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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:42 Uhrin Karl PilnyLesedauer: 10 Minuten

Pilnys Asia Insights Der Aufstieg Südostasiens: Von Mega-Häfen und E-Commerce-Boom

Die Wirtschaft in Südostasien boomt: Hafen in Shanghai bei Nacht
Südostasien: Die größten Häfen der Welt und Boom in der digitalen Wirtschaft | Foto: IMAGO / VCG

Derzeit entstehen in Südostasien riesige Häfen mit einer Geschwindigkeit und Dimension die in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen weder denk- noch durchführbar wären.

In der guten alten Zeit waren die Container, die von Asien nach Europa und Nordamerika verschifft wurden, überladen mit Konsumgütern um anschließend fast leer nach Asien zurückzukehren.

Ähnlich wie im 19. Jahrhundert, als die englischen Frachtschiffe zurückkehrten nachdem sie in China tonnenweise kostbares Silber gegen Tee, Porzellan und Seide eingetauscht hatten.

Um dem Ärgernis des dauernden „Cash Drains“ abzuhelfen, hatten die Briten Millionen von Chinesen Opium süchtig gemacht, um so ihre indischen Besitzungen und Frachtschiffe durch einen geschickten Dreieckshandel zwischen Großbritannien, China und Indien optimal zu nutzen.

Im Himalaya in Darjeeling, Assam und Ceylon wurde nach dem illegalen Anpflanzen der aus China hinausgeschmuggelten Teepflanze erfolgreich Tee angebaut und dazu vielerorts  Opium.

Die chinesische Weigerung dies hinzunehmen und die zahlreichen erfolglosen Gegenmaßnahmen führten in den 1840ern und 1860ern zu den sogenannten Opium Kriegen und letztlich zur Öffnung und Kolonialisierung Chinas mit dem Verlust von  Hong Kong, Kanton und anderen Häfen.

Vor allem Südostasien, dem ich bereits 2008 im dritten Band meiner Trilogie das Asiatische Jahrhundert unter dem Titel „Tiger auf dem Sprung“ enormes Potential vorhersagte, ist mittlerweile ein wirtschaftlicher Tiger mit 7,5 Prozent des weltweiten Handelsvolumens - im Vergleich zu Chinas 10 Prozent und Indiens 2 Prozent.

Gemessen am BIP kommt es als fünftgrößter Wirtschafstraum direkt hinter Deutschland und damit noch vor Indien.

Südostasien als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft

Obwohl es sich im Zuge einer zunehmenden „China Plus 1“-Strategie zu verändern beginnt, wird Südostasien von Europa noch nicht in seiner neuen Rolle wahrgenommen.

Die europäische Wirtschaft hält sich im Vergleich zu China, Japan und Südkorea mit Investitionen noch zurück, wobei in diesen Ländern die Bedeutung Südostasiens als Produktionsstandort, für die Lieferketten und als Absatzmarkt schon lange erkannt wurde.

Schon 2050 sollen vier der zehn ASEAN-Staaten zu den 25 größten Volkswirtschaften der Welt gehören, nämlich Indonesien, die Philippinen, Thailand und Vietnam.

Südostasien entwickelt sich zielstrebig von einer Randregion zu einer globalen Wachstumslokomotive und ist 2000-2019 mit durchschnittlich 6 Prozent pro Jahr gewachsen.

 

Die ADB und der IMF erwarten ähnliche Wachstumsraten für dieses und die kommenden Jahre, bei einem weltweiten Wachstum von gerade einmal 2,7 Prozent.

Bereits seit 2014 zieht die Region mehr ausländische Direktinvestitionen als China an, vor allem in Vietnam und Thailand, Tendenz stark steigend.

Noch ist die Urbanisierung in den größeren Ländern Südostasiens nicht auf dem Niveau Chinas oder Deutschlands und bietet daher Chancen für den Export von Konsumgütern für die neuen Mittelschichten und Investitionen in die sich entwickelnden Industrien und Infrastrukturen z.B. Kraftwerke, Verkehrswege und Krankenhäuser.

Aufgrund ihrer Integration in die Weltwirtschaft durch zahlreiche bilaterale Freihandelsabkommen und das 2022 in Kraft getretene RCEP, den jungen Bevölkerungen und überwiegend guten Beziehungen zu allen Parteien sind die Länder Südostasiens ideal zur Risikominimierung und Diversifizierung.

Desgleichen sind Länder wie Vietnam oder die Philippinen ideal für die Anwerbung von Fachkräften für Industrie, Logistik, Service.

Bis 2030 eine Billion US-Dollar: Digitale Wirtschaft Südostasiens boomt

Die digitale Wirtschaft Südostasiens verzeichnet seit 2021 ein beispielloses Wachstum und entwickelt sich immer mehr zu  einem der globalen Digitalisierungstreiber.

Einer der wichtigsten Faktoren ist dabei das Wachstum der Mittelschichten – das gilt weltweit, insbesondere aber in Südostasien.

Im Vergleich zu Newcomern wie China und Indien existiert hier schon lange eine offene, westlich orientierte, gutverdienende Mittelschicht mit ausgeprägten Qualitäts- und Designansprüchen, die in den kommenden Jahren weiter massiv wachsen wird.

Die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie mit wiederholten Lockdowns und Reisebeschränkungen konnten diesen Megatrend nicht stoppen – im Gegenteil.

Die digitale Wirtschaft Südostasiens verzeichnet stetiges Wachstum und soll bis 2030 ein Volumen von einer Billion US-Dollar erreichen.

Der Hauptgrund für den digitalen Boom in der Region ist das starke Wachstum im Bereich E-Commerce in Verbindung mit der laufenden Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

 

Im Vergleich zum Vorjahr wiesen 2021 alle Märkte in Südostasien ein zweistelliges Wachstum des E-Commerce-Bruttowarenvolumens auf.

Allein die Philippinen kamen auf 93 Prozent, Thailand auf 51, Indonesien auf 49 und Malaysia auf 47 Prozent. Singapur verzeichnete ein Wachstum von 35 Prozent, während der E-Commerce in Vietnam um 31 Prozent zunahm.

Die digitale Wirtschaft in der Region soll von 174 Milliarden US-Dollar 2021 auf 363 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 anwachsen und 2030 gar eine Billion US-Dollar erreichen.

Bis dahin sollen geschätzte 50 Prozent aller Einzelhandelsausgaben online getätigt werden, wobei die Hälfte auf Lebensmittel entfällt. Heute sind es gerade einmal 10 Prozent.

70 bis 80 Prozent der künftigen Transaktionen werden digital abgewickelt und es ist zu erwarten, dass die in der Region etablierten digitalen Unternehmen sich zu globalen Playern entwickeln werden.

Die größten Häfen der Welt: 13 von 15 liegen in Asien

Mit Tuas Port, dem neuen Hafen der rund 16 km von Singapur entfernt ist, soll die bestehende Kapazität verdoppelt werden.

Im September 2022 hat Singapur den ersten Abschnitt von Tuas Port eröffnet. Bis 2040 soll das Projekt fertig sein , es wird rund 14 Milliarden Euro kosten und ein Quai von 26 Kilometer Länge haben.

Die Kapazität von Tuas Port wird bei 65 Millionen TEU (Twenty-Foot Equivalent Unit, ein Standard-Container mit Außenmaßen von 6,1 Metern Länge und je 2,4 Metern Breite sowie Höhe) liegen.

Gewaltige Dimensionen eines Jahrhundertprojekts - im vergangenen Jahr wickelte Shanghai als größter Containerhafen der Welt 47,3 Millionen TEU ab.

Auch in Vietnam, Thailand oder Malaysia schießen derzeit riesige Häfen in einem Tempo aus dem Boden, das in Europa nicht vorstellbar ist. 13 der 15 größten Häfen der Welt liegen in Asien.

Die ersten 9 der größten Häfen der Welt sind:

  1. Shanghai
  2. Singapur
  3. Ningbo
  4. Shenzhen
  5. Qingdao
  6. Guangzhou
  7. Busan
  8. Tianjin
  9. Hongkong

Erst danach folgen auf Platz 10, 11 und 13 Rotterdam, Dubai, Antwerpen.

Port of Tanjung Pelepas: Malaysias Mega-Hafen an der Straße von Malakka

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Genau gegenüber von Singapur liegt der neue malaysische Hafen Port of Tanjung Pelepas (PTP) strategisch günstig an der Straße von Malakka, einer der meistbefahrenen Schiffsrouten der Welt.

Bei der Eröffnung im Jahr 2000 wurden in dem malaysischen Hafen gerade einmal 400.000 TEU abgewickelt. Unter den weltweit größten Containerterminals belegte 2022 Tanjung Pelepas nun mit 10,5 Millionen TEU den 15. Platz- und wächst weiter.

Bis 2028 sollen fünf Jahren Millionen Dollar investiert werden und die Kapazität um 3,5 Millionen TEU auf 15 Millionen TEU steigen.

Durch flächendeckende Automatisierung soll die Kostenersparnis bei der Abfertigung gegenüber Singapur bereits jetzt im zweistelligen Prozentbereich liegen.

Hafen in Malaysia: Port of Tanjung Pelepas (PTP)
Port of Tanjung Pelepas: Malaysias Mega-Hafen an der Straße von Malakka © MMC / PTP

Mehr als 50 Containerschiffe, die PTP wöchentlich verlassen, befahren innerasiatische Routen; nach Afrika legen zwölf und in den Mittelmeerraum acht Schiffe ab.

So wie beispielsweise das riesige Containerschiff „Mogens“ des dänischen Logistik- und Transportkonzerns A.P. Moller-Maersk. Mit einer Länge von 399 Meter, kann es bis zu 18.340 TEU laden, bis zu maximal 200.000 Tonnen.

Der Wert einer  Ladung auf der „Mogens“ kann schonmal auf 1 Milliarde Dollar betragen. Noch 2014 bei der Einweihung war es das größte Containerschiff der Welt.

Heute ist dies nur noch Durchschnitt  - die größten Tanker können inzwischen bis zu 24.000 TEU laden, was durchschnittlich nur Dreißig Stunden dauert.

Die neue Ära der Logistik: Maersk und Kühne+Nagel setzen auf Diversifizierung

Aufgrund der neuen Entwicklungen sind die großen Reedereien wie Maersk, die sich bisher auf den Seetransport und vor allem die Routen nach Asien fokussiert haben, dabei zu diversifizieren und verstärkt Logistikdienstleistungen anzubieten.

So wollen etwa Maersk und Kühne und Nagel die Lieferketten ihrer weltweit wichtigsten Kunden von der Herstellung der Waren bis zur Auslieferung mit ihren Logistikdienstleistungen begleiten.

Diese Umorientierung führt zu zahlreichen Zukäufen gerade im Zukunftsmarkt Asien. So übernahm Mitte 2022 Maersk für 3,6 Milliarden US-Dollar die LF Logistics aus Hongkong.

Der Kontraktlogistiker beschäftigt 10.000 Mitarbeiter und unterhält 198 Lagerhallen mit einer Fläche von 3,1 Millionen Quadratmetern.

LF Logisticts steht für den Paradigmenwechsel der Branche und der Welt. 2019 belief sich der Anteil von E-Commerce am Umsatz auf gerade einmal 4 Prozent, 2022 betrug er bereits 40 Prozent.

Die Covid Pandemie war dabei die treibende Kraft. Das Unternehmen liefert die Produkte von Adidas, Barry Callebaut, Diageo, Ferrero, Lego, Logitech, Nike und anderen an Firmen oder direkt an die Kunden aus.

E-Commerce ist aus dem täglichen Leben der Asiaten nicht mehr wegzudenken. Nach Ostasien erfasst dieser unumkehrbare Trend nun Südostasien.

Zwischen 2019 und 2025 könnte sich dort der Umsatz, der mit E-Commerce erzielt wird, auf mehr als 200 Milliarden Dollar fast verfünffachen.

In Europa und Nordamerika sind die Märkte gesättigt, in Asien wachsen sie weiterhin stark.

Das asiatische Jahrhundert nimmt Fahrt auf: Jetzt handeln und investieren

Die Investitionen in die Häfen Malaysias und Singapurs sind somit auch eine Wette auf die Zukunft Asiens. Im Zuge des „Asiatischen Jahrhunderts” so der Titel  meiner vor zwanzig Jahren erschienenen Trilogie wird die Region wieder zum globalen Wirtschaftszentrum.

 

Noch in den neunziger Jahren gingen 70 Prozent der Exporte Asiens in andere Teile der Welt. Nunmehr verbleiben über 60 Prozent der asiatischen Ausfuhren in der Region, jeder zweite US Dollar Gewinn im Export stammt aus dem innerasiatischen Binnenexport.

Durch RCEP & Co wird dies noch exponentiell steigen. Zwischenprodukte werden in andere Regionen Asiens exportiert und dort weiterverarbeitet.

Oder die explodierenden Mittelschichten Asiens konsumieren die fertigen Produkte mit steigendem Wohlstand gleich selbst.

Trotz aller globalen Turbulenzen nimmt das asiatische Jahrhundert weiter an Fahrt auf - ob mit uns oder uns.

Es gilt die Zeichen der Zeit zu erkennen und danach zu handeln und zu investieren.

Pilnys Asien-Insights der vergangenen Wochen:

>> Japans Wachstumskrankheit: Eine Chance für Investoren trotz schwacher Konjunktur?

>> Die neue Weltunordnung: Spannungen zwischen China, Russland und USA nehmen zu

>> Taiwan: Die wichtigste Insel der Welt im Fokus von China

>> U-Boote und Spionage-Ballons: Was die Aufrüstung zu Wasser und in der Luft zu bedeuten hat

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