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Zwölf Prozent für ein Jahr – wenig Gegenliebe für Verdi-Forderung

Am Freitagnachmittag habe die Tarifverhandlungen für die rund 183.000 Beschäftigten im Innendienst der Versicherungsbranche zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV) und den Gewerkschaften Verdi und DBV (Deutscher Bankangestellten-Verband) begonnen. Laut eines aktuellen Berichts des Branchendienstes „Versicherungsmonitor“ ist nach der ersten Verhandlungsrunde ein Kompromiss noch nicht in Sicht.
Der geltende Tarifvertrag läuft am 31. März aus. In den Tarifstreitigkeiten vergangener Jahre hatte es teilweise vier Verhandlungsrunden gebraucht, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dabei war es auch zu Warnstreiks gekommen. Zentrale Forderung von Verdi ist eine Gehaltsanpassung inklusive Zulagen von zwölf Prozent innerhalb eines Jahres. Bei vergangenen Abschlüssen waren Erhöhungen oft über mehrere Jahre gestreckt worden.
AGV lehnt Forderung ab – auch wegen Dauer eines neuen Tarifvertrags

Arbeitgeber-Verhandlungsführer Andreas Eurich, der auch Co-Chef der Barmenia Gothaer ist, lehnte die Forderung umgehend ab. Ein Tarifabschluss von nur zwölf Monaten sei keine Option. Laut eigener Aussage schlägt der AGV ein deutlich längere Laufzeit vor, nannte hier aber keinen Zeitraum. Zudem hieß es, dass in der Diskussion mehrere Mitglieder der AGV-Verhandlungskommission für einen moderaten Tarifabschluss geworben hätten.
Streit um Bewertung der wirtschaftlichen Situation der Branche
Laut des Medienberichts sind sich Arbeitgeber und Gewerkschafter vor allem darüber uneins, wie gut die Geschäftsergebnisse der Branche zu bewerten sind. Verdi begründet die Forderung mit in drei Jahren aufgelaufenen Reallohnverlusten, die bei 8,1 Prozent liegen sollen. „Es ist an der Zeit, dass die enormen Arbeitsleistungen der Beschäftigten in den vergangenen Jahren anerkannt und gerecht honoriert werden“, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Martina Grundler zum Auftakt der Tarifrunde.

AGV-Geschäftsführer Michael Gold wies in einem Statement dagegen darauf hin, dass die Branche zwar im Jahr 2025 ein Beitragswachstum von 5 Prozent erwarte, dieses könne aber keine taugliche Grundlage für die Bemessung der linearen Anhebung der Tarifgehälter sein.
Er nannte Probleme in der Entwicklung der einzelnen Sparten. So gebe es in der Lebensversicherung kein Wachstum der laufenden Beiträge, lediglich das äußerst volatile Einmalbeitragsgeschäft entwickele sich momentan positiv. In der Sachversicherung würden sich die Schäden bis 2050 wahrscheinlich verdoppeln. Zudem stünden die Versicherungsunternehmen vor riesigen Investitionen, etwa in die IT-Infrastruktur, aber auch in die Weiterbildung der Mitarbeiter.
Viele weitere Forderungen, die in unterschiedliche Richtungen gehen
Verdi ficht das nicht an. Die Gewerkschaft fordert zudem die Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 250 Euro monatlich sowie eine Tarifvereinbarung zur unbefristeten Übernahme der Auszubildenden. Zudem soll die Möglichkeit, Gehaltsbestandteile flexibel in Freizeit umwandeln zu können, ebenso bestehen bleiben wie die tariflichen Regelungen zur Altersteilzeit. Darüber hinaus will die Gewerkschaft mit dem AGV einen neuen Tarifvertrag Transformation verhandeln, der „die Interessen der Beschäftigten bei den rasanten Veränderungen innerhalb der Branche durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wahrt“.
Der AGV wiederum brachte Forderungen nach Änderung des Manteltarifvertrages in die Verhandlungen ein. Dabei geht es nach Angaben des Verbands um eine Flexibilisierung der tariflichen Arbeitszeitregelung, eine tarifvertragliche Ruhezeitverkürzung bei Rufbereitschaft, die Modifizierung der Öffnungsklausel für Entgeltumwandlungen und eine Streichung der Rentenabschlagsausgleichsregelung.
Kleinere Gewerkschaft DBV sitzt mit am Tisch
Ursprünglich hatte es der AGV abgelehnt, auch mit dem DBV zu verhandeln. Die Gewerkschaftsforderung von 17,4 Prozent Lohnerhöhung beziehungsweise mindestens 600 Euro brutto monatlich bei gleichzeitiger Arbeitszeitverkürzung sei keine Verhandlungsbasis. „Der DBV hat sich gewissermaßen außerhalb des Spielfeldes aufgestellt, eine seriöse tarifpolitische Auseinandersetzung ist auf dieser Grundlage nicht möglich“, erklärte der stellvertretende AGV-Hauptgeschäftsführer Sebastian Hopfner im November vergangenen Jahres.
Damals war noch die Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG), die keine eigene Tariffähigkeit besitzt und mit der DBV eine Zweckgemeinschaft gegründet hatte, für die Gewerkschaftsforderung mitverantwortlich. Inzwischen hat der DBV die Kooperation mit der NAG gekündigt und sich mit den Arbeitgebern auf Verhandlungen geeinigt. Wie viele Mitarbeiter der Branche der DBV überhaupt vertritt, ist indes unklar.
Noch höhere Forderungen – 17,4 Prozent Gehaltsplus
Laut einer aktualisierten Information auf der Website des DBV hat sich an den Gehaltsforderungen des Verbands indes nichts geändert. Erreicht werden sollen auch die Abschaffung der niedrigen Gehaltsgruppen A und B, eine Verkürzung der Arbeitszeit um eine auf 37 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich und ein weiterer Urlaubstag ab fünf Jahren Betriebszugehörigkeit. Auszubildende sollen zudem 250 Euro mehr erhalten und der Übernahmeanspruch verlängert werden. Die Vereinbarungen zur Altersteilzeit und zur Arbeitszeitflexibilisierung sollen verlängert werden.
Die Verhandlungen werden am 28. April in Frankfurt am Main fortgesetzt. Die Verhandlungskommission des AGV kündigte an, zu Beginn der zweiten Runde ein tragfähiges Angebot vorzulegen.