IW-Experte Thomas Obst
So würde sich eine Bankenkrise auf die Wirtschaft auswirken
Thomas Obst ist als Experte für Auslandskonjunktur und makroökonomische Modellierung beim IW Köln tätig. Foto: IW
Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank hat zu einer drastischen Kurskorrektur an den Finanzmärkten geführt. Die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch UBS hat die Krise nach Europa gebracht. Welche konjunkturellen Folgen wären bei einer Bankenkrise in den USA und Deutschland zu erwarten?
Unser Basisszenario geht davon aus, dass eine Bankenkrise vermieden werden kann. Selbst wenn eine umfassende Bankenkrise zurzeit ein Tail-Risiko ist, ist eine gewisse Verschiebung in der Preisbildung und Marktneubewertungen aber nicht überraschend. Im ersten Szenario nehmen wir also an, dass es im Vergleich zum Basisszenario zu einer Bankenkrise kommt, die über drei Transmissionskanäle auf die Realwirtschaft wirkt:
- Finanzmarktumulte führen zu Kursverlusten an den globalen Aktienmärkten.
- Verschärfte Kreditbedingungen führen zu einem Rückgang bei der Kreditvergabe und belasten die private Investitionstätigkeit.
- Vermögensverluste führen zu einem Rückgang beim privaten Konsum.
Die Abbildung auf der vorherigen Seite zeigt die Ergebnisse der Modellsimulationen verglichen mit dem Basisszenario ohne Bankenkrise. Sollten sich die Kreditbedingungen verschärfen, würde die private Investitionstätigkeit in Deutschland um 1,1 Prozent 2023 und 5,8 Prozent 2024 sinken. In den USA sind die Effekte ähnlicher Größenordnung mit einem Rückgang von bis zu 5,5 Prozent im Jahr 2024. Sie sinken in den USA 2023 etwas stärker, da in der aktuellen Lage besonders die Gewerbeimmobilien betroffen sind. Die ins Straucheln geratenen regionalen US-Banken sind für etwa zwei Drittel der Kreditvergabe an diesen Sektor verantwortlich. Die Wohnbauinvestitionen dürften also kräftig einbrechen.
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Unser Basisszenario geht davon aus, dass eine Bankenkrise vermieden werden kann. Selbst wenn eine umfassende Bankenkrise zurzeit ein Tail-Risiko ist, ist eine gewisse Verschiebung in der Preisbildung und Marktneubewertungen aber nicht überraschend. Im ersten Szenario nehmen wir also an, dass es im Vergleich zum Basisszenario zu einer Bankenkrise kommt, die über drei Transmissionskanäle auf die Realwirtschaft wirkt:
- Finanzmarktumulte führen zu Kursverlusten an den globalen Aktienmärkten.
- Verschärfte Kreditbedingungen führen zu einem Rückgang bei der Kreditvergabe und belasten die private Investitionstätigkeit.
- Vermögensverluste führen zu einem Rückgang beim privaten Konsum.
Die Abbildung auf der vorherigen Seite zeigt die Ergebnisse der Modellsimulationen verglichen mit dem Basisszenario ohne Bankenkrise. Sollten sich die Kreditbedingungen verschärfen, würde die private Investitionstätigkeit in Deutschland um 1,1 Prozent 2023 und 5,8 Prozent 2024 sinken. In den USA sind die Effekte ähnlicher Größenordnung mit einem Rückgang von bis zu 5,5 Prozent im Jahr 2024. Sie sinken in den USA 2023 etwas stärker, da in der aktuellen Lage besonders die Gewerbeimmobilien betroffen sind. Die ins Straucheln geratenen regionalen US-Banken sind für etwa zwei Drittel der Kreditvergabe an diesen Sektor verantwortlich. Die Wohnbauinvestitionen dürften also kräftig einbrechen.
Privater Konsum schwächt sich ab
Der private Konsum schwächt sich aufgrund fallender Vermögenspreise und geringerer verfügbarer Einkommen deutlich ab. In Deutschland fällt dieser im Jahr 2023 um 0,4 Prozent und im Jahr 2024 um 2,2 Prozent. In den USA ist der Einbruch aufgrund der größeren Bedeutung der Aktienmärkte noch höher. Hier geht der private Verbrauch um bis zu 2,5 Prozent 2024 zurück. Die Effekte sind durchweg höher im nächsten Jahr, da sich die exogenen Schocks wie die Verschlechterung der Kreditbedingungen erst mit Zeitverzögerung auswirken.
Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung würde eine Bankenkrise in Deutschland ein um 0,5 Prozent geringeres preisbereinigtes BIP im Jahr 2023 und um 2 Prozent geringere Wirtschaftsleistung im Jahr 2024 bedeuten (Niveaueffekt). Für die USA liegt das reale BIP 0,7 Prozent in diesem und 2,1 Prozent im nächsten Jahr unter dem Basisszenario. Die wirtschaftliche Erholung im Zuge der geldpolitischen Straffung würde in den USA damit erheblich verlangsamt. Bezogen auf das Wirtschaftswachstum würde die US-amerikanische Volkswirtschaft nur noch um 0,2 Prozent 2023 wachsen, und 2024 mit einer Rate von minus 0,8 Prozent in eine Rezession schlittern. Ein von der FED angestrebtes „Soft- Landing“ wäre dann also vom Tisch.
In Deutschland würde die Bankenkrise zu einer Rezession 2023 und 2024 führen. Zur Orientierung: In der IW-Prognose (2023) gehen wir in Deutschland von einem leichten Wirtschaftswachstum von ¼ Prozent in diesem Jahr aus. Sollten die simulierten Auswirkungen eintreten, würde das Wachstum 0,5 Prozentpunkte darunter liegen, also bei minus ¼ Prozent. Somit zeigen die durchgeführten Modellsimulationen den enormen Einfluss, den eine Bankenkrise auf die deutsche und amerikanische Wirtschaft nehmen könnte. Vieles hängt im weiteren Verlauf von einer angemessenen Reaktion der Zentralbanken ab, um eine Ansteckungsgefahr auf die Gesamtwirtschat zu unterbinden.
Was kommt jetzt noch?
Durch die jüngsten Turbulenzen im europäischen und US-Bankensystem ist der wirtschaftliche Ausblick eingetrübt. Bislang sahen wir erwartbare konjunkturelle Bremsspuren einer strafferen Geldpolitik. Nun zeigt sich aber, dass einzelne Banken überfordert sind. Sie kommen in Schwierigkeiten, bevor die Inflationsbremsen der Zentralbanken richtig greifen. Insgesamt fehlten den US-Banken beim Auslaufen der Niedrigzinsphase die notwendigen Puffer, die sie gegen die Wertverluste der Bankaktiva einsetzten hätten können.
Während die FED in die Finanzdominanz der Geldpolitik geraten könnte, ergibt sich weiterer Druck für die EZB durch die hohen Lohnforderungen in Deutschland, die zu einer Lohn-Preis-Spirale führen könnten und damit den Kampf gegen die Inflation verlängern. Aufgrund der angespannten konjunkturellen Lage steigt der Druck auf die Zentralbanken, die bisherige Zinspolitik auf den Prüfstand zu stellen.
Literatur
Hüther, Michael, 2023, This time is different but still risky. Bankenkrise statt Finanzkrise, IW-Policy Paper, Nr. 3, Köln.
IW-Kooperationscluster Makroökonomie und Konjunktur, 2023, IW-Konjunkturprognose Frühjahr 2023. Kein Aufschwung in Sicht, IW-Report, Nr. 19, Köln.
Kenny, S., Lennard, J. and Turner, J.D., 2021, The macroeconomic effects of banking crises: Evidence from the United Kingdom, 1750–1938. Explorations in Economic History.
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