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SYZ Asset Management 3 Szenarien für die Wahlen in Italien

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Mögliche Szenarien und Auswirkungen auf die Märkte

Beginnen wir zunächst mit der guten Nachricht: Mehr als unwahrscheinlich erscheint ein Sieg von Luigi di Maio, dem Kandidaten der 5-Sterne-Partei. Dieser wäre für die Aktienmärkte, die italienischen Anleihen und die gemeinsame Währung eindeutig das schlimmste Szenario, da seine Haltung gegenüber der Europäischen Union zweideutig ist. Denn weder seine Partei noch die anderen Parteien wollen gemeinsam ein Bündnis bilden. Nicht nur würden ihm 7-10 Prozent der nationalen Stimmen fehlen, sondern die rechte Mitte müsste außerdem die Hälfte der Wahlbezirke einheimsen. In diesem Fall, und selbst mit einem Sieg der Partei M5S, hat eine von der M5S geführte Minderheitsregierung sehr wenig Chancen, das Licht der Welt zu erblicken. Denn das aktuelle Wahlsystem bevorzugt Koalitionen, was dazu führen würde, dass der Präsident der Republik eher einem Vertreter der ersten Koalition (Mitte-rechts) als der ersten Partei das Mandat erteilen würde. Daher kann man auch die Hypothese einer Anti-Establishment-Regierung (M5S, FIT und LN) ausschließen: Das ist zwar angesichts der für jede dieser Parteien erwarteten Stimmanteile theoretisch möglich, doch in der Praxis sind die Unstimmigkeiten erheblich und eine Annäherung würde zu einem Verlust der Unterstützung des Volkes führen, da sie den Prinzipien und dem Erfolg der M5S widersprechen würde, die sich als „weder rechts noch links“ definiert.

1. Eine Regierung der rechten Mitte

Gemäß den letzten Umfragen ist diese Koalition nicht weit davon entfernt, eine Mehrheit zu erhalten: Ihr  würden zwischen 20 und 50 Sitze fehlen. Wenn dieser Abstand auf weniger als 20 Sitze schmelzen würde, könnten sich ihr einige Parlamentarier der „Mitte“ des linken Flügels oder Deserteure anderer Minderheitsparteien anschließen. Diese „kleine“ Mehrheit würde sicherlich mit einem Anstieg der italienischen Aktien positiv begrüßt, oder zumindest mit einer Outperformance gegenüber anderen europäischen Märkten, einer Verringerung des Spreads zwischen den italienischen und den deutschen Anleihen und einer leichten kurzfristigen Aufwertung des Euro, da mit solch einer knappen Mehrheit Instabilität herrschen würde.

Sie müsste daher die Unsicherheit im Zusammenhang mit Neuwahlen in 6 bis 12 Monaten ausräumen. Dennoch dürfte es neben der kurzfristigen positiven Auswirkung der Neuigkeit keine sehr bedeutenden und dauerhaften Folgen geben. Jedoch würde sehr bald eine neue Unsicherheit auftreten: die Ernennung des Premierministers innerhalb dieser Koalition der rechten Mitte! Berlusconi kann diese Verantwortung aufgrund seiner Unwählbarkeit infolge seiner Vorstrafen nicht übernehmen, doch in seiner Partei hält immer noch er die Zügel, während Salvini und die Lega Nord Bestrebungen haben, diesen Posten zu übernehmen. Der interne Kampf droht, lang und heftig zu werden und möglicherweise Unstimmigkeiten zu schaffen. Dieses nicht unbedingt sehr stabile Arrangement könnte daher ebenfalls nicht sehr lange andauern.

Anzumerken ist, dass es zwar sicherlich die erste positive Reaktion der Märkte aufheben würde, wenn Salvini an der Spitze der Regierung stünde; doch auch eine Ernennung innerhalb der Partei Forza Italia würde keine begeisterte Reaktion der Anleger garantieren. Zumal der aktuelle Premierminister, nämlich Paolo Gentiloni, der während dieser Verhandlungen weiterhin das Übergangsamt inne hätte, bei den Anlegern sehr beliebt ist.

Eine „knappe“ Niederlage würde am vorstehend beschriebenen Szenario nicht viel ändern, mit folgendem Unterschied: eine weniger starke kurzfristige und mittelfristig weniger volatile Reaktion des Marktes aufgrund der Fortsetzung des Mandats des aktuellen Premierministers und weniger zerstörerische Kampf- und Allianzspiele innerhalb der Koalition der rechten Mitte.

2. Eine von einer großen Koalition der Mitte gebildete Regierung

Das ist eine mögliche Eventualität, falls keine der Parteien oder Koalitionen einen klaren Vorsprung hat. Man dürfte zunächst eine leicht negative Reaktion zur Markteröffnung beobachten, jedoch keine Panik: Einerseits würde Paolo Gentiloni weiterhin die Aufgabe des Premierministers erfüllen. Andererseits wäre es sicherlich das bestmögliche Szenario, wenn die Parteien der rechten und der linken Mitte ihre Kräfte vereinen würden. Eine Aufgabe oder Abkehr von den Rechtsaußen-Parteien, oder Linksaußen-Parteien in kleineren Maße, würde zu einer neuen Welle der Hoffnung führen, ähnlich wie wir dies infolge des Siegs der Partei von Macron in Frankreich beobachten konnten. Hierfür müsste man ebenfalls auf den Anschluss einiger Parlamentarier setzen, um die Mehrheit zu gewährleisten. Auch hier erscheint eine große Koalition nicht unbedingt stark und stabil...

Aktuell scheint die Koalition der rechten Mitte wahrscheinlicher, doch die Möglichkeit dieser großen Koalition der Mitte könnte sehr schnell an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn die Stimmanteile der Rechtsaußen-Parteien geringer ausfallen sollten als erwartet.

3. Neuwahlen

Falls sich die Bildung einer Regierung in den kommenden Monaten als unmöglich erweist, gibt es nach 6-12 Monaten Neuwahlen, wie 2015-16 in Spanien. Negative Auswirkungen wären geringfügig und würden nicht lange anhalten. Der Haushaltsentwurf wäre betroffen. Doch wäre es wirklich eine große Überraschung zu erfahren, dass Italien, das seit dem Ende des zweiten Weltkriegs 62 verschiedene Regierungen gesehen hat, für ein paar Monate ohne Regierung dasteht? Ist es Belgien oder Spanien, die ähnliche Situationen erlebt haben, dadurch schlechter ergangen? Ist es nicht manchmal keine Regierung einer schlechten Regierung vorzuziehen?

Sicherlich ist Italien nicht irgendeine Volkswirtschaft der Eurozone. Es braucht mehr als jedes andere große Land der Eurozone Strukturreformen, um seinen gefährlichen Cocktail aus schwachem Wachstum und erstickender Staatsschuld so schnell wie möglich aufzulösen. Doch die Italiener sehen das größtenteils klar, denn das schlimmste Szenario, was eine Explosion der Defizite angeht, nämlich ein unilateraler Sieg der Lega Nord, von Liberi e Uguali oder der 5-Sterne-Bewegung, ist heute nicht denkbar. Ansonsten passt das Programm der PD in den Status quo der Steuerpolitik, während die Auswirkung des Programms von Forza Italia schwer zu beurteilen ist (Versprechen bedeutender Steuersenkungen und der Erhöhung der Renten, aber Bereitschaft, oder besser gesagt der Wunsch, den Primärüberschuss auf 4 Prozent zu bringen, damit das Verhältnis der Staatsschuld in den nächsten 5 Jahren auf 110 Prozent sinkt). Viel Gerede... Man kann immer träumen, doch die Italiener glauben sowieso nicht sehr an eine Durchführung solcher Maßnahmen. Es sei denn der Wind der italienischen Politik dreht sich eines Tages, so, wie es in Frankreich geschehen ist.

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