Volkswirt Johannes Mayr
Südeuropa bekommt Rückenwind
Johannes Mayr ist Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Südeuropäische Länder erholen sich besser von der Corona-Krise als Deutschland. Dennoch gibt es Schwachstellen in ihrem Wirtschaftssystem. Welche das sind, erklärt Johannes Mayr von Eyb & Wallwitz.
Die Covid-Krise stürzte die Länder in eine neuerliche Rezession. Die Wirtschaftsleistung sank 2020 mit -7,5 Prozent in Portugal bis -10,8 Prozent in Spanien erneut deutlich stärker als in Deutschland (-4,9 Prozent). Zum Teil wurden die Länder von der Pandemie früher und stärker erfasst. Gleichzeitig stießen die Gesundheitssysteme schneller an die Belastungsgrenzen. In der Folge dessen sahen sich die Regierungen zu teils drastischen Lockdown-Maßnahmen gezwungen. Angesichts des hohen Anteils an personennahen Dienstleistungen wurde die Wirtschaft dadurch besonders stark gebremst.
Eine erneute Flucht der Investoren blieb diesmal aber aus. Am Aktienmarkt waren die Verluste vergleichbar mit...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die Covid-Krise stürzte die Länder in eine neuerliche Rezession. Die Wirtschaftsleistung sank 2020 mit -7,5 Prozent in Portugal bis -10,8 Prozent in Spanien erneut deutlich stärker als in Deutschland (-4,9 Prozent). Zum Teil wurden die Länder von der Pandemie früher und stärker erfasst. Gleichzeitig stießen die Gesundheitssysteme schneller an die Belastungsgrenzen. In der Folge dessen sahen sich die Regierungen zu teils drastischen Lockdown-Maßnahmen gezwungen. Angesichts des hohen Anteils an personennahen Dienstleistungen wurde die Wirtschaft dadurch besonders stark gebremst.
Eine erneute Flucht der Investoren blieb diesmal aber aus. Am Aktienmarkt waren die Verluste vergleichbar mit den Kernländern im Euro-Raum. Am Rentenmarkt stiegen die Risikoaufschläge moderat an, die Finanzierungskosten blieben insgesamt aber günstig. Hier spielten das koordinierte Vorgehen der Geld- und Fiskalpolitik im Euro-Raum wie auch die solidere Position der Bankensysteme eine wichtige Rolle.
Anders als nach der Euro-Krise können die Länder an der Konjunkturerholung nach der Covid-Rezession nun partizipieren. Im zweiten Quartal 2021 fiel der Anstieg der Wirtschaftsleistung sogar deutlich stärker aus als in Deutschland. Diese Entwicklung könnte sich im zweiten Halbjahr und auch 2022 fortsetzen.
Dabei kehren sich die zuvor belastenden Faktoren – insbesondere der hohe Anteil des Tourismus und der personennahen Dienstleistungen – im Zuge der Wiedereröffnung um und schieben die Nachfrage an. Die derzeitigen globalen Engpässe in der industriellen Produktion belasten die Länder dagegen weniger stark. Dazu kommen wirtschaftspolitische Weichenstellungen, die in den kommenden Quartalen für ein Aufholprozess sprechen.
So haben sich die EU-Mitgliedsstaaten auf umfangreiche fiskalische Hilfs- und Strukturprogramme verständigt, die den südlichen Ländern im Euro-Raum überproportional zugutekommen. Die zugesagten Transferzahlungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds (Next Generation EU, kurz: NGEU) liegen mit gut 4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Italien bis gut 10 Prozent für Griechenland deutlich über dem EU-Durchschnitt. Eine zusätzliche Inanspruchnahme der parallel zur Verfügung gestellten Kreditmittel könnte den Anteil noch deutlich steigern.
Gleichzeitig profitieren die Länder in besonderem Maße von der anhaltend expansiven Geldpolitik der EZB. Die damit einhergehende Einengung der Risikoprämien ist dabei auch im historischen Vergleich bemerkenswert und ist aus zwei Gründen wichtig. Zum einen sinken dadurch auch die Finanzierungskosten für Unternehmen und Haushalte. Zum anderen steigt der nationale Gestaltungsspielraum der Finanzpolitik. Gerade für die Länder mit besonders hoher öffentlicher Schuldenquote ist das ein wichtiger Faktor. So lag die Zinslast des italienischen Staates 2020 – trotz des starken Anstiegs der Schuldenquote um über 20 Prozentpunkte auf 156 Prozent am BIP – nur bei 3,3 Prozent gemessen am BIP und damit nur unwesentlich höher als 2019.
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