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Ein Mann steht in den Bergen vor einem Loch voll Geld und fragt sich, ob er jetzt Skifahren muss, weil er den Skipass schon bezahlt hat
Ein Mann steht in den Bergen vor einem Loch voll Geld und fragt sich, ob er jetzt Skifahren muss, weil er den Skipass schon bezahlt hat: Ökonomen sagen, versunkene Kosten sind nicht mehr entscheidungsrelevant für die Zukunft. | Foto: Christin Jahns mit Canva-KI

Ein Skifahrer kauft sich morgens einen Tagespass für 80 Euro und fährt bei herrlichem Wetter in ein wunderschönes Skigebiet. Am Mittag stellt er fest, dass er überhaupt keine Lust mehr auf Skifahren hat. „Mist“, denkt er sich, „ich muss noch ein paar Stunden weiterfahren, damit sich der teure Skipass gelohnt hat“.

Ist ein solches Verhalten rational? Ökonomisch auf keinen Fall. Die 80 Euro sind fort und können nicht mehr zurückgeholt werden. Ökonomen nennen Kosten, die nicht rückgängig gemacht werden können „versunkene Kosten“ oder auf Englisch „sunk cost“. Rein rational stellt sich einem Entscheider nur die Frage, was in der Zukunft weiter passieren wird. Falls unser Skifahrer lieber ins Hotel geht und sich ausruhen will, sollte er das tun und den Skipass vergessen.

Versunkene Kosten sind nicht mehr entscheidungsrelevant für die Zukunft. Der bekannte deutsche Betriebswirt Eugen Schmalenbach prägte dafür den Satz: „Der Kaufmann gibt nichts für das Gewesene!“

Sunk-Cost-Fallacy – was hat es mit meiner Geldanlage zu tun?

Aus rein logischer Überlegung ist die Situation klar. Aber trotzdem fällt es vielen Entscheidern – Privatpersonen, Managern, Politikern – ausgesprochen schwer, sich der Sunk-Cost-Fallacy oder Versunkene-Kosten-Falle zu entziehen. Menschen entscheiden sich für den falschen Job oder den falschen Partner und wollen sich das lange Zeit nicht eingestehen, weil sie schon viel in den Job oder die Beziehung investiert haben. Manager verfolgen weiter ein verlustträchtiges Produkt, weil sie endlich die verausgabten Investitionskosten wieder hereinholen wollen. Politiker halten an einem vermurksten Infrastrukturprojekt (etwa Berliner Flughafen) fest, weil sie gegenüber ihren Wählern nicht zugeben wollen, dass die Ausgaben dafür sinn- und nutzlos waren.

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Wir Anleger haben auch ein großes Problem mit Sunk-Cost-Fallacy. Wir halten zu lange an nicht aufgegangenen Anlagestrategien, Investments, anscheinend tollen „Anlagegurus“ und Signalgebern fest. Gefallene Aktien werden nicht verkauft, weil man „die Verluste wieder hereinholen“ will und deshalb darauf wartet, dass der ursprüngliche Einstandskurs wieder erreicht wird. Der Impuls, Verluste wieder wettmachen zu wollen, kann sogar dazu führen, dass man die schlecht gelaufene Position weiter erhöht, um aufgelaufene Verluste mit einem höheren Einsatz schneller wieder ausgleichen zu können („verbilligt“). Im Ergebnis führt das dazu, dass übermäßige Risiken aufgebaut werden und das Risikomanagement nicht mehr stimmt.

Zukünftiges Potenzial: Wie man sich als Anleger rational verhält

Finanzökonomisch rational verhält man sich, wenn man Kapitalanlagen ausschließlich nach ihrem künftigen Potenzial bewertet. Das einzig vernünftige Motiv eine schlecht gelaufene Aktie zu behalten besteht darin, dass man ihr eine überdurchschnittliche künftige Kursentwicklung zutraut, nicht jedoch, dass man vergangene Verluste hereinholen möchte. Doch ohne Training und Begleitung auf Augenhöhe, die den ungeschulten Anleger unterstützen, dominieren andere Motive.

Wenn viele Anleger von der Sunk-Cost-Fallacy betroffen sind, könnten Aktien mit einer in der vergangenen Zeit schwachen Performance wie zum Beispiel Bayer in Deutschland oder Tesla in den USA sogar noch überbewertet sein, weil die Investoren zögern ihre Position zu verkaufen, um ihre Verluste nicht realisieren zu müssen. Dies führt dazu, dass das Verkaufsangebot an Aktien geringer ist, als es wäre, wenn alle Anleger die Aktie ausschließlich nach ihrem künftigen Potenzial bewerten würden.

Auch in Sachen Sunk-Cost-Fallacy stellt uns unser steinzeitliches Gehirn wieder eine Falle. Unsere Vorfahren in der Steinzeit hatten nur sehr knappe Ressourcen – Werkzeuge, Lebensmittel, Kleidung, Waffen – zur Verfügung. Diese zu verlieren kam für sie einer Katastrophe gleich, was sie deshalb tunlichst vermeiden wollten. In der modernen Welt der Kapitalanlage gibt es eine nahezu unendliche Vielfalt an Anlageoptionen, weshalb es objektiv in keiner Weise notwendig oder sinnvoll ist, sich an eine bestimmte festzuklammern. Doch dazu muss man seinen Blick öffnen und die Situation neutral beurteilen.

Wie der Sunk-Cost-Fallacy entgehen?

Der erste Schritt zu ihrer Überwindung besteht darin, sich der Sunk-Cost-Fallacy überhaupt bewusst zu sein und sich Klarheit darüber zu verschaffen, dass für Investitionsentscheidungen ausschließlich die künftigen Aussichten relevant sind.

Weiterhin kann ein regelbasiertes Anlagesystem helfen, die Sunk-Cost-Fallacy zu vermeiden. Wenn man selbst erarbeiteten, standardisierten Regeln bei seiner Anlageentscheidung folgt, kann man verhindern zu lange an einer überholten Position festzuhalten. Mithilfe geeigneter Ausbildungsformate kann man lernen, die eigenen Regeln einzuhalten.

Nicht zuletzt hilft der Austausch mit anderen Menschen zu Anlageideen. Für diese (sollten) unsere eigenen Einstandskurse überhaupt keine Rolle spielen, sondern sie können uns davon unbelastet ihre Einschätzung zu den künftigen Aussichten möglicher Anlagestrategien geben.

Über die Autoren 

Christoph D. Wahlen und Gösta Jamin sind Gründer der Finanzakademie – by Pro Coaching. In den vergangenen Jahrzehnten haben die beiden an der Börse selbst schmerzliche Erfahrungen mit Fehlern gemacht, die eigentlich vermeidbar gewesen wären.

In der Serie „Geld-Psychologie" schreiben sie über Fallen, die unser Gehirn uns stellt, um dir dabei zu helfen, sie aufzudecken und zu vermeiden. Mehr Infos und Weiterbildungsangebote findest du auf Finanzakademie – by PRO Coaching. 

 

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