Strategiespezialist Stefan Wagner
Warum es nicht immer schlimm ist, wenn gute Leute abwandern
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:47 Uhr
Stefan Wagner, Spezialist für Unternehmensstrategien. Foto: ESMT
Selbst wenn hervorragende Mitarbeiter zur Konkurrenz weiterziehen, muss das keine Katastrophe sein. Im Gegenteil – es kann sogar Vorteile bringen. Wie die aussehen, erklärt Stefan Wagner, Professor an der European School of Management and Technology in Berlin.
Viele Firmen unternehmen große Anstrengungen, um den Wechsel wichtiger Angestellter zu Wettbewerbern zu verhindern. Neben dem Verlust von Talenten treibt sie vor allem die Befürchtung der Weitergabe von wertvollem Wissen und Unternehmensinterna um. Unsere jüngste Forschung zeigt jedoch, dass diese Sorge oft unbegründet ist und Firmen von einem Mitarbeiterwechsel sogar profitieren können. Als „Vermittler“ zwischen ihrem neuen und alten Arbeitgeber fördern diese mobilen Angestellten häufig die Bildung von Kooperationen im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Die Vorteile einer solchen Allianz können die Nachteile des Verlusts der Mitarbeiter überwiegen.
Unsere Ergebnisse stammen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Viele Firmen unternehmen große Anstrengungen, um den Wechsel wichtiger Angestellter zu Wettbewerbern zu verhindern. Neben dem Verlust von Talenten treibt sie vor allem die Befürchtung der Weitergabe von wertvollem Wissen und Unternehmensinterna um. Unsere jüngste Forschung zeigt jedoch, dass diese Sorge oft unbegründet ist und Firmen von einem Mitarbeiterwechsel sogar profitieren können. Als „Vermittler“ zwischen ihrem neuen und alten Arbeitgeber fördern diese mobilen Angestellten häufig die Bildung von Kooperationen im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Die Vorteile einer solchen Allianz können die Nachteile des Verlusts der Mitarbeiter überwiegen.
Unsere Ergebnisse stammen aus einer neuen Studie über F&E-Allianzen in der Pharmaindustrie. Dort sind derartige Kooperationen eine verbreitete Methode, um Innovationen voranzutreiben. Die kostspielige Entwicklung neuer Medikamente wird dadurch auf mehrere Schultern verteilt. Für die Untersuchung haben wir detaillierte statistische Daten über die Bildung von Allianzen unter den 55 größten Pharmaunternehmen zwischen 1990 und 2005 zusammengetragen. Unser Datensatz enthält öffentlich zugängliche Informationen zu Patenten sowie über 130.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in diesen Unternehmen angestellt waren.
Die Daten zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer strategischen Partnerschaft zweier Unternehmen im Durchschnitt um 33 Prozent steigt, wenn mindestens ein Wissenschaftler innerhalb der vorangegangenen fünf Jahre zwischen beiden Seiten gewechselt ist. Darüber hinaus sind solche Allianzen innovativer: Die Zahl der eingereichten Patente binnen drei Jahren nach Zustandekommen der Kooperation ist hier fast doppelt so hoch verglichen mit Partnerschaften ohne Angestellte, die von einer Seite zur anderen gewechselt sind.
Neben der statistischen Analyse haben wir ausführliche Interviews mit 15 hochrangigen Pharma-Führungskräften in großen und mittleren Unternehmen aus den USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich geführt. Wir haben sie zu ihren Gründen für die Bildung von Allianzen, zu den Verhandlungen mit potenziellen Partnern und der Rolle von Forschungsmitarbeitern in diesem Prozess befragt.
Die Interviews deuten darauf hin, dass die mobilen Mitarbeiter aus mindestens zwei Gründen als Vermittler fungieren: durch die Identifizierung von Kooperationsmöglichkeiten und durch die Vereinfachung des Verhandlungsprozesses zwischen den potentiellen Partnern.
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