Selbstbestimmung und Unabhängigkeit sind für drei von vier (78 Prozent) Deutschen wichtige Bedürfnisse im Leben. Aktuell fühlen sich jedoch nur rund jeder Zweite (56 Prozent) grundsätzlich selbstbestimmt und 37 Prozent finanziell gut abgesichert. Doch knapp jeder Dritte (29 Prozent) blickt trotz aller wirtschaftlicher Unsicherheiten in der heutigen Welt uneingeschränkt positiv in die Zukunft, Tendenz steigend. Das zeigt die aktuelle Ausgabe der Studienreihe Selbstbestimmungsbarometer von Swiss Life Deutschland an. 

In den Umfragen unter deutschen Verbrauchern zeigten sich in den beiden Vorjahren deutliche Folgen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen. In diesem Jahr hingegen bestimmt der Krieg in der Ukraine das Stimungsbild: „Die vielen Krisen dieser Zeit und die mittlerweile deutlich spürbare Inflation trüben die finanzielle Zuversicht und gefühlte Selbstbestimmung der Menschen“, sagt Jörg Arnold, Chef des Versicherungs- und Finanzberatungskonzerns mit deutschem Sitz in Garching bei München. 

Aktuelle Krisen dämpfen Optimismus und Zuversicht 

Konkret untersuchte Swiss Life in seinem vierten Selbstbestimmungsbarometer wieder, wie zuversichtlich die Menschen in die Zukunft blicken und as ihnen für ein selbstbestimmtes Leben wichtig erscheint. Mit einem Minus von drei Prozentpunkten fühlen sich heute weniger Menschen grundsätzlich selbstbestimmt im Leben als im Vorjahr. „Die Zeit während der Corona-Pandemie hatte trotz aller Einschränkungen einen positiven Einfluss auf die gefühlte Selbstbestimmung“, berichtet Arnold. 

Jörg Arnold, CEO Swiss Life Deutschland
Jörg Arnold © Swiss Life Deutschland

Doch: „ Dieser Effekt wird mittlerweile durch wirtschaftliche Herausforderungen wie Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel, steigende Preise und nicht zuletzt den Ukrainekrieg überschattet. Selbst die Vorteile mobiler Arbeit und die höhere Flexibilität im Berufsumfeld können diese negativen Einflüsse auf die persönliche Unabhängigkeit und finanzielle Selbstbestimmung nicht abfedern“, so Arnold weiter. Vor allem wenn es um ihre aktuellen Finanzen geht, fühlten sich nur noch 47 Prozent der Deutschen selbstbestimmt. 

Und die aktuellen Krisen dürften den Optimismus und die Zuversicht der Deutschen noch weiter dämpfen. Denn: Die wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen zwölf Monate haben Spuren hinterlassen: Für jede fünfte Person (20 Prozent) hat sich die Selbstbestimmung im vorigen Jahr spürbar verschlechtert. Diese Entwicklung könnte sich aufgrund der Energiekrise und steigender finanzieller Belastungen weiter zuspitzen. Lediglich 37 Prozent der Befragten bewerten ihren Haushalt als finanziell gut abgesichert. 

Vor allem Singles fühlen sich finanziell eingeschränkt

Ungeachtet der angespannten Situation blicken mit jetzt 29 Prozent der Befragten (2021: 24 Prozent) mehr Menschen mit uneingeschränktem Optimismus in die Zukunft. Die Frauen sind bei ihren Zukunftsprognosen allerdings noch immer skeptischer als Männer: Die Mehrheit der Studienteilnehmerinnen (51 Prozent) sind besorgt, dass ihre finanzielle Situation ihr selbstbestimmtes Leben in Zukunft einschränken könnten. Zum Vergleich: Diese Sorge teilen lediglich 43 Prozent der männlichen Studienteilnehmer. 

Insgesamt fühlen sich aktuell 31 Prozent der Menschen in Deutschland aufgrund der eigenen finanziellen Situation gestresst (2021: 26 Prozent). Insbesondere Single-Haushalte fühlen sich mit ihren Finanzen deutlich eingeschränkter: Nur 36 Prozent gaben an, mit ihren finanziellen Mitteln ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Ähnliche Werte erreichen Familien mit Kindern (39 Prozent). Kinderlose Paarbeziehungen blicken mit 45 Prozent hingegen zuversichtlicher auf ihre Finanzen. Allerdings ist auch hier der Wert zum Vorjahr gesunken. 

Nur ein Drittel fühlt sich gut vorbereitet für die Rente

Auf die Frage, wie zuversichtlich die Befragten auf ihre Altersvorsorge blicken, gaben lediglich 34 Prozent der Befragten an, dass sie ihren Ruhestand finanziell gut geplant haben. Mit den getroffenen Vorsorgemaßnehmen hätten sie ausreichend vorgesorgt, um im Alter selbstbestimmt leben zu können (32 Prozent). Mit Blick auf ihre Altersvorsorge spüren aktuell nur 42 Prozent ein Gefühl von Selbstbestimmung. 45 Prozent vertrauen darauf, dass eine gut geplante Vorsorge grundsätzlich ein unbeschwertes Leben ermöglicht.

„Die Studienergebnisse machen uns wieder einmal bewusst, dass Altersvorsorge in Deutschland neu belebt werden muss. Eine Reform ist aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Staatsausgaben unabdingbar“, kommentiert Arnold die aktuellen Umfrageergebnisse. „Mehr denn je sollten wir die Kräfte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bündeln, um den Menschen Perspektiven aufzuzeigen und neues Vertrauen in die Alterssicherung in Deutschland zu stiften.“

Beruf und Wohnort beeinflussen Selbstbestimmung

Die Gestaltung des Berufsalltags und die Wohnsituation sind den Studienautoren zufolge ebenfalls entscheidend für das Gefühl der Selbstbestimmung der Menschen hierzulande. Was das Berufsleben angeht, fühlen sich heute trotz Annährung an das Leben vor der Corona-Pandemie und der Einführung neuer hybrider Arbeitsmodelle nur 41 Prozent der Befragten selbstbestimmt. Im vergangenen Jahr lag der Durchschnittwert noch bei 43 Prozent und im Pandemiejahr 2020 sogar bei 53 Prozent. 

 

Bei der Wahl des Wohnortes deutet sich eine Trendwende an: Bislang wurde das Leben in der Stadt mit einem höheren Selbstbestimmungsgrad verbunden (2021: Stadt 60 Prozent, Land 55 Prozent). Im diesjährigen Barometer schneiden das Stadt- und das Landleben mit 57 und 56 Prozent beinahe gleich ab. Während der Corona-Pandemie lernten immer mehr Menschen die Vorzüge in ländlicheren Regionen zu schätzen, schlussfolgern die Studienautoren aus den Umfrageergebnissen.