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Immobilienblase in China: Geisterstädte oder neues Manhatten?

Vielleicht haben auch Sie schon Berichte über die aktuelle Lage auf dem chinesischen Immobilienmarkt gesehen oder gelesen, in denen oft übertrieben reißerisch von „Geisterstädten“, „Blasen“, die bald platzen werden, und Ähnlichem die Rede ist.

Solche Berichte können den Markt durchaus erschüttern, wie wir bereits – und vielleicht nicht ganz zufällig – im März gesehen haben nach der eher negativen Berichterstattung eines populären US-TV-Nachrichtenmagazins. Ich kann nur immer wieder sagen, dass solche Geschichten oft unvollständig sind. Manchmal werden maßgebliche Aspekte einfach herausgeschnitten.

Ein paar Wochen nach dem erwähnten Fernsehbericht über die chinesischen Geisterstädte und die angeblich kurz vor dem Platzen stehende Immobilienblase besuchte ich das Land und entdeckte erstaunt eine Zeitung, die titelte: „Immobilienpreise im Aufwind“. Der Artikel passte so gar nicht zu dem, was westliche Medien über die Situation berichteten.

Was stimmte also? Keine Frage, es gab (mehr oder minder) große Städte mit leer stehenden Gebäuden, wie alle Welt sehen konnte. Und sicherlich war in manchen Fällen auch schlecht geplant und zu viel gebaut worden. Doch auf unserer Reise durch China erkannten mein Team und ich, dass das nur einen kleinen Ausschnitt von Projekten betraf und keinesfalls das ganze Land.

Mythos und Realität

In China gibt es unter anderem deshalb unbewohnte Wohnungen und Eigenheime, weil viele Chinesen ihr Geld lieber in Immobilien investieren als es für niedrige Zinsen zur Bank zu tragen – oder an die Börse, die viele zu riskant finden. Immobilien sind da etwas Handfestes, das man eventuell selbst nutzen oder Kindern überlassen kann. Angesichts der ausgesprochen hohen Sparquoten in China gibt es viele, die Immobilien bar bezahlen und unbefristet auf leer stehenden Wohnungen sitzen können.

Vor allem aber brauchen und verlangen Familien in ganz China bezahlbaren Wohnraum in der Nähe von Arbeitsplätzen und Schulzentren.
Die sogenannten Geisterstädte sind leicht zu erkennen. Ordos in der inneren Mongolei gehört wohl zu den bekanntesten. Ordos ist reich an Mineralien und kann mit dem höchsten Pro-Kopf-BIP in China aufwarten.

Da die Regierung von Ordos an der boomenden Wirtschaft gut verdiente, steckte sie eine Menge Geld in Infrastruktur und öffentliche Projekte, darunter eine neue Stadt 25 Kilometer von der alten entfernt in einer dünn besiedelten Wüstenregion, das sogenannte Neubaugebiet Kangbashi.

Eine weitere sogenannte Geisterstadt ist die New South China Mall in der Provinz Guangdong. Sie liegt am Stadtrand von Dongguan, das einst als Fabrik der Welt bezeichnet wurde, weil dort so viele arbeitsintensive Industrien wie Spielwaren-, Bekleidungs- und Textilindustrie angesiedelt waren. Doch mit steigenden Löhnen zogen die Fertigungsstätten weiter ins Landesinnere in kleinere Städte, wo die Arbeitskräfte billiger und reichlich vorhanden waren.

Da Arbeitsmigranten früher 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten, verlor das für sie konzipierte Shopping-Zentrum mit ihrer Abwanderung seinen Sinn. Außerdem liegt Dongguan zwischen Guangzhou, der Hauptstadt der Provinz Guangdong, im Westen und Shenzhen, einer weiteren neuen Großstadt im Westen – beides beliebte Shopping-Ziele.
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