Marktkommentar

Europäische Familienunternehmen

Nebenwerte im Aufwind

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ie Corona-Pandemie hält die Welt nach wie vor in Atem. In Krisenzeiten wie diesen bewähren sich europäische Familienunternehmen mehr denn je - aus ganz bestimmten Gründen.

Ob Liquidität oder die Lieferfähigkeit von dringend für die Herstellung oder Weiterverarbeitung benötigte Produkte: Die Coronakrise hat Unternehmen weltweit seit dem Frühjahr vor große Herausforderungen gestellt. Dem konnten sich auch Familienunternehmen nicht entziehen.

Aufgrund ihrer Besonderheiten gelingt es vielen inhabergeführten Firmen jedoch bislang gut, die Krise zu meistern. „Solche Unternehmen zeichnen sich in der Regel durch starke Bilanzen mit niedrigerer Verschuldung sowie einem stetigen Blick auf die FCF-Rendite aus, da Cashflow ihr Hauptfinanzierungsmittel darstellt“, erläutert Birgitte Olsen, Lead Portfolio Managerin der BB Entrepreneur Strategien bei Bellevue Asset Management, in die Anleger über vier Fonds – darunter den BB Entrepreneur Europe Small – investieren können.

Familienunternehmen können unabhängig agieren

Diese spezifischen Eigenschaften verschaffen inhabergeführten Unternehmen den Vorteil, dass sie sowohl in finanzieller als auch in strategischer Hinsicht unabhängiger agieren können und ihre Zeit nicht in langwierigen Verhandlungen mit Banken investieren müssen. „Sie können daher problemlos ihre Investitionspläne fortführen und weiterhin auf Innovation setzen, so dass die Wachstumsperspektiven intakt bleiben“, so Olsen.

Ein Blick auf die Verschuldungsquoten unterstreicht die größere Unabhängigkeit solcher Unternehmen von Banken als Geldgebern und belegt zudem die vorsichtigere Vorgehensweise europäischer Unternehmen im Vergleich zu US-Firmen: So lag der Nettoverschuldungsgrad europäischer Firmen vor der Krise im Schnitt bei 1,4x ,in den USA hingegen bei mehr als 2x. Empirische Zahlen belegen zudem einen deutlich geringeren Verschuldungsgrad bei Small und Mid Caps – insbesondere europäischen, die grundsätzlich eher konservativ agieren. „Mit 0,2x nochmals geringer ist das Leverage-Ratio bei Firmen im Portfolio des BB Entrepreneur Europe Small-Fonds“, erläutert Olsen.

Europas Nebenwerte schlagen breiten Markt

Bislang haben sich europäische Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe in der Coronakrise überdurchschnittlich gut geschlagen. So legten europäische Small und Mid Caps (ohne Großbritannien) seit dem Tiefpunkt im März bis Ende August um 48 Prozent zu und schnitten damit um satte 14 Prozentpunkte besser ab als der breite Markt. „Die massiven Stimuli-Programme seitens Regierungen und Zentralbanken bieten eine Unterstützung und haben die Märkte seit Mitte März positiver gestimmt, wobei sich eine Rotation in Nebenwerte und insbesondere in angeschlagene zyklischere Werte abzeichnet“, kommentiert Olsen die bisherige Entwicklung. Viel Potenzial liege sowohl strukturell im Tech-Bereich, der vom unausweichlichen Trend zur Digitalisierung profitiere als auch in Unternehmen, die eine Antwort auf die Herausforderungen der Energiewende böten, ergänzt die Fondsmanagerin. Den Healthcare-Sektor beurteilt sie zurückhaltender: „Dieses Segment ist prima Vista etwas heiß gelaufen und könnte angesichts der Schwäche des US-Dollars und der erwarteten Ankündigung eines Covid-19-Impfstoffes verlieren. Dagegen könnten Industriewerte und Zykliker eine Wiederbelebung erfahren.“


Interview mit Birgitte Olsen, Managerin des BB Entrepreneur Europe Small

„Es ist Zeit für Zykliker“

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Brigitte Olsen Birgitte Olsen, Managerin des BB Entrepreneur Europe Small, über ihre Strategie und deren Vorteile in Krisenzeiten.

Im Frühjahr hat die Coronakrise die Wachstumsperspektiven der Volkswirtschaften weltweit einbrechen lassen. Wie haben Sie anfangs auf die sich abzeichnende Krise reagiert?

Birgitte Olsen: Als erstes haben wir das Portfolio defensiviert und zum Telefon gegriffen. Wir konnten unsere guten Managementkontakte und Industrienetzwerke intensiv aktivieren und gute Einsichten gewinnen, denn Covid-19 hat Unternehmen sehr unterschiedlich „erwischt“. So konnten wir das Portfolio aktiv bewirtschaften und neue Anlageopportunitäten ergreifen. Generell gilt: wer vor der Krise gut aufgestellt war, hat nun die Chance, nach Covid-19 noch besser dazustehen.

Warum?

Olsen: Exogene Schocks wie dieser verstärken den Verdrängungswettbewerb. Gesunde Bilanzen sind das A und O für finanzielle und noch wichtiger strategische Unabhängigkeit. Keine Vorwärtsstrategie, kein Wachstum, Innovation, Produktlancierungen, Gewinnung von Marktanteilen ohne finanzielle Unabhängigkeit. Da kommt uns unser Quality Bias mit unserem Fokus auf eigentümergeführte Unternehmen zugute. Wir halten nur Unternehmen im Portfolio, die extrem gering verschuldet sind und überdurchschnittliche Margen aufweisen.

Welche Unternehmen im Portfolio überzeugen Sie derzeit besonders?

Olsen: Bei den Small Caps zählt Rovi seit langem zu unseren Favoriten. Das 1946 gegründete spanische Pharmaunternehmen ist auf die Entwicklung von Blutgerinnungshemmern spezialisiert und konnte vor kurzem eine Kooperation mit Moderna bei Fill-Finish-Diensten für dessen Covid-19-Impfstoffkandidaten bekannt geben. In April haben wir zudem eine Position in dem deutschen Mikrobatterien-Spezialisten Varta eröffnet. Das Wachstumspotenzial des Unternehmens basiert neben defensiven Eigenschaften – es stellt unter anderem Hörgerätebatterien her – auch auf zahlreichen Opportunitäten im Bereich kabelloser Kopfhörer. Neben den durch Corona wenig tangierten Sektoren Tech und Healthcare ist jetzt nach unsere Auffassung Zeit für zyklischere Bereiche. Manche gemiedenen Industrietitel und Autozulieferer sollten sich mit der potenziellen Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffes wieder auf dem Radar der Anleger positionieren können. Dazu zählen zum Beispiel Faurecia, Cargotec, CAF und Arbonia.

Gesundheitswerte gehörten zu den Gewinnern der Krise – inwiefern sehen Sie in diesem Segment noch weiteres Potenzial?

Olsen: Strukturell bleibt der Sektor attraktiv und unserer Erfahrung nach ist damit zu rechnen, dass nach Covid-19 mehr Mittel und Investitionen in dieses Segment fließen werden. Staaten und Regierungen werden sich vor weitere pandemische Risiken schützen wollen. Wie jedoch die Rollen zwischen privaten Unternehmen und der öffentlichen Hand verteilt werden, wird sich zeigen. Zudem bleibt die Preisgestaltung von Medikamenten ein politisches Thema. Die Krise hat dem Sektor zu höheren Bewertungen verholfen, aber die Schere zwischen Value und Growth war historisch noch nie so hoch. Sollten wir mehr Wirtschaftswachstum und leicht steigende Inflationserwartungen sehen, wird Value ein Revival erleben. Das sehen wir in der aktuellen Sektorrotation, und Healthcare ist seit zwei, drei Monaten kein Outperformer mehr. Wir halten Positionen, sind aber Top-Down nicht mehr übergewichtet.

Familienunternehmen punkten üblicherweise mit soliden Bilanzen und geringer Verschuldung, was ihnen in der Coronakrise einen Vorteil verschafft hat. Was spricht darüber hinaus in Krisenzeiten wie der Pandemie für inhabergeführte Unternehmen?

Olsen: Die Familien hinter den Unternehmen wollen den langfristigen Schutz ihres Kapitals. Deswegen sind sie konservativ aufgestellt, vermeiden exzessive Verschuldung und halten die Kosten unter Kontrolle. Familienunternehmen denken in Generationen und nicht, wie viele sonstige börsennotierte Unternehmen, in Quartalen. Diese auf Langfristigkeit ausgelegte Vision führt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten.

Worin zeigt sich dies konkret?

Olsen: Das lässt sich unter anderem daran erkennen, dass der CEO seinen Posten nur alle acht bis neun Jahre wechselt und nicht wie im Allgemeinen nach drei bis vier Jahren. Dies sind Eigenschaften, die die defensiven Qualitäten dieses Anlageuniversum untermauern. Interessanteweise wachsen aber eigentümergeführte Unternehmen in der Regel dynamischer, weil sie in ihrer Nische innovativer sind, über jüngere Produktportfolios verfügen, starke Marken etablieren und damit Preisgestaltungsmacht gewinnen. Dazu kommen sehr effiziente Managementstrukturen, was insgesamt zu einer überdurchschnittlichen Profitabilität führt. Dies erklärt die langfristigen Börsenüberrenditen und die Coronakrise sollte diese Stärken offenlegen.

Inwiefern lassen sich die Vorteile dieser Unternehmen auch empirisch belegen?

Olsen: Neben mehreren Studien zeigt dies exemplarisch der Credit Suisse Family Total Return Index. Seit Indexlancierung im März 2002 haben familiengeführte Unternehmen mit 671 Prozent eine Verdoppelung der Rendite gegenüber managergeführten Firmen erzielt.

Der Fonds ließ den MSCI Europe Small ex UK seit Jahresbeginn hinter sich. Wie schätzen Sie die Chancen ein, den Index auch in den kommenden Monaten zu schlagen?

Olsen: Wir sehen in unserer Fokussierung auf innovative Unternehmen mit gutem Wachstumspotenzial, die auch in der herausfordernden Coronakrise eine intakte Strategie und gesunde Bilanzen vorweisen können, gute Ingredienzien für eine weitere Outperformance.

Fondsporträt

Fondsporträt BB Entrepreneur Europe Small

Krisenfeste Strategie

Foto: unsplashed

Beim BB Entrepreneur Europe Small dreht sich alles um europäische Familienunternehmen mit Potenzial. Das zahlt sich in Krisenzeiten aus.

Bevor Birgitte Olsen und ihr dreiköpfiges Portfoliomanagement-Team ein Unternehmen für den BB Entrepreneur Europe Small näher ins Visier nehmen, klären sie zunächst zwei Fragen: Befinden sich mindestens 20 Prozent der Stimmrechtsanteil in den Händen der Unternehmerfamilie? Ist mindestens ein Mitglied der Familie im Vorstand oder Aufsichtsrat vertreten? Trifft beides zu, entspricht es der hauseigenen Definition von einem Familienunternehmen, das prinzipiell für den 2011 aufgelegten Fonds in Betracht kommt.

Der Name des Fonds kommt nicht von ungefähr, denn die Lead Portfolio-Managerin der BB Entrepreneur-Strategien bei Bellevue Asset Management und ihr Team haben ausschließlich Unternehmen im Visier, hinter denen Führungspersönlichkeiten stehen, die mit einem beträchtlichen Teil des Familienvermögens investiert sind. „Für diese Unternehmen sprechen vier Aspekte: Ein hohes Maß an Verantwortung, langfristiges Handeln, effiziente Managementstrukturen sowie Kostenbewusstsein – was sich unter anderem in soliden Bilanzen und einer geringen Verschuldung niederschlägt“, fasst Olsen die Vorteile dieser Unternehmen zusammen, die laut einer Studie von Credit Suisse Research in der Regel bessere Margen als Nicht-inhabergeführten Firmen erzielen.

Konzentriertes Portfolio 

Aus dem Anlageuniversum von europaweit rund 1.800 Familienunternehmen filtert das Team um Olsen anhand eines Liquiditätsscreenings zunächst rund 1.500 heraus, die gemessen an der Marktkapitalisierung für den Fonds infrage kommen. Eine Fundamentalanalyse nimmt das Team für rund 1.000 Unternehmen vor, aus denen letztlich 40 bis 50 für das Portfolio ausgewählt werden.

Eine wichtige Rolle bei der Titelauswahl spielt unter anderem die GARP-Strategie (Growth at a Reasonable Price), bei der beispielsweise die Preisgestaltungsmacht und das strukturelle Wachstum eine Rolle spielt. „Zudem haben wir auch ein Augenmerk auf Sondersituationen – etwa in Form einer Restrukturierung“, erläutert Olsen.

Die Gewichtung der einzelnen Titel hängt unter anderem davon ab, wie das Team sie einordnet: „Core-Ideen setzen wir mit einem Portfolioanteil von 2,5 bis 4,5 Prozent um, opportunistische sind mit 1,5 bis drei Prozent niedriger gewichtet“, so die Fondsmanagerin, die aktuell 46 Positionen im Portfolio hält. Als Beispiel für Unternehmen, mit denen das Team seine Anlageideen umsetzt, nennt Olsen Cargotec, einen weltweit führenden Anbieter von Fördertechnik für Häfen, Cargo, Straßen und Seelogistik, der unter anderem mit einer möglichen Verdoppelung der operativen Marge in drei bis fünf Jahren punktet.

Auch CAF, ein spanisches Unternehmen, das sich als erstes im Marktsegment E-Busse etabliert hat und mittlerweile in Europa einen Marktanteil von 25 Prozent besitzt, steht für ein Familienunternehmen, das ganz nach dem Geschmack des Management-Teams ist: „Dieses Unternehmen profitiert unter anderem von einer stabilen Nachfrage nach öffentlichen Transportmitteln und einem Verkehrswachstum von drei bis fünf Prozent jährlich“, erläutert Olsen.

Nebenwertestrategie schlägt Benchmark

Die von der Fondsmanagerin und ihrem Team verfolgte Nebenwertestrategie erwies sich in den vergangenen Monaten aufgrund der Besonderheiten des Anlagesegments als krisenresistent: So erzielte der Fonds mit Fokus auf europäischen Nebenwerten seit Jahresbeginn zum Stichtag 31. August um 3,1 Prozent gegenüber dem MSCI Europe Small ex UK eine Outperformance von 6,3 Prozentpunkten. Die Schweizer Nebenwertestrategie schnitt einer Outperformance von 8,3 Prozent gegenüber dem SPI Extra ähnlich erfolgreich ab.

Das gute Abschneiden führt Olsen unter anderem auf die Engagements in Unternehmen wie Asetek, Zur Rose, Invisio, Varta und Swissquote zurück. „Einige Titel wie Asetek, Spezialist für Wasserkühlung von Servern und CPUs oder Invisio, Entwickler und Vertreiber von Hörschutz- und Kommunikationsgeräten in lärmintensiver und missionskritischer Umgebung sind weitestgehend unbekannt und ihre Marktkapitalisierung liegt noch unter einer Milliarde Euro“, so Olsen. Die Vorteile erfolgreicher Plattformen wie Swissquote oder zur Rose hätten sich in diesem Pandemie-Jahr gezeigt, denn ‚online‘ sei keine Randerscheinung mehr, sondern die Regel geworden. „Und auch wenn die Pandemie überstanden ist, werden wir diese Gewohnheit nicht verlieren“, ist die Fondsmanagerin überzeugt. Für zur Rose werde 2021 ein sehr spannendes Jahr, denn das Unternehmen wolle 2021 als Marktführer in Deutschland mit der bevorstehenden gesetzlichen Einführung vom E-Script neue Rekorde erringen.

Unternehmensporträt

Bellevue Asset Management

Foto: Claudio Schwarz-Purzlbaum/unsplash

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nabhängige Asset Management-Boutique mit Fokus auf aktiv verwaltete Anlagestrategien, die von strukturellen Wachstumstrends getragen werden.

Bellevue Asset Management sowie die in Oberursel bei Frankfurt ansässige Schwestergesellschaft StarCapital sind Teil der Bellevue Group, einer unabhängigen, schweizerischen Finanzgruppe, mit Sitz in Zürich und Listing an der Schweizer Börse SIX. Bellevue wurde 1993 gegründet und zählt heute mit verwalteten Vermögen von CHF 10.6 Mrd. zu den führenden Investmentboutiquen in den Bereichen Healthcare-Aktienstrategien, traditionelle und alternative Anlagestrategien.

Die beiden Häuser verfügen über ein breit diversifiziertes, komplementäres Angebot. Eine der Kernexpertisen von Bellevue ist seit über 25 Jahren der globale Gesundheitssektor. Neben der Investmentgesellschaft BB Biotech AG bietet Bellevue Anlagefonds mit Fokus auf Medizinaltechnik, Biotechnologie und Healthcare Asien an und ist damit einer der grössten Healthcare-Investoren in Europa.

Weitere Schwerpunkte umfassen Anlagefonds mit Fokus auf strukturelle Wachstumschancen in ausgewählten aufstrebenden Märkten wie etwa Afrika sowie Portfolios, die in börsennotierte familien- bzw. eigentümergeführte Unternehmen investieren.

Das Bedürfnis nach konservativen Renditeansprüchen bei minimalen und kontrollierten Schwankungsrisiken wird durch die Bellevue Global Macro-Strategie abgedeckt.

Im Zentrum der Aktivitäten von StarCapital steht die gesamtheitliche Betrachtung der Finanzmärkte, gestützt durch die hauseigene Kapitalmarktforschung. Neben globalen Aktien- und Rentenfonds verwaltet das erfahrene Team erfolgreich diskretionäre und regelbasierte Multi Asset-Strategien.

Daten & Fakten

BB Entrepreneur Europe Small
BB Entrepreneur Swiss Small & Mid

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BB Entrepreneur Europe Small
BB Entrepreneur Swiss Small & Mid
Factsheet
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Stand: 31.08.2020