Ifo-Studie über Einkommensgleichheit
Warum die OECD nicht ganz richtig liegt
Ifo-Wissenschaftler (von links): Paul Hufe, Andreas Peichl, Daniel Weishaar Foto: Ifo-Institut
Laut OECD-Studie hat man in Deutschland mehr Geld, je reicher man geboren wird – vereinfacht ausgedrückt. Drei Wissenschaftler des Ifo-Instituts in München haben die Studie einer Probe unterzogen. Das – etwas relativierende – Ergebnis lesen Sie hier.
Um die Elastizität zu bestimmen wäre es unabhängig vom gewählten Einkommenskonzept ideal, das Einkommen von Vater und Sohn über deren gesamten Lebenszyklus zu betrachten. Da dies für die meisten Datensätze (noch) nicht möglich ist, bedient man sich verschiedener Methoden, um ein Proxy für das permanente Einkommen zu erstellen.
Würde man lediglich einzelne Einkommensbeobachtungen des Vaters als Proxy für dessen Lebenseinkommen nutzen, führte der induzierte Messfehler in der unabhängigen Variable (Y0) zu einer Unterschätzung der IGE (vgl. Solon 1992; Zimmerman 1992). Aus diesem Grund berechnen die meisten Studien das Einkommen des Vaters als einen Durchschnitt über mehrere Jahre und fokussieren...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Um die Elastizität zu bestimmen wäre es unabhängig vom gewählten Einkommenskonzept ideal, das Einkommen von Vater und Sohn über deren gesamten Lebenszyklus zu betrachten. Da dies für die meisten Datensätze (noch) nicht möglich ist, bedient man sich verschiedener Methoden, um ein Proxy für das permanente Einkommen zu erstellen.
Würde man lediglich einzelne Einkommensbeobachtungen des Vaters als Proxy für dessen Lebenseinkommen nutzen, führte der induzierte Messfehler in der unabhängigen Variable (Y0) zu einer Unterschätzung der IGE (vgl. Solon 1992; Zimmerman 1992). Aus diesem Grund berechnen die meisten Studien das Einkommen des Vaters als einen Durchschnitt über mehrere Jahre und fokussieren sich dabei auf eine spezifische Altersspanne im mittleren Lebensalter. Im Kontext entwickelter Industrienationen mit stark ausgeprägten formellen Arbeitsmärkten ist es ratsam, sich auf die Altersspanne zwischen 30 und 50 zu beschränken, um mögliche Verzerrungen durch Ausbildungsphasen und Renteneintritte zu vermeiden. Neben dem klassischen Messfehler in der unabhängigen Variable ist der Schätzer ebenfalls sensitiv gegenüber dem Alter, in dem das Einkommen des Kindes gemessen wird (vgl. Jenkins 1987; Böhlmark und Lindquist 2006; Grawe 2006; Haider und Solon 2006; Nybom und Stuhler 2016). Je höher das Alter des Kindes zum Messzeitpunkt, desto höher ist die berechnete Elastizität aufgrund der systematischen Veränderung der Einkommen über den Lebenszyklus (vgl. Böhlmark und Lindquist 2006; Grawe 2006). Ein Durchschnitt über mehrere Jahre sowie eine bestimmte Altersspanne, über die der Durchschnitt gebildet wird, ist daher auch für das Einkommen des Kindes vorzuziehen. Allerdings können selbst langjährige Durchschnitte die Verzerrung des IGE-Schätzers nur bedingt ausgleichen, wie Analysen von Nybom und Stuhler (2016) zeigen. Erst ab sehr langen Zeiträumen zwischen 20 und 30 Jahren wird der Schätzfehler auf ein akzeptables Maß reduziert (vgl. Mazumder 2005). Solch lange Zeiträume können mit den Längsschnittdaten des GSOEP noch nicht adäquat abgedeckt werden. Auch Berechnungen basierend auf administrativen Daten, wie sie beispielsweise Nybom und Stuhler (2016) für Schweden vorgenommen haben, sind in Deutschland aufgrund der bestehenden Datenschutzbestimmungen nicht möglich.
Während nur wenige Studien ausschließlich mit den Einkommen einzelner Jahre arbeiten (vgl. Comi 2004) und meist sowohl für Vater als auch Sohn Durchschnitte zur Berechnung des permanenten Einkommens verwendet werden, unterscheiden sich die von uns betrachteten Studien stark bezüglich der Altersspanne und der Mindestanzahl an Perioden, über die der Durchschnitt gebildet wird (vgl. Tab. 1). Die OECD nutzt sowohl für das Einkommen der Väter als auch für das der Söhne Durchschnitte über acht Jahre und beschränkt das Alter in beiden Generationen auf 30 bis 55 Jahre. Vor dem Hintergrund der bestehenden Datenlage sowie der soeben diskutierten Erwägungen erscheint uns dieses Vorgehen grundsätzlich adäquat, wenn auch im Vergleich mit den von uns betrachteten Studien relativ restriktiv.
Grundgesamtheit
Neben der verwendeten Berechnungsgrundlage für das permanente Einkommen variiert die IGE stark mit der betrachteten Grundgesamtheit. Während sich die meisten Studien auf die Gesamtheit aller Erwerbstätigen (Personen mit positivem Arbeitseinkommen) beziehen, schließen andere Studien bestimmte Personengruppen aus. Dazu gehören zum Beispiel Teilzeitbeschäftigte (vgl. Couch und Lillard 2004; Eisenhauer und Pfeiffer 2008; Yuksel 2009) oder Personen unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze (vgl. Couch und Dunn 1997; Schnitzlein 2016; Kyzyma und Groh-Samberg 2018). Oft werden zudem Individuen ausgeschlossen, die sich in Ausbildung oder Rente befinden. Grundsätzlich können diese Einschränkungen dazu dienen, Verzerrungen durch temporäre Einkommensveränderungen (z.B. Teilzeit aufgrund der Kindererziehung) zu unterbinden.
Über die Autoren