Volkswirt Johannes Mayr
Südeuropa bekommt Rückenwind

Johannes Mayr ist Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Südeuropäische Länder erholen sich besser von der Corona-Krise als Deutschland. Dennoch gibt es Schwachstellen in ihrem Wirtschaftssystem. Welche das sind, erklärt Johannes Mayr von Eyb & Wallwitz.
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Die südlichen Länder im Euro-Raum – Italien, Spanien, Portugal und Griechenland – wurden von der Euro-Krise hart getroffen und hinkten deshalb der wirtschaftlichen Erholung im Euro-Raum nach der Finanzkrise hinterher. Während in Deutschland die Wirtschaftsleistung bereits 2011 das Vorkrisenniveau von Anfang 2008 übersprungen hatte, erreichten Spanien und Portugal diese Schwelle erst 2017. In Italien und Griechenland lag die Wirtschaftsleistung sogar Ende 2019 noch 5 beziehungsweise sogar mehr als 20 Prozent unter diesem Niveau. Die Gründe der geringen wirtschaftlichen Dynamik nach der Krise waren dabei vielfältig. Eine Rückkehr privater Investoren erfolgte nur schleppend.
Gleichzeitig verhinderte der fehlende Spielraum im Bereich der Fiskalpolitik staatliche Impulse zur Belebung der inländischen Investitionsnachfrage. Und auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) für den Euro-Raum insgesamt einen sehr expansiven Kurs der Geldpolitik verfolgte, waren die Finanzierungskonditionen für die Peripherieländer durch die gestiegene Risikoaversion und die Probleme in den nationalen Banksystemen nicht ausreichend günstig, um einen starken monetären Impuls auszulösen.
Vor allem aber wurden auf der Angebotsseite die notwendigen Strukturreformen zur Steigerung des Wachstumspotenzials nur zögerlich auf den Weg gebracht. Nach anfänglichen Fortschritten hat sich die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Attraktivität für internationales Kapital – sowohl gemessen an den Preisen wie auch an zentralen Standortfaktoren – seit 2015 nicht mehr verbessert.
Der Finanzmarkt spiegelte diese Entwicklung. Die Risikoprämien und Renditen für Staatsanleihen stiegen während der Euro-Krise stark an und sanken erst mit dem „whatever it takes“ Versprechen der EZB ab Mitte 2012 wieder auf tragbare Niveaus. Zwischen 2015 und 2019 trieben dann vor allem nationale Themen die Risikoaufschläge – von der Griechenlandkrise bis zu den Exit-Phantasien der italienischen Regierung. Insgesamt dominierten aber die EZB-Garantie und die QE-Programme die Finanzierungskonditionen und sorgten für ein sehr günstiges Umfeld auch in dieser Ländergruppe.
Im Gegensatz zu der Zeit bis 2007 wurde eine fast vollständige Konvergenz der Renditen zu Deutschland aber nicht erreicht, ein Risikoaufschlag blieb den Investoren also. An den Aktienmärkten fiel die Entwicklung deutlich ungünstiger aus, wohl auch da die EZB-Maßnahmen diese Märkte nicht direkt stützten. So lagen die nationalen Aktienindizes in allen südlichen Euro-Ländern auch Ende 2019 noch deutlich unter den Vorkrisenniveaus von Ende 2007. Für die relative Underperformance im Vergleich zum Dax oder dem Eurostoxx sind dabei auch unterschiedliche sektorale Gewichtungen verantwortlich. Denn große und wachstumsstarke Unternehmen sind hier deutlich unterrepräsentiert.

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