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Target-2-Salden Friedrich & Weik: „Einen Großteil des Geldes werden wir nie wiedersehen“

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Die Süddeutsche Zeitung hat das System im August 2012 anschaulich erklärt: „Verkauft zum Beispiel ein deutscher Händler ein Auto nach Spanien, fließt das Geld folgenden Weg: Der Spanier geht zu seiner Hausbank, um die Überweisung nach Deutschland in Auftrag zu geben. Die Hausbank wendet sich an die spanische Zentralbank, die der Europäischen Zentralbank EZB Bescheid gibt. Die EZB meldet die Summe der Bundesbank, die dann das Geld an die Hausbank des deutschen Autohändlers zahlt. Der Deutsche sieht es dann auf seinem Konto und schickt das Auto an den Spanier. Eigentlich ein gutes Geschäft – nur senden sich die spanischen und die deutschen Notenbanken kein Geld hin und her, denn Zentralbanken erschaffen quasi Geld aus dem Nichts. Die Bundesbank erhält somit ‚nur’ eine virtuelle Forderung, die an den Mittler der Euro-Zone gerichtet ist, an die EZB.“[iii]

Wir wissen, dass es rund um das Thema Target 2 eine kontroverse Debatte unter den Ökonomen gibt. Einige, vorneweg der ehemalige Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, gehen mit guten Argumenten davon aus, dass in diesem an sich rein technischen Abwicklungssystem sehr reale Forderungen aufgelaufen sind. Andere sehen in den Target-Salden nur eine theoretische Verrechnungseinheit, da die eigentlichen Waren- und Geldflüsse ja 1:1 abgewickelt worden seien. Das ist auch der offizielle Standpunkt der Deutschen Bundesbank.[iv]

Klar ist: Der deutsche Händler hat fast immer sein Geld und der Spanier sein Auto bekommen. Vom Werk bis zum Endkunden werden alle Forderungen früher oder später glattgestellt. Aber das ist sozusagen nur die betriebswirtschaftliche Seite der Sache. Volkswirtschaftlich wird es spannend, wenn die Spanier weit mehr in Deutschland einkaufen als sie uns liefern. Statistisch entsteht dann ein Leistungsbilanzdefizit. Monetär entsprechen diesem Defizit die Target-Salden. Deutschland hat mehr Forderungen an Spanien oder Griechenland als umgekehrt.

Der Punkt ist, dass diese transnationalen Forderungen der Zentralbanken gegeneinander in der Summe eben leider nicht alle beglichen worden sind. Denn im Gegensatz zu allen Geschäftsbanken sowie jenen Zentralbanken, die nicht am Euro-System teilnehmen, müssen die Euro-Zentralbanken ihre Forderungen und Guthaben nicht täglich um 24:00 Uhr auf Euro und Cent abrechnen. Die Hausbank des deutschen Autohändlers hat von der Bundesbank via EZB Geld bekommen und dies ihrem Kunden auch gutgeschrieben. Die spanische Nationalbank aber hat der EZB bislang bloß Bescheid gesagt, dass sie das Geld bitte überweisen soll. Die Kohle des spanischen Autokäufers hat sie, sehr salopp gesagt, aber noch nicht rübergeschoben. Und so stehen Jahr für Jahr höhere Differenzen in den Büchern der EZB.

Und da sind wir wieder beim Fußball. Laut Rolf von Hohenhau, dem Präsidenten des Bundes der Steuerzahler in Bayern und der Taxpayers Association Europe, nimmt die Tragweite der Target-2-Salden immer skurrilere Züge an. Denn auch im Fußball kommt das Eurosystem zum Tragen. „Letztlich laufen die Ablösesummen spanischer Clubs für Spieler wie beispielsweise für Sami Khedira über die Bundesbank und erhöhen die Target-2-Forderungen“, warnt von Hohenhau. Der Fußballstar war 2010 gegen eine Ablösesumme von 14 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zu Real Madrid gewechselt.[v] Doch eigentlich wurde der Transfer von der Deutschen Bundesbank bezahlt.

Die grenzüberschreitende Zahlungsverrechnung erfolgte über das System Target2. Hierzu erteilte die spanische Nationalbank der Bundesbank den Auftrag, 14 Millionen Euro an den VfB (bzw. dessen Bank) auszuzahlen, was zweifelsfrei auch geschehen ist. Zum „Ausgleich“ erhielt die Bundesbank Papierforderungen gegen die EZB (= positive Target-2-Forderungen). Und irgendwie hatten im selben Zeitraum die deutschen Vereine eben nicht so viel Geld übrig wie die verschwenderischen spanischen Clubs, weshalb sie auch nicht ganz so viele und nicht ganz so teure Stars in Spanien einkaufen konnten.

Auf diese simple Weise ist die Deutsche Bundesbank 2014 um insgesamt rund 510 Milliarden Euro[vi] von den „Südländern“ (Spanien, Griechenland, Italien usw.) gerupft worden.[vii] Heute sind es bereits 976 Milliarden Euro.[viii] Das sind 12.000 Euro pro Einwohner in Deutschland. Das Geld dürfte in Anbetracht der volkswirtschaftlichen Lage in Spanien wohl unwiederbringlich weg sein. Wohl gemerkt: unser gutes Geld! Denn die Bundesbank gehört letztlich den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland. Sie werden als Steuerzahler einspringen müssen, wenn die Buchhalter der EZB eines Tages mit den Schultern zucken, weil die Bundesbank ihre Forderungen auch mal gutgeschrieben bekommen möchte.

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