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Target-Salden im Euroraum Warum wieder Geld nach Italien fließt

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Woher dann also die Geldzuflüsse? Sie haben einen ganz anderen Grund. Sie hängen nicht mit der Attraktivität Italiens für Kapitalströme zusammen. Hier spielt vielmehr die Einführung des sogenannten Tierings eine Rolle, das die EZB am 12. September beschlossen hatte, um die Banken bei den negativen Einlagenzinsen zu entlasten. Durch das Tiering werden nicht wie bisher alle Überschussreserven der Banken mit Strafzinsen belegt, sondern nur ein Teil. Der Rest darf frei zu 0 Prozent (statt minus 0,5 Prozent) angelegt werden.

Für die deutschen Banken ist das keine große Erleichterung. Sie haben so viele Überschussreserven, dass ihnen keine Freibeträge verbleiben. Bei den italienischen Banken ist das anders. Sie besitzen nämlich – ebenso wie etwa die spanischen Häuser – relativ wenig Überschussreserven. Der Freibetrag, den sie durch das Tiering bekommen, ist größer als das, was sie tatsächlich benötigen. Das bedeutet, dass sie den Freibetrag anderen zur Verfügung stellen können. Und genau das tun sie. Deutsche Kreditinstitute nutzen das. So kommt es zu den Geldflüssen von Deutschland nach Italien.

Das Ganze dürfte sich nicht nur auf Deutschland und Italien beziehen, sondern auch auf andere Euromitglieder, die Freibeträge für ihre Überschussreserven suchen beziehungsweise anbieten. Leider liegen dazu noch keine aktuellen Zahlen vor. Deutschland und Italien dürften aber die prominentesten Länder sein.

Was ist davon zu halten? Insgesamt ist es eine positive Entwicklung. Die Fragmentierung der nationalen Geldmärkte verringert sich. Es passiert ein Schritt in Richtung einer engeren Zusammenarbeit in der Bankenunion, die auch auf deren Gebieten angestrebt wird. Das Ärgernis der Target-Salden, das so viel diskutiert und kritisiert wird (ob mit Recht oder nicht), verliert etwas von seinem Schrecken. Ich vermute, dass die Target-Salden im November noch stärker zurückgehen, da die Tiering-Regel dann offiziell in Kraft getreten ist.

Nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Andererseits sollte man aber auch nicht übertreiben. Die gesamten Target-Forderungen der Bundesbank belaufen sich auf 837 Milliarden Euro. Der Rückgang, den wir im Oktober gesehen haben, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Europäische Zentralbank im November die Wertpapierkäufe wieder aufgenommen hat. Es handelt sich zwar um einen relativ geringen Betrag (20 Milliarden Euro pro Monat). Aber auch dadurch werden die Target-Salden wieder steigen.

Für die Kapitalmärkte ist der Rückgang der Target-Salden gut. Die europäische Integration wächst weiter, wenn auch im Schneckentempo. Die Belastungen des Euros mindern sich. Insgesamt dürften sich die Effekte aber in Grenzen halten. Die Symbolkraft ist aber umso größer.

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