EU-Taxonomie, ESG-Ratings und mehr Sustainable Finance: EU-Kommission legt Bündel neuer Maßnahmen vor
Die EU-Kommission hat wichtige Detailbestimmungen zur europäischen Taxonomie-Verordnung und weitere Regulierung im Bereich Sustainable Finance veröffentlicht. Am Dienstag stellte sie ein ganzes Paket von Maßnahmen vor, die die nachhaltige Finanzwirtschaft betreffen.
Taxonomie ergänzt
Zunächst einmal legte die Kommission mehrere delegierten Verordnungen vor, die Wirtschaftstätigkeiten mit Blick auf klimabezogene Nachhaltigkeitsziele einordnen sollen. Dabei geht es um die vier in der Taxonomie-Verordnung definierten Umweltziele:
- nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Zusätzlich wurde auch das Spektrum von Wirtschaftstätigkeiten erweitert, das den Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ zugerechnet werden kann. Vor allem das verarbeitende Gewerbe und der Verkehrssektor wurden in den Blick genommen.
Ergänzend hat die Kommission auch Vorgaben zu den Offenlegungspflichten für die jetzt von der Taxonomie neu erfassten Unternehmungen gemacht.
Mit diesen Ergänzungen ist die europäische Taxonomie im Bereich Umwelt – dem „E“ aus ESG – nun komplett. Bis dato waren dagegen erst die zwei letztgenannten von insgesamt sechs ökologischen Nachhaltigkeitszielen berücksichtigt worden. Die delegierten Verordnungen zur Taxonomie müssen allerdings noch in alle EU-Amtssprachen übersetzt werden, zudem müssen EU-Parlament und EU-Rat zustimmen. Die Kommission rechnet mit einem Inkrafttreten im Januar 2024.
Die Taxonomie-Verordnung ordnet ein, wie nachhaltig europäische Unternehmen wirtschaften. Mit dieser Messlatte sollen einerseits Anleger eine Orientierungshilfe erhalten und andererseits die Unternehmen angeregt werden, ihr Geschäft nachhaltiger auszurichten.
Neben der Umwelt-Taxonomie ist übrigens auch eine soziale Taxonomie (das „S“ aus ESG) in der EU-Pipeline. Diese hinkt jedoch weit hinter den Umwelt- und Klimamaßgaben her. Das Beratergremium Platform on Sustainable Finance, das der EU-Kommission zuarbeitet, hat im Februar 2022 einen ersten Rahmenentwurf für eine soziale Taxonomie vorgelegt. Seitdem ist es still geworden um das Projekt.
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Verordnung zu ESG-Ratings geplant
Das jüngste Maßnahmenpaket der EU-Kommission umfasst auch einen Vorschlag für eine neue Verordnung: Die Kommission will Anbieter von ESG-Ratings strenger kontrollieren. ESG-Ratings spielten am Finanzmarkt eine wichtige Rolle, erklärt die Kommission. Denn viele Investoren machten Anlageentscheidungen von solchen Ratings abhängig.
„Am ESG-Ratingmarkt mangelt es derzeit an Transparenz“, heißt es zur Begründung von der EU-Kommission. Problem: Jedes ESG-Rating-Haus verwende jedoch andere Methoden, nach denen es einordne, wie nachhaltig einzelne Unternehmen wirtschafteten. Diesen Flickenteppich will die Kommission zwar nicht harmonisieren. Sie will die Rating-Anbieter jedoch verpflichten, ihre Analysemethoden transparent zu machen.
Zudem wolle man „klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten“ setzen, heißt es von der EU-Kommission. Anbieter von Nachhaltigkeits-Ratings, die gleichzeitig Dienstleistungen in dem Bereich anbieten – etwa Unternehmen beraten, Benchmarks entwickeln oder auch Ratings verkaufen – sollen zukünftig von der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde Esma zugelassen und von ihr auch beaufsichtigt werden. „Dadurch wird die Qualität und Verlässlichkeit ihrer Dienstleistungen gewährleistet, sodass die Investoren geschützt sind und die Marktintegrität gewahrt bleibt“, begründet das die Kommission.
Die Verordnung ist einstweilen erst ein Entwurf. Das EU-Parlament und der Rat der EU müssen ihm noch zustimmen.
Weitere Vorhaben
Zusätzlich veröffentlichte die Kommission Vorschläge dazu, was Unternehmen praktisch tun können, um ihr Geschäft enger an die Anforderungen der Taxonomie anzulehnen.
Ebenso teilt die Kommission mit, dass es neuerdings auch einen Leitfaden zur EU-Taxonomie für Verbraucher gibt, die mit den Feinheiten der EU-Regulierung noch nicht vertraut sind. Hier ist er abrufbar.
Schlussendlich macht die EU-Kommission Vorschläge, wie Unternehmen das europäische Nachhaltigkeits-Regelwerk nutzen können, um sich am Kapitalmarkt Geld für den eigenen Übergang zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu beschaffen.