlich. Der Anstieg der Produktion in Ländern, die nicht zur Opec gehören, wird in Zukunft das Wachstum der Opec-Produktion übertreffen. Auch herrscht in der Opec alles andere als Einigkeit. Hinter den Kulissen brechen diverse Konflikte auf und letztlich haben auch Russland und Saudi-Arabien keine deckungsgleichen Interessen.
Die Abhängigkeit des russischen Staatshaushalts von den Ölexporten hat sich inzwischen deutlich reduziert. Die russische Regierung ist sich bewusst, dass ein zu hoher Ölpreis die weitere Diversifizierung der heimischen Wirtschaft behindert. Auf der anderen Seite ist Saudi-Arabien auf einen möglichst hohen Ölpreis angewiesen, um das Defizit im Staatshaushalt abzubauen und den Aufbau eines von Öl unabhängigen Wirtschaftssektors zu finanzieren.
Insgesamt deuten viele Trends darauf hin, dass der Anstieg des Ölpreises künftig nach oben begrenzt ist – und das nicht nur wegen der aktuellen Konjunktursorgen.
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