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Thorsten Polleit Gold und Aktien gegen „Helikopter-Euro“

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Achtung: Helikopter-Geld

Mit Helikopter-Geld wird in „Fachkreisen“ eine besondere Form der Vermehrung und Verteilung der Geldmenge bezeichnet: Die Zentralbank bringt neues Geld in Umlauf und verteilt es nach eigenem Gutdünken.

Im plakativsten Fall ordnet die Zentralbank an, neu gedruckte Banknoten aus dem Hubschrauber über der Volkswirtschaft abzuwerfen. Wer die meisten Geldscheine einsammelt, wird reicher.

Wer nichts von den neuen Geldscheinen erhält, wird ärmer. Diese Einsicht lenkt den Blick auf eine wichtige Erkenntnis: Das Ausweiten der Geldmenge ist niemals neutral. Stets gewinnen einige auf Kosten anderer.

Wenn eine Zentralbank zu Helikopter-Geld greift, stellt sich aber nicht nur die Verteilungsfrage (also: Wer bekommt wann und warum neues Geld?) Es stellt sich auch die Frage: Wieviel Helikopter-Geld soll ausgegeben werden?

Es ist vor allem die Frage, wieviel neues Helikopter-Geld ausgegeben werden soll, die jedem, der sein Geld in Euro hält, (spätestens jetzt) die Sorgenfalten auf die Stirn bringen muss.
 
Denn bei der Ausgabe von Helikopter-Geld ist der politischen Willkür Tür und Tor geöffnet. Das wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie derzeit die Geldmenge ausgeweitet wird.

Willkür-Verteilung von Helikopter-Geld

Der Kreditnehmer nimmt einen Kredit auf, wenn er der Meinung ist, dass die Rendite, die er mit der kreditfinanzierten Investition erzielen kann, den Kredit-zins (beziehungsweise seine Kapitalkosten) übersteigt.

Gleichsam ist die Bank nur dann bereit, einen Kredit zu vergeben, wenn sie der Meinung ist, dass der Kreditnehmer in der Lage ist, seinen Schuldendienst vollumfänglich zu leisten.

So gesehen ist das Zustandekommen des Kreditgeschäftes und der damit verbundenen Geldmengenvermehrung immerhin verbunden mit der Erwartung, dass der Kredit eine produktive Leistung finanziert. Das Helikopter-Geld hat hingegen keinerlei Verbindung mehr zu einer produktiven Leistung. Seine Ausgabe beruht allein auf politischer Willkür: Die Zentralbank entscheidet, wer wann wieviel Geld bekommt.

Es fällt nicht schwer zu erkennen, wie Helikopter-Geld in der Praxis eingesetzt würde. Die Zentralbank würde (1) den Banken so viel neues Geld verabreichen, um einen Systemzusammenbruch abzuwenden. Sie würde (2) neues Geld vor allem auch an politisch wichtige Industrien ausgeben (müssen), d. h. also insbesondere an beschäftigungsintensive Industrien, die ohne derartige Subventionen im freien Markt nicht bestehen können.

Kaufkraft des Euro schwindet

Das Ausgeben von Helikopter-Geld wird niemals neutral sein. Selbst wenn die EZB entscheiden würde, die Konten aller Bürger im Euroraum um einen bestimmten Prozentsatz X zu erhöhen, wäre das nicht neutral. Es würde vielmehr einige besser stellen auf Kosten anderer. Vor allem ein Problem würde dabei akut werden: Wieviel Geld soll die Zentralbank in Umlauf geben? Soll die Geldmenge um zwei, vier oder zehn Prozent erhöht werden?

Die Regierungen im Euroraum würden natürlich heftigen Druck auf die Helikopter-Geld produzierende EZB ausüben, die Staatshaushalte mit neuem Geld (das zinslos bereitgestellt wird) zu finanzieren. Wohin es führt, wenn Staaten ihre offenen Rechnungen mit neu geschaffenem Geld, auf das sie quasi ungehindert zugreifen können, finanzieren dürfen, ist absehbar: Zur Zerrüttung der Kaufkraft des Geldes.

Zum einen ist bekanntlich der Appetit der Politiken auf mehr Geld unersättlich. Zum anderen würde auch der politische Wettbewerb das Finanzieren von Wahlgeschenken mit neu geschaffenem Geld anheizen. Mit anderen Worten: Beginnt eine Zentralbank erst einmal Helikopter-Geld auszugeben, verliert sie vollends die Kontrolle über die Geldschaffung. Das wiederum muss den Inflationserwartungen Auftrieb verleihen.

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