BlackRock-Ausblick Welche Chancen Tech-Anleger jetzt nutzen können
Der KI-Boom sorgt für massive Investitionen in Grafikprozessoren-Cluster. Entsprechend verändert sich die IT-Infrastruktur, und der Energiebedarf steigt. Wegen der disruptiven Erschütterungen im Softwarebereich herrscht Zurückhaltung bei den Ausgaben, denn Firmen warten die KI-Fortschritte ab, wobei davon auszugehen ist, dass die damit erzielten Umsätze bis 2025 steigen werden. Die Bewertungen von Tech-Aktien sind trotz Marktsorgen weiterhin solide, und zwar dank hoher erwarteter Erträge und Gewinnmargen, die vor allem auf KI-Innovationen und Kostenmanagement-Strategien beruhen.
Rückblick auf das erste Halbjahr 2024
Der Technologiesektor war im ersten Halbjahr 2024 Motor der globalen Aktienmärkte. Angesichts von höherer Inflation, hohen Zinsen und steigenden Ausgaben für Künstliche Intelligenz (KI) prägte 2023 die Outperformance einer Handvoll von Tech-Riesen (die „Glorreichen Sieben“) die Märkte. Dieses Thema setzte sich im ersten Halbjahr 2024 fort, sodass der S&P 500 Index (mit +15 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres) den S&P 500 Equal Weight Index (+5 Prozent) übertraf.
Im Fokus der Anleger in Tech-Aktien stand jedoch der Ausbau der KI-Lieferkette. Künftig stehen sie vor der Aufgabe, Bereiche zu identifizieren, die Chancen bieten, und zu erkennen, welche Geschäftsmodelle durch die immer komplexere KI-Entwicklung gefährdet sein könnten.
Grafik 1: Renditen in Technologie-Subsektoren, 1. Halbjahr 2024. Gewichtete Durchschnittsrendite von Technologiewerten im MSCI ACW
KI-Fabriken
Der Startschuss für ChatGPT Ende 2022 löste ein Rennen um den Ausbau einer schnelleren KI-Infrastruktur aus, um große KI-Modelle zu trainieren. Wir befinden uns jetzt in Jahr zwei des KI-Fabrikausbaus. Tech-Riesen und KI-Start-ups investieren massiv in GPU-Cluster, um immer größere KI-Modelle zu bauen. Ein GPU-Cluster besteht aus einer Vielzahl von Grafikprozessoren, die in einem Rechenzentrum vernetzt sind, um komplexe Berechnungen im Verbund effizienter durchführen zu können. GPT-4, das bislang beste Große Sprachmodell (Large Language Model; LLM) von OpenAI, wurde auf einem Cluster mit 20.000 A100-Grafikprozessoren von NVIDIA trainiert. Inzwischen bauen mehrere Unternehmen Cluster mit 100.000 moderneren NVIDIA-H100-GPUs.
Bisher wurde unter anderem deshalb noch kein 100.000-GPU-Cluster gebaut, weil es kein Rechenzentrum gibt, das solche Energiemengen bereitstellen kann. Ein solcher Cluster würde laut SemiAnalysis rund 150 Megawatt an Strom verbrauchen – die Leistung eines kleinen Kraftwerks. Diese Situation spielt auf Rechenzentren spezialisierten Herstellern von Energie- und Klimatechnik in die Karten, wobei unserer Ansicht nach der Markt den Umfang der Investitionen unterschätzt. Aber nicht nur die Tech-Riesen wetteifern um KI-Rechenzentren. Auch Tier-2-Cloud-Anbieter, Unternehmen und Regierungen haben ambitionierte Pläne für den Bau von KI-Fabriken.
Die Entwicklung von KI-Fabriken ist in vollem Gang und führt zu einer deutlichen Verschiebung der Technologie- und Infrastrukturinvestitionen.
Grafik 2: Umsatz mit Rechenzentren, in Milliarden US-Dollar
Disruption im Softwaresektor – Firmen bereiten sich auf KI vor
Im Softwaresektor dürfte es zu tiefgreifenden Veränderungen kommen, da aktuelle Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand stehen. Kunden rechnen mit KI-Fortschritten und verschieben daher Käufe. Trotz des Hypes nehmen Firmen KI-Anwendungen nicht in großem Stil auf. Sie bleiben zögerlich bei Investitionen in KI-basierte Dienste, weil sie Bedenken hinsichtlich der Präzision sowie der Kosten von Großen Sprachmodellen haben. Die kurzfristigen Auswirkungen auf die Softwareausgaben sind insofern minimal. Anleger schrauben ihre Erwartungen im Hinblick darauf, wie schnell und stark Softwarefirmen von der KI-Integration profitieren werden, zurück, weil sie sehen, dass es länger als gedacht dauern wird. Große Unternehmen, die in der Regel eher risikoscheu sind, warten zunächst ab und beobachten, welche Erfahrungen diejenigen machen, die die Innovationen zuerst nutzen.
Laut einer Umfrage von Morgan Stanley unter CIOs sind 50 Prozent der KI-Ausgaben zusätzliche Ausgaben, die anderen 50 Prozent werden von bestehenden IT-Budgets abgezogen (Morgan Stanley, Mai 2024). Es gibt also einen Kannibalisierungseffekt. Daher bewerten die CIOs ihre Beziehungen zu Softwarelieferanten neu und vermeiden langfristige Verträge. Außerdem verschlingen Hyperscaler, also große Cloud-Anbieter, einen großen Teil der IT-Budgets von Unternehmen.
In den letzten Monaten hat sich das Softwareumfeld eingetrübt. Firmen überprüfen ihre Erwartungen, verlängern Vertriebszyklen, stellen weniger Mitarbeiter ein, erhalten kleinere Aufträge und sind mit mehr Skepsis konfrontiert. Es bleibt unklar, inwieweit makroökonomische Faktoren, die KI-Priorisierung in Firmen-Budgets oder Konkurrenz durch neue Akteure und Ansätze dafür verantwortlich sind.
Viele Firmen werden mit KI erst dann Geld verdienen, wenn sie unverzichtbar wird, wobei diejenigen ohne etablierte Arbeitsabläufe oder hohe Datenintensität möglicherweise kaum Mehrwert erzeugen können. Bedeutende Auswirkungen genuiner KI-Produkte werden erst ab dem Jahr 2025 erwartet.
Grafik 3: Top-20 Softwareunternehmen weltweit nach Marktkapitalisierung. Renditen 1. Halbjahr 2024
Wir halten die Bewertungen von Tech-Aktien nicht für überzogen
Der Technologiesektor verbuchte in 2024 satte Kursgewinne. Daher halten Anleger Tech-Aktien für überbewertet und reif für eine Korrektur, die in den vergangenen Wochen ja bereits eingetreten ist. Es wurden Vergleiche zur Dotcom-Blase oder dem Markt während der Pandemie gezogen, doch unserer Ansicht nach ist der Markt heute gänzlich anders aufgestellt: Wir denken, diese pessimistischen Einschätzungen sind kurzsichtig, zumal sie oft auf rückwirkenden Umsatz- oder Gewinnprognosen basieren. Ein Blick auf die Umsatzprognosen für das nächste Jahr zeigt, dass die Bewertungskennzahlen von Tech-Aktien sich im Laufe der 2024 bisher verzeichneten Rally nicht erheblich verändert haben. Viele Tech-Aktien sind sogar aktuell günstiger als vor der Rally, wenn man die Prognosen der künftigen Gewinne berücksichtigt. Für den Tech-Sektor wird ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 20 Prozent erwartet – deutlich mehr als für dieses Jahr prognostiziert wurde. Gleichzeitig sind die Gewinnmargen gestiegen. Wir glauben, dass sich das Gewinnwachstum im Technologiesektor allgemein weiter beschleunigen wird, angeheizt vom KI-Ausbau und der Verpflichtung zu künftiger Kostendisziplin von Tech-Firmen.
Grafik 4: Bewertungen von Technologieaktien. Verhältnis Unternehmenswert zu Umsatz von 1.040 börsennotierten Technologieunternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 1 Milliarde US-Dollar
Anlagechancen bei Tech-Aktien
Mit dem zunehmenden Einfluss neuer Technologien auf die Weltwirtschaft entwickelt sich auch die Anlagelandschaft weiter. Der rasante Wandel schafft ein dynamisches Umfeld mit neuen Chancen und Herausforderungen für Technologiefirmen. Diese Rahmenbedingungen begünstigen aus unserer Sicht fundamentale Anleger mit umfassenden Branchenkenntnissen und Strategien, denen fundierte Unternehmensanalysen zugrunde liegen.
- BGF World Technology Fund: Sucht globale Anlagechancen im gesamten Tech-Universum
- BGF Next Generation Technology Fund: Zugang zu innovativen Tech-Firmen der nächsten Generation