Nach fast fünf Jahren hat das Versicherungsvermittlergewerbe einen Mantel- und Gehaltstarifvertrag. Ausgehandelt wurde dieser vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) als Arbeitgeberverband und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Die Einigung sieht eine Gehaltserhöhung in zwei Stufen vor: Ab dem 1. Juli dieses Jahres steigen die Einkommen zunächst um 8,5 Prozent, gefolgt von einer weiteren Anpassung um 2,0 Prozent ab Juli 2026. Diese zweite Erhöhung gilt allerdings nur für jene Betriebe, die in den vergangenen fünf Jahren nicht freiwillig mehr gezahlt haben. Der neue Tarifvertrag gilt bis zum 30. Juni 2027. Er wurde bereits im Frühjahr nach mehrmonatigen Verhandlungen abgeschlossen,

Geltungsbereich betrifft nicht mal die Hälfte der Beschäftigten 

Unter den Geltungsbereich fallen alle Angestellten von Mitgliedsbetrieben des BVK, sofern deren Beschäftigte gewerkschaftlich bei Verdi organisiert sind. Das sind kleinere und größere Agenturen von selbstständigen Vermittlern oder Maklern. Laut BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer, der an den Verhandlungen beteiligt war, betrifft das schätzungsweise 50.000 Angestellte. Insgesamt beschäftigen die beim BVK organisierten Betriebe nach eigenen Angaben rund 120.000 Mitarbeiter. Keine Auswirkungen hat die Einigung auf den angestellten Außendienst der Versicherer.

BVK gibt sich mit Abschluss zufrieden 

Der vorherige Vertrag war Ende August 2020 ausgelaufen und laut der Arbeitgeberseite von Verdi nicht gekündigt worden. Der BVK bemühte sich nach seiner Darstellung seitdem um einen neuen Tarifvertrag. Vollmer sagt: „Betrachtet man die erste Anpassung von 8,5 Prozent im Kontext der vergangenen ‚anpassungsfreien‘ Jahre, ergibt sich seit 2020 eine durchschnittliche jährliche Gehaltserhöhung von lediglich rund 1,4 Prozent. Damit überfordern wir die Vermittlerbetriebe nicht.“

Auch können laut Verband die Unternehmen, die in den vergangenen Jahren eigenständig Gehälter angepasst haben, „aufatmen“. Bereits gezahlte Erhöhungen werden auf die neue tarifliche Anpassung angerechnet. Die neue Vereinbarung biete nicht nur Planungssicherheit, sondern auch Flexibilität für die Unternehmen. 

 

Auch Azubi-Gehälter steigen

Auch die Ausbildungsvergütungen steigen. Sie liegen im ersten Ausbildungsjahr bei monatlich 970 Euro, danach steigen sie im zweiten Jahr auf 1.030 Euro, bis sie schließlich im dritten Ausbildungsjahr 1.100 Euro erreichen. „Wenn man dies mit den durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen vergleicht, liegen diese Werte deutlich über denen anderer Branchen“, so Vollmer. „Grund dafür ist, dass in Zeiten des Nachwuchsmangels an Versichererstandorten wie Hamburg, München, Köln und Stuttgart Azubis nur mit einer Vergütung auf dem Niveau des Arbeitgeberverbandes der Versicherungsunternehmen in Deutschland (...) zu bekommen sind.“

Zum Vergleich: Die Ausbildungsvergütung bei den Versicherern liegt seit dem 1. September 2024 bei 1.205 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Im zweiten Jahr steigt sie auf 1.282 Euro und erreicht im dritten Ausbildungsjahr 1.370 Euro. 

Auffällig geräuschlose Verhandlungen 

Auffällig ist, dass Verdi sich zu dem Abschluss nicht öffentlich äußerte. Ohnehin drang aus den Verhandlungen nichts nach außen. Das Thema war auch zuvor in der Öffentlichkeit praktisch nicht existent. Eine vollkommen andere Situation als im Versicherungsinnendienst, wo die Tarifvertragsparteien sich in einer harten Auseinandersetzung befinden, die von vielen öffentlichen Wortmeldung begleitet wird. Letzte Woche gab es den ersten bundesweiten Warnstreiktag von Verdi.

Verdi räumt limitierte Möglichkeiten ein 

Auf Nachfrage von DAS INVESTMENT gab Martina Grundler, Bundesfachgruppenleiterin Versicherungen bei Verdi, Einblick in die Hintergründe: „Die Zusammensetzung auf der Arbeitgeberseite ist sehr heterogen und das ist auch eine Herausforderung bei den Verhandlungen. Das Gehaltsniveau ist niedriger als im Tarifvertrag mit dem AGV, denn da verhandeln wir mit Versicherungsunternehmen, die völlig andere wirtschaftliche Spielräume haben. Die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder ist gering, daher sind unsere Kapazitäten zur Arbeit in diesem Bereich auch limitiert. Wir bemühen uns trotzdem gute Tarifabschlüsse zu erreichen, auch wenn wir nur geringe Durchsetzungsmöglichkeiten haben.“

Dass es so lange keine Tarifverhandlungen gab, habe mit der Pandemie und der wirtschaftlichen Unsicherheit danach zu tun gehabt. Verdi habe aber die Verhandlungen vor einiger Zeit aufgenommen und dann auch zügig zum Abschluss gebracht. Durch die lange Verhandlungspause seien die Gehälter über einen längeren Zeitraum nicht angepasst worden. Grundler: „Es gibt also auch in diesem Tarifbereich in der Zukunft noch Nachholbedarf.“

Und das sind die konkreten Zahlen 

Auf Nachfrage stellte der BVK unserer Redaktion die Gehaltstabellen nach dem neuen Tarifvertrag zur Verfügung. Sie geben eine Orientierung, wie viel den Beschäftigten in Vermittlerbetrieben tariflich zusteht: 

Bruttogehalt in Euro monatlich, Quelle. BVK

 

Bruttogehalt in Euro monatlich, Quelle. BVK